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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur
Autoren: Lisa Gardner
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und erzählte die Wahrheit: Ich habe keine Ahnung, was mit unserer Festplatte geschehen ist. Befindet er sich
in der Redaktion des
Boston Daily
? Ob Ethan Hastings dahintersteckte? Keine Ahnung. Ich hatte damit nichts zu tun, geschweige denn Ethan aufgefordert, für mich irgendein krummes Ding zu drehen.
    Jason rechnete die ganze Zeit mit seiner Festnahme. Immer, wenn es an der Tür klingelte, zuckte er auf seinem Sofa zusammen und befürchtete das Schlimmste. Erst nach Wochen war er halbwegs entspannt. Stattdessen bedachte er mich mit nachdenklicher Miene.
    Er stellte keine direkten Fragen, und ich bot ihm meinerseits keine Antworten an. Trotz unserer neu gefundenen Nähe sind wir ein Paar, das es zu schätzen weiß, wenn nicht alles zur Sprache kommt.
    Jason ist ein sehr kluger Mann. Ich bin mir sicher, dass er sich auf manches selbst einen Reim gemacht hat. Zum Beispiel, warum ich zufällig in jener Nacht von meiner Flucht vor Wayne zurückkehrte, als es ihn erwischt hatte. Oder warum mein Vater den Mord an Aidan Brewster zugegeben, aber den Anschlag auf Wayne mit keiner Silbe erwähnt hatte, obwohl in seinem Hotelzimmer all das gefunden worden war, was zur Herstellung einer Bombe nötig ist.
    Natürlich kann heutzutage jeder eine Autobombe bauen. Anleitungen dazu finden sich im Internet.
    Jason hat sich bestimmt auch darüber Gedanken gemacht, warum Ethan ein so hohes Risiko einging, um in der Redaktion an unseren Computer heranzukommen. Dieses Wagnis wäre er nicht eingegangen, hätte er bloß vorgehabt, Beweise gegen Jason zu finden und ihn der Polizei auszuliefern.
    Andererseits hatte er wahrscheinlich die Brisanz mancher Online-Recherchen erkannt, als sein Onkel in seinem Auto ums Leben gekommen war. Sein Trojaner hatte nicht nur Jasons, sondern auch meine Internet-Umtriebe beobachtet, und welche Sites ich in jener Mittwochnacht kurz vor meinem Verschwinden aufgesucht hatte, möchte ich lieber für mich behalten.
    Zu einer Aussprache mit Ethan wird es nicht kommen. Er geht inzwischen auf eine Privatschule. Außerdem haben ihm seine Eltern jeglichen Kontakt zu uns untersagt. Was ich respektiere, vor allem Ethan zuliebe. Er hat mir meine Familie zurückgegeben, wofür ich ihm auf ewig dankbar sein werde.
    Jason macht sich anscheinend Sorgen um mich. Ich frage mich, ob er es auch als Ironie des Schicksals versteht, dass mein Vater jemanden umbrachte, um ihn, Jason, zur Strecke zu bringen, während ich ebenfalls zur Mörderin wurde, um ihn, meinen Vater, zur Strecke zu bringen. Wie der Vater, so die Tochter?
    Ich glaube, von meinem Mann eine wichtige Lektion gelernt zu haben. Es gibt Momente, in denen man sich entscheiden muss, was einem lieber ist: gejagt zu werden oder selbst Jäger zu sein. Wayne Reynolds hat meine Familie bedroht und damit sein Schicksal besiegelt.
    Ich will ganz ehrlich sein: Ich träume nicht mehr von Blut oder welkenden Rosen oder vom überdrehten Lachen meiner Mutter. Ich werde nicht mehr von den letzten Worten meines Vaters aus dem Schlaf geschreckt oder von der Vorstellung, wie mein Beinahegeliebter in einem gigantischen Feuerball verbrannte. Ich träume nicht mehr
von meinen Eltern oder von Wayne oder von gesichtslosen Männern, die mich vögeln.
    Es ist Sommer. Meine Tochter läuft in ihrem pinkfarbenen Badeanzug über den Rasen und lässt sich vom Sprinkler berieseln. Jason schaut ihr lächelnd zu. Ich räkele mich auf der Hängematte, habe eine Hand auf dem runden Bauch liegen und spüre unser jüngstes Familienmitglied heranwachsen.
    Einst war ich meiner Mutter Tochter. Nun bin ich meiner Tochter Mutter.
    Ich schlafe inzwischen gut, geborgen in den Armen meines Mannes und in der Gewissheit, dass meine Tochter nebenan in Sicherheit ist, mit Mr   Smith zusammengerollt zu ihren Füßen. Ich träume vom ersten Lächeln meines Babys. Ich träume vom Tanz mit meinem Mann zu unserem fünfzigsten Hochzeitstag.
    Ich bin Frau und Mutter.
    Ich träume von meiner Familie.

Informationen zum Buch
    Eine junge Frau verschwindet mitten in der Nacht – ohne jede Spur. Hübsch, blond, liebevolle Ehefrau und Mutter, Lehrerin, beliebt bei ihren Schülern.
    Als Detective Sergeant Warren das Haus in der idyllischen Vorstadtsiedlung Bostons betritt, scheint der Fall klar: Intakte Schlösser, keine Spuren eines Kampfes oder Einbruchs   – Sandra Jones hat ihre Familie verlassen.
    Die Medien stürzen sich auf den Fall. Und schon bald sieht alles anders aus: Der Ehemann benimmt sich höchst
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