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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur
Autoren: Lisa Gardner
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ruhelosen Dämon, den Ausdruck des Entsetzens im Gesicht des Mannes, in der Schulter erwischt von Jasons erster Kugel, wie er in den Knien einknickte und zu Boden sank, als Jason mit dem schweren .45er Colt zielte, um ein zweites Mal abzudrücken und noch einmal   …
    So also fühlt sich Sterben an.
    «Daddy, o mein Gott, was hast du getan?»
    «Sandy? Sandy? Alles in Ordnung? O mein Baby, wie schön, dich zu sehen.»
    «Lass ihn, Daddy. Hörst du mich? Geh weg von ihm!»
    Jason wälzte sich zur Seite. Er versuchte, den Schmerzen zu entkommen. Seine Seite brannte höllisch. Ihm schien es, als sei ein Feuer in ihm ausgebrochen, was er merkwürdig fand, weil sich zugleich sein Hemd voll feuchtem Blut sog.
    Unten krachte und polterte es. Die Polizei versuchte, die Stahltür aufzubrechen.
    Typisch
, dachte er.
Zu spät.
    Er richtete sich auf Händen und Knien auf, hob den Kopf.
    Maxwell saß am Boden. Er blickte zu seiner Tochter auf, die jetzt mit der Pistole auf ihn zielte. Sie zitterte am ganzen Leib und hielt die Waffe mit beiden Händen gepackt.
    «Liebes, es war Notwehr. So erklären wir’s der Polizei. Er hat dir wehgetan. Man sieht die Spuren in deinemGesicht. Du musstest ihm entfliehen, und ich habe dir zu helfen versucht. Wir sind zurückgekommen   … wegen Ree. Ja, wegen Ree. Aber diesmal hatte er eine Waffe. Er ist durchgedreht, und ich habe ihn erschossen. Ich habe dich gerettet.»
    «Warum hast du sie getötet? Sag’s mir.»
    «Wir gehen nach Hause, Liebes. Du, ich und Clarissa. Zurück ins große weiße Haus mit der Veranda. Die hast du doch immer so geliebt. Und Clarissa wird es auch gefallen. Wir kaufen ihr eine Schaukel. Sie wird glücklich sein.»
    «Du hast sie umgebracht, Daddy. Du hast meine Mutter getötet. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Du hast sie betrunken gemacht und ins Auto geschleppt, einen Schlauch in den Auspuff gesteckt und durchs Fenster geführt. Dann hast du den Motor gestartet und bist raus, um die Türen abzuschließen und den Fensterspalt zu verkleben. Ich habe sie aufwachen sehen, Daddy. Ich stand in der Tür zur Garage und sah ihren Blick, mit dem sie dich durch die Scheibe hindurch betrachtet hat, als ihr klar wurde, dass du ihr nicht helfen würdest.
    Ich erinnere mich an ihre Schreie. Ich höre sie immer noch; sie rauben mir den Schlaf. Aber dir haben sie nichts ausgemacht. Du hast keine Miene verzogen, als sie sich beim Versuch, die Tür zu öffnen, die Fingernägel abbrach und die Knöchel blutig schlug. Sie schrie deinen Namen, Daddy. Und du hast dagestanden und ihr beim Sterben zugesehen.»
    «Liebes, hör zu. Leg die Pistole weg. Sandy, Herzchen, es wird alles gut werden.»
    Sandy ließ sich nicht beirren. «Ich will Antworten, Daddy. Nach all den Jahren habe ich einen Anspruch auf die Wahrheit. Rede. Sieh mich an, ich will, dass du mir in die Augen schaust. Sag mir, warum du sie getötet hast. Weil sie mich gequält hat? Oder weil ich inzwischen alt genug war, um an ihre Stelle zu treten?»
    Maxwell schwieg. Umso beredter war sein Gesichtsausdruck. Obwohl er benommen vor Schmerzen war, konnte Jason darin lesen. Und Sandy genauso. Jahrelang hatte sie ihn auszusperren versucht. Mit Stahltüren und einbruchsicheren Fenstern. Doch jetzt hatte sie etwas, das sich besser dafür eignete. Eine Pistole.
    Jason streckte die Hand nach ihr aus.
Tu’s nicht
, wollte er ihr sagen.
Was geschehen ist, lässt sich nicht ungeschehen machen.
    Aber es war zu viel geschehen. Sandra beugte sich vor, presste ihrem Vater den Lauf aufs Brustbein und drückte ab.
    Unten zerbarst eins der Fenster.
    Im Zimmer nebenan fing Ree zu schreien an.
    «Jason   –»
    Er fiel seiner Frau ins Wort. «Geh und sieh nach unserer Tochter. Kümmere dich um Ree.»
    Sandy ließ die Waffe fallen und stürmte aus dem Zimmer. Jason nahm die Pistole, wischte den Griff am Hosenbein ab, hielt ihn dann selbst gepackt und legte den Zeigefinger auf den Abzug.
    Besser so
, dachte er, als ihm die Sinne schwanden.

37.   Kapitel
    «Ich wiederhole: Du bist aus eigenem Entschluss mit einem Taxi zur Redaktion der
Boston Daily
gefahren und hast dir Zutritt verschafft, ohne Ausweis und ohne dass sich dir jemand in den Weg gestellt hätte. Und das sollen wir dir glauben?»
    «Sie haben gefragt, er hat geantwortet», mischte sich Ethan Hastings’ Anwältin ein, um ihrem dreizehnjährigen Mandanten zuvorzukommen. «Nächste Frage, Sergeant.»
    D.   D. saß zwischen Miller und dem stellvertretenden Leiter der
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