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Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition)
Autoren: Christos Tsiolkas
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dem Land zur Schule gehen und Gary wiedermehr malen würde. Währenddessen kam Gary herein. Er zündete sich eine Zigarette an, setzte sich und nickte Richie zu, ohne etwas zu sagen. Hugo saß auf Richies Schoß und unterbrach seine Mutter hin und wieder in ihrem Monolog. Richie hörte zu, musste sich aber stark konzentrieren, um zu verstehen, wovon sie redete. Ihm schwirrte der Kopf. Immer wieder sah er zu dem Filmplakat an der Wand hoch. Der Mann auf dem Poster sah ein bisschen aus wie Gary, nur besser, und die Frau wie Rosie, nur nicht so schön. Er konnte Gary nicht in die Augen schauen. Es war eine merkwürdige Situation. Irgendwie kam er sich vor wie auf dem Prüfstand. Er stürzte seinen Tee hinunter und sagte: »Ich muss jetzt gehen.«
    Rosies wirkte enttäuscht, doch dann hellte sich ihre Miene wieder auf. »Du musst uns unbedingt besuchen kommen.« Hugo nickte eifrig. »Du kommst doch, oder?«
    Richie sah zu Gary hinüber, der ihm einen strengen Blick zuwarf.
    Hugo antwortete für ihn. »Du musst kommen. Du musst.«
    »Natürlich, Kumpel.«
    Rosie gab ihm einen Abschiedskuss. Hugo wollte ihn gar nicht gehen lassen, er hielt sich an seiner Hand fest, bis sie an der Haustür waren. Gary folgte ihnen schweigend. Als Richie sich gerade verabschieden wollte, hörte er ihn plötzlich mit schroffer Stimme sagen: »Du hast ja unsere Nummern, oder?«
    Richie nickte. Sie gaben sich die Hand, und von beiden Seiten lag Vergebung darin.
    Er war nicht unbedingt glücklich, als er sich auf den Weg zu Connie machte. Abgesehen davon, dass er immer noch traurig war und sich ein wenig schämte, verspürte er wohl auch so etwas wie Reue. Aber er fühlte sich erleichtert und war froh, sie nochmal gesehen zu haben.
     
    Es war einer der schönsten Tage seines Lebens. Ali hatte von seinem Bruder Musta Speed besorgt, und Richie setzte sich zum ersten Mal einen Schuss. Ali hatte die fertigen Spritzen in der Hosentasche und verschwand mit Connie und ihm im Badezimmer.Connies Tante Tasha machte ihnen in der Küche etwas zu essen. Richie bekam Panik und dachte, er müsste sterben, als Ali ihm den Unterarm mit Alkohol abrieb, ihm sagte, er solle die Muskeln anspannen, und die dicke blaue Vene abklopfte. Als die Nadel unter die Haut glitt, hielt Richie den Atem an und sah zu, wie ein feines Rinnsal Blut in den Hohlraum trat. Dann strömte das Speed durch die Nadel in seine Vene. »Okay«, zischte Ali, und Richie ließ den Gürtel los, den er um seinen Arm gebunden hatte. Er schwitzte, die Welt um ihn herum geriet in Bewegung. Er spürte ein Kribbeln auf der Kopfhaut, sein ganzer Körper stand unter Strom, und die Welt um ihn herum war eine andere: Die Lichter tanzten, heller, als er es je erlebt hatte, die Klänge durchströmten ihn, er konnte sie förmlich fühlen. Alles in ihm geriet in Schwingung, sein Geist war wach, sein Herz raste, ein Glücksgefühl stieg in ihm auf. Er beobachtete, wie Ali liebevoll Connie ihren Schuss setzte, und als er fertig war, sahen sie sich alle drei mit aufgerissenen Augen an. Dann brachen sie in ein solches Gelächter aus, dass Tasha an die Tür klopfte. Ali steckte schnell die Spritzen ein, und als Tasha eintrat, fielen sie ihr lachend in die Arme. Sie musterte einen nach dem anderen, schüttelte resigniert den Kopf und schob sie in die Küche.
     
    Hieran konnte sich Richie später noch erinnern: Wie sie sich zuerst mit Jenna und Lenin an der Bushaltestelle in der Victoria Street treffen und Lenin ein schwarzes T-Shirt mit der australischen Flagge trägt, nur dass statt des Union Jacks die Flagge der Aborigines auf seiner Brust prangt. Jenna, die eine Art Negligé anhat, gruftimäßig geschminkt ist und hinten im Bus die Pillen verteilt, während Richie das sanfte Gesicht einer verschleierten Äthiopierin eine Reihe vor ihm betrachtet und Jenna die dreißig Dollar für das Ecstasy rüberschiebt. Wie sie die ganze Zeit lachen und reden. Die Scharen von Jugendlichen, die sich auf die Tore des Princes Parks zubewegen, von überall kommt Musik, und die Sonne brennt am Himmel. Ein Schäferhund an der Leine einesjungen blonden Polizisten, der Hund, der ihn mit seinen Blicken verfolgt, sodass Richie in seiner Panik ins Schwitzen gerät, bis er feststellt, dass der Hund ihn gar nicht mehr beachtet. Wie er sein Ticket einem indisch aussehenden Typen am Drehkreuz zeigt, der sich die Haare albinoweiß gefärbt hat, wie er durch den Park läuft, in den Boiler Room schaut, der Musik zuhört, sich die Leute
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