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Öffentliche Mülleimer dürfen nicht sexuell belästigt werden - Richter, J: Öffentliche Mülleimer dürfen nicht sexuell beläs

Öffentliche Mülleimer dürfen nicht sexuell belästigt werden - Richter, J: Öffentliche Mülleimer dürfen nicht sexuell beläs

Titel: Öffentliche Mülleimer dürfen nicht sexuell belästigt werden - Richter, J: Öffentliche Mülleimer dürfen nicht sexuell beläs
Autoren: Justus Richter
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Wenn er mit Blaulicht und Sirene hinter dem schlanken Flitzer herdüst, lacht sich die Funkzentrale doch einen Otto. »Hallo, hallo Zentrale: Verfolge flüchtigen Radfahrer auf der Interstate 65. Geschwindigkeit: achtzig Meilen. Erbitte Instruktionen …« Stellen Sie sich doch einfach mal die Kollegen in der Zentrale vor. Und wenn er ihn dann eingeholt hat? Auto querstellen und warten, bis er aufprallt? Nee – also fair geht anders.
    Wie also könnte man diesem Paragraphen ein bisschen Sinn einhauchen? Wie wär’s beispielsweise mit einer Erweiterung der Strafandrohung in Richtung Drogen, Aufputschmittel und anderem leckerem Zeug. Denn wenn einer mit fünfundsechzig Meilen pro Stunden ohne Hilfsmotor an dir vorbeiradelt, dann dürfte er mehr illegale Substanzen in den Blutbahnen haben, als alle Bergspezialisten der Tour de France zusammen. Es sei denn, er heißt Lance Armstrong. Dann ist er total clean. Ist klar, oder?
    Platz 2
    Nicht gedopt, doch offenkundig ein ganz klein bisschen durch den Wind, schienen bis zum Jahr 1967 die Stadtväter von Milwaukee, Bundesstaat Wisconsin, zu sein.
    § Es ist bei Androhung einer Ordnungsstrafe von wenigstens 15 Dollar untersagt, das Kraftfahrzeug über die Dauer von zwei Stunden am Fahrbahnrand einer städtischen Straße ohne eine der in Absatz 4 aufgeführten Ausnahmegenehmigungen abzustellen, es sei denn, die Parkraumregularien des Bezirks sehen andere Regelungen vor. (…) Über diesen Zeitraum hinaus ist das Abstellen des Kraftfahrzeuges gestattet, (…) wenn an der vorderen oder hinteren Stoßstange des Fahrzeugs, an einen Außenspiegel oder einer anderen dafür geeigneten Stelle am Korpus des Kraftfahrzeuges mittels eines festen Seils oder Stricks ein Pferd gebunden wurde.
    Das, liebe Leser, nennt man einen klassischen Kompromiss. Kapiert? Nein? Dann erläutern wir diese äußerst sinnvolle Verordnung aus dem Milwaukee-Paragraphendschungel doch einfach mal. Also: Autos in der Stadt sind im Prinzip schon okay, aber irgendwie auch nicht so richtig toll. Pferde allerdings sind echt total nostalgisch und erinnern an den Treck nach Westen, den Uropa einst angeführt hat. Deswegen dürfen Autos zwar rein, sollten aber nicht zu lange bleiben. Es sei denn, sie haben ein Pferd dabei, denn Pferde sind toll. Und dürfen so lange bleiben, wie sie wollen. So sind wir in Milwaukee.
    Zugegeben – so richtig einleuchtend klingt diese Erklärung nicht, aber Hand aufs Herz: Fällt Ihnen eine schlauere Begründung für diesen Absatz ein?
    Platz 1
    In Milwaukee hatte man immerhin einen Sinn für Minderheiten (Pferde), während den später durch Presleys Hüftschwung so beglückten Stadtoberen von Memphis im schönen Tennessee dieses Gefühl für die weniger Privilegierten (Frauen) anscheinend völlig abging, als sie im Jahr 1911 den folgenden Erlass herausgaben:
    § Frauen haben ab dem 25. Lebensjahr die grundsätzliche Berechtigung, ein Automobil eigenhändig zu starten und zu lenken. Dies jedoch nur auf Privatgrundstücken, Privatwegen oder anderen, der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bereichen. (…)
    Frauen haben ab dem 25. Lebensjahr die grundsätzliche Berechtigung, ein Automobil auf öffentlichen Wegen innerhalb der Stadtgrenzen zu lenken, wenn dessen technische Funktionstüchtigkeit zuvor von einem dafür ausgebildeten Automobil-Spezialisten geprüft und bestätigt wurde. (…) Lenkt eine Frau innerhalb der Stadtgrenzen ein Automobil, so hat sie dafür Sorge zu tragen, dass ein Mann in angemessenem Abstand vor dem Automobil läuft und für andere Automobilisten, Berittene oder Fußgänger deutlich sichtbar ein signalfarbenes Tuch schwenkt.
    In Kapitel 6 widmen wir uns speziell jenen Gesetzen oder Verordnungen, die Frauen diskriminieren, aber das ist ja bei diesem Erlass aus Memphis offenkundig nicht der Fall. Was, bitte schön, soll denn daran diskriminierend sein? Diente doch nur der Sicherheit aller Beteiligten. Wie wir alle wissen, waren und sind Frauen eindeutig die schlechteren Autofahrer und in Memphis hatte man das schon zu einer Zeit erkannt, als es noch kaum Autos gab. Chapeau. Aus Memphis, der fortschrittlichen Metropole im Süden der USA , stammen mutmaßlich auch die folgenden Gewissheiten: John F. Kennedy war eigentlich eine Frau, Martin Luther King Mitglied des Ku-Klux-Klans, und die Erde ist eine Scheibe.
    Na ja – wir wollen niemandem Unrecht tun: Die Verordnung wurde schon 1966 aus den städtischen Texten gestrichen. Schon?

Kapitel 4
    »Ein jeder sei seines
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