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Oh Schreck, die Miesbachs kommen

Oh Schreck, die Miesbachs kommen

Titel: Oh Schreck, die Miesbachs kommen
Autoren: Harald Tonollo
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ihre großen Klappen.«
    Und genau in diesem Moment begannen alle Rosen gleichzeitig zu verwelken. Sie wurden innerhalb weniger Sekunden braun und schlapp. Die Blüten und Blätter fielen ab und von der bunten, duftenden Pracht blieb nur ein dürres, undurchdringbares Dornengestrüpp.
    Alle Anwesenden verstummten mit einem Schlag.

     
    Dann rief der Einsatzleiter: »Jetzt können wir sie mit den Motorsägen befreien!«
    Die Sägen heulten auf und machten den Weg zur Haustür frei, ohne dass neue Ranken nachwuchsen.
    »Das wurde aber auch Zeit!«, giftete Frau Miesbach, die als Erste aus dem Haus kam. »Hätten wir da drinnen etwa verhungern sollen?«
    Dann erschien ihr Gatte. Ihm folgten Conrad und Eduard, die stumm auf den Boden schauten.
    »Wir werden dieses Ätzdorf auf der Stelle verlassen«, verkündete Herr Miesbach. »Und wir werden Schadensersatz von der Stadt einklagen! Mehr haben wir nicht zu sagen.«
    »Gut, gut«, flüsterte Polly in Pits Ohr, während die Zwillinge auf den Mülltonnen die Fäuste in die Luft stießen.

Noch ein Notfall
     
    Herr Rottentodd musste über eine halbe Stunde warten, bis alle Autos, Feuerwehr- und Fernsehwagen den schmalen Schotterweg verlassen hatten. Als er sicher war, dass ihm niemand mehr entgegenkommen würde, fuhr er schließlich in seinem knallbunten Leichenwagen vor das schwarze verwitterte Haus der Rottentodds.
    »Ich hoffe doch sehr, dass diese Menschen da draußen nicht alle bei
uns
waren«, sagte er, als er den Salon zur Abendessenszeit betrat. Am Tisch saßen – überpünktlich – seine Tochter, seine beiden Söhne und Pit, den Polly zum Essen eingeladen hatte.
    »Aber nein«, entgegnete Palme. »Es ist nur so, dass unsere netten Nachbarn ausziehen.«
    Herr Rottentodd setzte sich und schaute etwas verstört drein. »Sie ziehen schon wieder aus?« Er schüttelte verständnislos den Kopf. »Mit Übertragungswagen des Fernsehens und mit der Feuerwehr? Sind diese Leute denn berühmt?«
    »Also, zumindest waren sie es an diesem Wochenende«, antwortete Pampe.
    »Ach ja?«, fragte Patrizius Rottentodd, er schien mit seinen Gedanken aber weit weg zu sein. »Und wo ist eigentlich eure Mutter? Und Debilius?«
    »Ma wollte nur noch schnell etwas machen«, antwortete Polly. »Und Debilius liegt wahrscheinlich in seinem Zimmer und döst vor sich hin.«
    In diesem Augenblick kamen Karla und Bruno mit dem Essen zur Tür herein.
    »Schnitzel von so einem Schwein mit Kartoffeln aus der Erde für kleines Pollyxenia und für Gast von kleines Pollyxenia. Und Küchenschabenauflauf leckeren, überbacken mit Madenkäse verlaufenem für alle anderen hier«, verkündete die Köchin. Sie und Bruno stellten alles auf den großen Esstisch.
    »Und wo ist gnädige Frau, bitte sehr?«, fragte Karla vorwurfsvoll. »Wird Essen kalt, schmeckt keine Küchenschabe, schmeckt kein Madenkäse zerlaufener!«
    »Bin schon da!«, flötete Prospera Rottentodd und betrat den Salon. »Ich musste nur noch schnell meine Nacktschneckenmaske auftragen.«
    »Aber meine kleine Nacktschnecke … äh … ich meine natürlich, meine kleine Fledermaus! Musst du denn diese Maske jetzt auch schon beim Essen tragen?«, fragte Herr Rottentoddseine Gemahlin verständnislos. »Es irritiert mich, wenn diese Tiere dir quer übers Gesicht kriechen.«
    »Es tut mir schrecklich leid!«, erwiderte Frau Rottentodd.
    »Aber ich habe schon wieder eine Falte entdeckt! Und der frische Schneckenschleim strafft nun einmal meine Haut! Weißt du, meine süße Fledermaus! Ich wünschte wirklich, ich könnte meine Falten einfach wegzaubern. Da dies aber nicht möglich ist, benötige ich eben eine Nacktschneckenmaske.«

     
    »Wegzaubern?«, fragten Pampe und Palme wie aus einem Mund. »Du würdest deine Falten gerne wegzaubern?«
    Frau Rottentodd nahm sich etwas von dem Küchenschabenauflauf. »Wäre doch schön, oder?«
    Polly und Pit warfen den Zwillingen warnende Blicke zu, aber die beiden gaben nur ein vielsagendes »Hm!« von sich und hatten es plötzlich sehr eilig, mit dem Essen fertig zu werden …

 
    Harald Tonollo kam 1956 auf diese Welt, um wenig später Sozialarbeit in Frankfurt zu studieren. Danach arbeitete er mit Jugendlichen und psychisch kranken Menschen zusammen, bevor er mit dem Schreiben von Kinderbüchern begann. Er hat zwei Töchter und lebt in einem kleinen Häuschen mit einem großen Garten am Rande von Mainz.

     
    Carla Miller, geboren 1983, lebt und arbeitet in Unna als selbstständige Illustratorin. Das
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