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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam
Autoren: Nelly Arnold
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einmal, ob ich es erhoffte oder befürchtete, ihn zu sehen. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus beidem. Das Hoffen lag aber eher daran, dass er sehen sollte, wie gut es mir ohne ihn ging. Aber bis auf das eine Mal war er mir nicht mehr über den Weg gelaufen. Wahrscheinlich vermied er es, zu den Zeiten das Haus zu verlassen, in denen er mir begegnen konnte. Trotzdem sah ich mich auch an diesem Tag um, was schon beinahe automatisch geschah.
    Ich war an diesem Freitag etwas traurig gestimmt. Das lag vermutlich daran, dass mein Hochzeitstag bevorstand. Christoph und ich hatten geplant, ein bisschen zu feiern. Eigentlich hatte ich ganz alleine geplant; Christoph war ein fach nur einverstanden gewesen. Das hatte mich nicht gestört, denn es gab gewisse Dinge, mit denen Christoph sich nicht gern befasste. Unseren Hochzeitstag vergaß er regelmäßig. Ich hatte immer darüber hinweggesehen, denn es hieß doch immer, dass Männer nun einmal so waren. Und weil das allgemein bekannt war, hielten sie es auch nicht für nötig, das zu ändern. Wie die Amerikaner sagten: »He’s just a man.« So waren alle Schleusen für Nachlässigkeit und Igno ranz geöffnet. Warum machten es Frauen nicht genauso? Vieles wäre einfacher.
    Markus sah schon viel besser aus, lag auch nicht mehr im Bett, sondern angezogen auf der Couch im Wohnzimmer.
    Meine Mutter hatte Dampfnudeln gemacht, und wir setzten uns in die Küche. Markus legte sein Bein auf einen Stuhl. Meine Mutter schnitt ihm die Dampfnudel zurecht, weil er nur einen Arm benutzen konnte. Markus schien sich mittlerweile an diesen Prozess gewöhnt zu haben, denn er verzog diesbezüglich keine Miene mehr. Ich musste deshalb schmunzeln, sagte aber kein Wort.
    »Köstlich, Mutter«, sagte ich anerkennend und mit halbvollem Mund, »hab ich schon so lange nicht mehr gegessen.«
    Mein Vater nickte. »Die Mami hat g’sagt, dass sie die wegen dir macht, weil du die so gern magst.«
    »Wirklich?«, fragte ich und sah in ihre Richtung.
    »Ach«, winkte sie ab, »alle mögen wir’s.« Typisch Mutter, bloß nicht gefühlsduselig werden.
    »Wisst ihr, wen ich vor Kurzem getroffen habe?«
    »Wen?«, fragte meine Mutter.
    »Bertram.«
    Die drei sahen mich verstört an. »Nie von dem gehört«, sagte mein Vater.
    »Socke.«
    »Ach«, meine Mutter schien sich zu erinnern, »der kleine Freund von dir.«
    »Was? Nein, klein war er eigentlich nicht. Normal groß, würde ich sagen.«
    »Du wieder! Ich meinte das doch nicht wegen seiner Größe, sondern weil ihr beide noch Kinder wart.«
    »Also Kinder waren wir auch wieder nicht.«
    »Mensch, Evelyn, mit dir ’ne Unterhaltung zu führen ist nicht immer einfach.«
    Ich schaufelte den Rest der Vanillesoße vom Teller. »Jedenfalls hab ich den gesehen.«
    »Und was ist aus ihm geworden?«, fragte Markus.
    »Seine Tochter ist tödlich verunglückt, seine Frau hat ihn verlassen, und er hat ein paar Jahre getrunken; wegen dieser Geschichte, glaube ich.«
    Meine Mutter schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, was er erlebt hat, wirklich. Aber wenn Probleme ein Maßstab für Alkoholkonsum wären, dann wären wir doch alle Alkoholiker. Ich hab von Leuten mit ähnlichen Schicksalen gehört, und die haben nicht zur Flasche gegriffen.«
    Das konnte man sicher drehen und wenden, wie man wollte. Ich beschloss, darauf nichts zu erwidern und ihr auch nicht zuzustimmen.
    »Er hat damit aufgehört.«
    Sie hörten gar nicht mehr richtig hin, nahmen sich jeder noch eine Dampfnudel und Vanillesoße und mampften weiter.
    Ich sah meine Eltern anwechselnd an, dann fragte ich: »Was würdet ihr tun, wenn ich einen Freund hätte, der, sagen wir mal, zehn Jahre jünger wäre als ich?« Meinen Mut darüber bewundere ich jetzt noch an mir selbst.
    Mein Vater sah mich stirnrunzelnd an, dann zuckte er die Schultern. »Keine Ahnung. Schätze, es gibt Schlimmeres.«
    Meine Mutter blinzelte nervös und lächelte unsicher. »Gibt es denn so jemanden?«
    »Och, wahrscheinlich gibt es jede Menge Kerle da draußen, die ein paar Jahre jünger sind als ich.«
    »Du weißt, was ich meine«, rügte sie mich.
    »Na gut«, gab ich nach, »da gibt es jemanden, ja. Also eigentlich nicht mehr, weil es vorbei ist. Aber irgendwie ist es für mich nicht ganz vorbei. Ach, egal.«
    »Du hast Affären?«, fragte meine Mutter verächtlich.
    »Nicht Affären. Eine bloß. Gehabt.«
    »Hm, so so. Und was macht er beruflich?«
    »Fährt Pizza aus. Aber nur, um sein Studium zu finanzieren.«
    Sie sah mich
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