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Ohne ein Wort

Ohne ein Wort

Titel: Ohne ein Wort
Autoren: Linwood Barclay
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Eingangsfrage. Wieso hat sie überlebt? Und so viele Möglichkeiten bleiben da nicht übrig.«
    »Was meinen Sie damit?«, fragte die Stimme von Paula Malloy, die nie selbst ins Bild kam. Ihre Fragenwaren später dazugeschnitten worden, da sie das Interview nicht selbst geführt hatte.
    »Das können Sie sich selbst zusammenreimen«, sagte Detective Finlay.
    »Was denn?«, fragte Paula Malloy.
    »Kein weiterer Kommentar.«
    Cynthia war außer sich. »Damit sagt er doch, dass ich es war«, fauchte sie in Richtung des Bildschirms. »Er sagt durch die Blume, dass ich etwas damit zu tun hatte! Der Dreckskerl! Sie haben hoch und heilig versprochen, nichts dergleichen zu senden!«
    Es gelang mir, sie zu beruhigen; der Beitrag war alles in allem ziemlich positiv gewesen und Cynthia bei ihrem Interview mit Paula ehrlich und glaubwürdig herübergekommen. »Wenn es jemanden gibt, der mehr weiß«, versicherte ich ihr, »wird er sich bestimmt nicht von einem sturen pensionierten Cop beeinflussen lassen. Vielleicht meldet sich sogar jemand, nur um seinen hirnrissigen Verdacht zu widerlegen.«
    Leider musste sich die Sendung gegen die letzte Folge einer Reality-Show behaupten, in der eine Schar übergewichtiger Möchtegern-Rockstars darum wetteiferte, so schnell wie möglich die meisten Pfunde zu verlieren, um einen Plattenvertrag zu gewinnen. Direkt nach der Sendung wartete Cynthia neben dem Telefon, da sie hoffte, dass sich sofort jemand beim Sender melden würde. Noch vor Morgengrauen würde das Rätsel gelöst sein. Und sie endlich die Wahrheit erfahren.
    Doch es meldete sich niemand, abgesehen von einer Frau, die behauptete, dass Cynthias Familie von Außerirdischen entführt worden war, und einem Mann, dermit der Theorie aufwartete, dass Cynthias verschwundene Verwandte durch einen Riss in der Zeit gefallen und sich nun entweder auf der Flucht vor Dinosauriern befanden oder aber in einer Orwell’schen Zukunft gelandet waren, wo man ihre Erinnerungen gelöscht hatte.
    Jedenfalls erhielten wir keinen einzigen brauchbaren Hinweis.
    Offenbar hatte niemand, der etwas wusste, die Sendung gesehen. Zumindest niemand, der den Mund aufmachen wollte.
    Während der ersten Woche nach der Ausstrahlung rief Cynthia täglich in der Deadline -Redaktion an. Die Leute vom Sender waren höflich und zuvorkommend, sagten, sie würden sich sofort melden, sobald sie etwas hörten. In der zweiten Woche rief Cynthia nur noch jeden zweiten Tag an, doch nun wurden die Zuständigen schroffer, antworteten, ihre Anrufe seien sinnlos, niemand habe sich gemeldet, und sollte sich wider Erwarten doch noch etwas tun, würde sie selbstverständlich umgehend informiert.
    Sie waren mit neuen Sendungen beschäftigt. Und bald war Cynthia nur noch eine Nachricht von gestern.

ZWEI
    Grace sah mich mit flehenden Augen an, doch der Nachdruck in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
    »Dad«, sagte sie. »Ich. Bin. Acht. Jahre. Alt.« Ich fragte mich, wo sie das gelernt hatte. Diese Technik, Worte um des dramatischen Effekts willen in einzelne Sätze zu verwandeln. Als hätte ich mich groß wundern müssen. In unserem Haushalt ging es schließlich oft genug dramatisch zu.
    »Ja«, sagte ich zu meiner Tochter. »Das ist mir klar.«
    Ihre Cheerios wurden langsam matschig und ihren Orangensaft hatte sie bislang nicht angerührt. »Die anderen Kinder machen sich lustig über mich«, sagte sie.
    Ich trank einen Schluck Kaffee. Gerade erst hatte ich mir eine Tasse eingeschenkt, aber er war nur lauwarm. Offenbar gab die Kaffeemaschine den Geist auf. Ich beschloss, mir auf dem Weg zur Schule noch einen Becher im »Dunkin’ Donuts« zu holen.
    »Wer genau macht sich denn über dich lustig?«, fragte ich.
    »Alle«, sagte Grace.
    »Alle«, wiederholte ich. »Was ist denn passiert? Ist eine Versammlung einberufen worden? Und dann hat der Rektor die gesamte Schule aufgefordert, sich über dich lustig zu machen?«
    »Jetzt machst du dich über mich lustig.«
    Okay, da hatte sie recht. »Tut mir leid. Ich habe mir nur vorzustellen versucht, wie dein Problem aussieht. Alle sind es jedenfalls bestimmt nicht, glaube ich. Es fühlt sich bloß so an. Aber selbst wenn es nur ein paar sind, kann das natürlich ziemlich nervig sein.«
    »Und wie .«
    »Hänseln dich deine Freundinnen?«
    »Ja. Sie sagen, Mom behandelt mich wie ein Baby.«
    »Deine Mom sorgt sich nur um dich«, sagte ich. »Sie hat dich sehr, sehr lieb.«
    »Ich weiß. Aber ich bin schon acht .«
    »Deine Mom will nur,
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