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Nur die Küsse zählen

Nur die Küsse zählen

Titel: Nur die Küsse zählen
Autoren: Susan Mallery
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Finn, dass er sterben würde. Die Eltern und das Kind waren mit ihm im Flugzeug. Der besorgte Vater saß neben ihm, die Mutter hinten mit ihrem Sohn. Der Wind war so stark, dass das Flugzeug stillzustehen schien.Sie wurden hin und her geworfen. Ein paar Mal traf ein kleiner Scherwind sie und ließ sie einige Hundert Meter absacken.
    „Ich glaube, ich muss mich übergeben“, rief die Mutter ihm zu.
    „Tüten sind in der Seitentasche vom Sitz.“
    Finn konnte sich nicht die Zeit nehmen, sie ihr zu zeigen. Nicht wenn ihrer aller Leben davon abhing, dass er sie sicher auf die Erde brachte.
    Obwohl es früh am Nachmittag war, war der Himmel schwarz wie die Nacht. Das einzige Licht kam von den Blitzen. Der Wind heulte wie ein Monster, das es auf sie abgesehen hatte; und Finn hatte das Gefühl, dieses Mal könnte der Sturm tatsächlich gewinnen.
    Er beobachtete die Warnlampen, überprüfte den Höhenmesser und stellte sicher, dass sie noch auf Kurs waren. Ohne dass er es wollte, schweiften seine Gedanken zu einem anderen Flug, der dem hier sehr ähnlich gewesen war. Ein Flug, der ihm die Eltern genommen und seine Welt auf den Kopf gestellt hatte.
    Der Sturm damals war genauso dunkel und mächtig gewesen. Um sie herum hatten die Blitze aufgeleuchtet, gefährliche Scherben der Zerstörung. Finn erinnerte sich daran, dass ein Blitz so nah gewesen war, dass er die Hitze gespürt hatte. Er war geflogen, sein Vater war Copilot gewesen. Der Wind hatte getobt und sie herumgeworfen, wie ein Kind einen Softball warf.
    Das Flugzeug hatte geknarrt und gebuckelt, dann hatte ein einzelner Lichtblitz ihren Motor getroffen. Ein Zittern war durch die Maschine gelaufen, als der Motor zu einem nutzlosen Klumpen verschmort war und sie wie ein Stein zur Erde gefallen waren.
    Er hatte den Absturz nicht kontrollieren können. Es war zu dunkel gewesen, um eine Landemöglichkeit auszumachen – vorausgesetzt, es hätte eine sicherere Stelle als den Wald gegeben, in den sie schließlich gestürzt waren. Finn erinnerte sich nicht mehr an den Aufprall. Er war im Regen auf dem Boden liegend aufgewacht.
    Seine Eltern waren bewusstlos gewesen. Er hatte sich, so gut es ging, um sie gekümmert und war dann losmarschiert, um Hilfe zu holen. Als er zurückgekehrt war, waren sie beide tot gewesen. Vermutlich waren sie innerhalb der ersten Stunde nach seinem Aufbruch gestorben, aber daran wollte er nicht denken.
    Ein Blitz flammte direkt neben dem Flugzeug auf und riss Finn in die Gegenwart zurück. Die Mutter schrie. Der Junge war wahrscheinlich total verängstigt, aber zu krank, um einen Laut von sich zu geben. Der Vater klammerte sich nur stumm an seinen Sitz.
    Niemand fragte, ob sie sterben würden. Trotzdem war Finn sicher, dass allen die Frage durch den Kopf ging. Vermutlich beteten sie. Finn wartete auf ein Zeichen von Reue, eine Stimme, die ihm sagte, das wäre es nicht wert gewesen, er hätte noch warten sollen.
    Und dann spürte er es. Die Anwesenheit einer Präsenz, die nicht seine eigene war. Obwohl er wusste, dass es unmöglich war, hätte er geschworen, seine Eltern zu fühlen, die bei ihm waren und ihm halfen. Es war, als übernähme jemand anderes die Kontrolle über die Maschine und führte seine Hände.
    Da er nicht wusste, was er sonst tun sollte, hörte er auf die Stille, lenkte nach links, nach rechts, wich Blitzen und Windböen aus, fand den ruhigsten Teil des Sturmes. Er flog tiefer, wenn die unsichtbaren Kräfte es anzeigten, steuerte nach links und wieder nach oben.
    Die nächste Stunde über flog er, wie er noch nie geflogen war, und langsam ließ der Sturm nach. Fünfzig Meilen vor Anchorage sah er die ersten Anzeichen von Sonnenlicht. Es knackte in seinem Kopfhörer, und eine Stimme aus dem Tower meldete sich.
    Keine dreißig Minuten später landeten sie. Ein Krankenwagen wartete bereits, um den Jungen und seine Eltern ins Krankenhaus zu fahren. In der letzten Sekunde drehte der Vater sich noch einmal um.
    „Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll“, sagte er undschüttelte Finn die Hand. „Ich dachte, wir würden sterben. Sie haben uns gerettet. Und Sie haben meinen Jungen gerettet.“
    Dann rannte er seiner Frau hinterher und kletterte hinten in die Ambulanz.
    Finn stand neben seinem Flugzeug und beobachtete, wie die Sonnenstrahlen durch die Wolken brachen. Sofort überprüfte er die Maschine. Alles war gut. Keine einzige Macke, die zeigte, was sie durchgemacht hatten. Er stieg wieder ein, denn er wusste, das, wonach er
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