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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten
Autoren: Joy Fielding
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Je nachdem.
    Sterben für heute.
    Das klingt gut.
    Okay, das ist jetzt also fünf Jahre her, und ich laufe draußen herum. Es ist heiß, Sommer, glaube ich, also sehr schwül. Die Mücken summen um meinen Kopf und fangen an, mir auf die Nerven zu gehen, als ich auf dieses alte hässliche Feld stoße. Eigentlich mehr ein Sumpf. In dem hohen Gras verbergen sich wahrscheinlich zahlreiche Schlangen und Alligatoren, aber vor Reptilien habe ich mich nie gefürchtet. Eigentlich finde ich sie sogar ziemlich toll, und ich habe festgestellt, dass sie einen für gewöhnlich in Ruhe lassen, wenn man sie auch in Ruhe lässt. Trotzdem bin ich vorsichtig, wenn ich herkomme. Ich habe einen Pfad platt getrampelt, an den ich mich zu halten versuche, vor allem im Dunkeln. Natürlich habe ich immer meine Pistole und ein paar scharfe Messer dabei für den Fall, dass etwas Unerwartetes passiert.
    Man sollte immer gegen das Unerwartete gewappnet sein.
    Das hätte auch irgendjemand diesem Mädchen erklären sollen.
    Der Hauptteil des Hauses macht nicht viel her – ein paar kleine Zimmer, leer natürlich. Ich musste die Pritsche selbst herschaffen, was ziemlich kompliziert war, aber ich will jetzt
nicht in die Details gehen. Am Ende habe ich es jedenfalls ganz alleine geschafft, so wie immer. Es gibt eine winzige Küche ohne Geräte oder fließendes Wasser. Gleiches gilt für das Bad mit seiner verdreckten Toilette, deren vormals weißer Sitz in der Mitte zerbrochen ist. Sitzen will man darauf jedenfalls bestimmt nicht.
    Dem Mädchen habe ich aufmerksamerweise einen Plastikeimer hingestellt, falls sie sich erleichtern muss. Er steht in der Ecke links neben der Tür. Sie hat vorhin dagegengetreten, als sie wütend um sich geschlagen hat, sodass er jetzt auf der anderen Seite des Raumes liegt. Vielleicht hat sie noch nicht begriffen, wozu er da ist.
    Das erste Mädchen hat ihn komplett ignoriert. Sie hat einfach den Rock gehoben und sich gleich auf den Boden gehockt. Nicht, dass sie den Rock weit hätte heben müssen. Er war so lächerlich kurz, dass er als Gürtel durchgegangen wäre, was vermutlich genau die Sorte Nutten-Look war, die sie beabsichtigt hatte. Und natürlich trug sie kein Höschen, was ziemlich widerlich war. Manche sagen jetzt vielleicht, sie war nicht besser als ein Tier, aber ich nicht. Das würde ich nie sagen. Warum nicht? Weil es mangelnden Respekt gegenüber Tieren ausdrücken würde. Zu behaupten, das Mädchen war ein Schwein, wäre eine Beleidigung für Schweine. Natürlich habe ich sie deshalb ausgewählt. Ich wusste, dass keiner um sie trauern würde. Ich wusste, dass niemand sie suchen würde.
    Sie war erst achtzehn, hatte aber bereits diesen wissenden Blick, der sie viel älter wirken ließ. Ihre Lippen waren zu einem zynischen Schmollen erstarrt, eher ein Grinsen als ein Lächeln, selbst wenn sie lachte, und die Venen auf der Innenseite ihrer dürren Arme waren mit alten Einstichen übersät. Die Frisur war ein krauser Abklatsch von blonden Locken mit schwarzen Haarwurzeln, und wenn sie den Mund aufmachte, um etwas zu sagen, konnte man die Zigaretten in ihrem Atem förmlich schmecken.
    Sie hieß Candy – sie trug sogar ein Armkettchen mit Bonbon-Anhängern
-, und man könnte wohl sagen, dass sie mein Pilotprojekt war. Ich mache nicht gern halbe Sachen, es muss schon perfekt sein, deshalb war mir klar, dass ich alles sorgfältig planen musste. Im Gegensatz zu vielen Tätern, über die man in der Zeitung liest, habe ich nämlich keine Lust, geschnappt zu werden. Wenn dieses Projekt erledigt ist, plane ich, mich zur Ruhe zu setzen und wenn schon nicht immer glücklich so doch friedlich bis ans Ende meiner Tage zu leben. Daher ist es wichtig, dass ich alles richtig mache.
    Deshalb Candy.
    Ich habe sie in einem Burger King kennen gelernt. Sie hing vor dem Eingang herum und ließ sich von mir bereitwillig zu einem Hamburger einladen. Wir haben geredet, obwohl sie nicht viel zu sagen hatte und komplett dichtgemacht hat, als meine Fragen zu persönlich wurden. Das ist okay. Ich verstehe das. Ich bin selbst auch kein großer Fan von persönlichen Fragen.
    Aber ein paar Dinge fand ich trotzdem heraus: Sie war mit vierzehn von zu Hause weggelaufen und lebte seitdem auf der Straße. Sie hatte einen Typen kennen gelernt, der sie auf Drogen gebracht hatte, wodurch sie wiederum auf dem Strich gelandet war. Nach einer Weile hatte er sich verpisst, und sie war wieder allein. Im vergangenen Jahr war sie von einer Stadt zur
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