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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden
Autoren: Claire Seeber
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Schwankend kam ich auf die Beine, die vom langen Sitzen steif waren.
    »Natürlich, kein Problem.« Sie stand schnell auf, um mir zu helfen, aber ich war schon auf den Beinen. »Ich muss sowieso meinen Agenten anrufen.«
    Als Fay den Raum verließ, stieß ich die Balkontür auf und trat hinaus in die Dezemberkälte.
    Unter mir schwoll das graugrüne Meer sanft mit einem Riesenseufzer an. Der Nachmittag hatte alle Farbe verloren. Am Himmel türmte sich Wolke um Wolke, ins Grau, ins Nichts.
    Ein Regen kleiner Tropfen ging auf mein Gesicht nieder, als ich mich gegen das Geländer lehnte. Eine einsame Möwe zog ihre Kreise. Die elegante weiße Gestalt stemmte sich kurz gegen den Wind, dann stieg sie auf, dorthin, wohin die Strömung sie trug. Und ich wusste, dass ich mit dem Schicksal, das mich hierher gebracht hatte, nicht mehr hadern konnte. Dass es keinen Sinn hatte, dagegen anzukämpfen. Dass ich es irgendwie akzeptieren musste, wenn ich mich von Sebs Terrorkampagne erholen wollte. Akzeptieren und weitergehen.
     
    Als Fay zurückkam, versuchte ich ein schwaches Lächeln, während ich ihr mit nahezu fester Hand den letzten Schluck Earl-Grey-Tee eingoss.
     
    »Mein Agent hat mir einen Termin zum Vorsprechen besorgt. Für Dschungelcamp . Können Sie sich das vorstellen?« Sie sah aus wie vom Donner gerührt.
    »Das ist gar nicht so schwer, wissen Sie«, sagte ich höflich. Ich reichte ihr die Tasse und fühlte mich an Oscar Wildes Ernst sein ist alles erinnert. Dort treffen sich auch zwei Damen zum Tee. Das hier allerdings war die Version für Drogengeschädigte.
    »Allerdings bin ich nicht ganz sicher.« Sie schien sich wirklich Sorgen zu machen. »Alle diese schrecklichen Tiere. Schlangen und all das. Iiiih!«
    Ich ignorierte ihren Einwand. »Aber ich begreife nicht, wieso Seb am Anfang überhaupt mit mir ausgehen wollte.« Mir kam der unangenehme Gedanke, dass viele Menschen ja meinten, Fay und ich seien uns ähnlich. »Vermutlich, um wieder an Sie heranzukommen.«
    »Ich glaube, so einfach liegt die Sache nicht.« Mit großer Mühe kam Fay aus dem Dschungel zurück in mein Zimmer. »Er gab Ihnen die Schuld an unserer Trennung. Vielleicht war es von Anfang an nur der Gedanke an Rache. Nach dem, was Sie in der Show gesagt haben.« Sie löffelte ein ganz klein bisschen Zucker in ihren Tee.
    »Was habe ich denn damals nur gesagt?« Ich konnte mich kaum mehr erinnern.
    »Dass es nicht unbedingt etwas Gutes sei, wenn jemand uns dauernd vor allem beschützen will. Dass es vielleicht nicht an einem ausgeprägten Beschützerinstinkt liege, wenn er über jede Minute meines Tages Bescheid wissen wollte. Dass es vielmehr eine Art von Kontrolle sei, die er damit ausübe, und nicht Liebe. Irgendwie …«, meinte Fay und sah mich mit großen Augen an wie damals während der Show, »… hatte er ja auch Recht. Sie haben uns auseinandergebracht.«
    »Na, großartig«, meinte ich. »Sie geben mir also auch die Schuld?« Eine unbedachte Bemerkung, und man war künftig auf der Flucht vor irgendwelchen Irren, die man unabsichtlich verletzt hatte.
    »Nein, nein.« Ihr Einwand kam schnell. »Ich hätte ihn nur vermutlich nie verlassen, wenn Sie mir nicht das ein oder andere klargemacht hätten. Ich war einfach nicht stark genug. Aber mich von Troy zu trennen war das Beste, was ich je getan habe.« Sie streckte ihre kleine Hand aus und legte sie auf meine. »Ich bin Ihnen wirklich dankbar, Maggie. Ganz ehrlich.«
    »Oh«, sagte ich und wagte nicht, meine Hand wieder wegzuziehen. »Wissen Sie, Fay, eine Zeit lang glaubte ich, Sie seien es, die mir nachstellt.«
    Entsetzt sah sie mich an. »Lieber Himmel, nein.« Ihre Finger ließen meine Hand los. »Ich wollte nur Ihre Freundin sein. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich merkte …«, sie senkte den Blick, »dass Sie das nicht wollen.«
    Plötzlich bekam ich Gewissensbisse. »Ganz so war das nicht, Fay. Ich habe mich mit enormen Problemen herumgeschlagen. Ich hatte mit mehr als einem Trauma zu kämpfen und habe diese vermutlich nicht besonders gut verarbeitet.«
    »Na ja, einen Schock kann man nicht so leicht überwinden«, sagte sie altklug. »Darum hätte ich mir ja so sehr gewünscht, dass Sie zu unserer Selbsthilfegruppe kommen.«
    »Ja, das hätte ich vielleicht wirklich tun sollen. Zumindest wäre ich dann nicht so viel allein gewesen.« Ich dachte an den ersten Lilienstrauß, der am selben Tag in meinem Haus ankam, als sie mich besuchte. Irgendwie hatte ich wohl in der Talkshow zu
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