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Wo Licht im Wege steht

Wo Licht im Wege steht

Titel: Wo Licht im Wege steht
Autoren: A. A. Fair
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1
     
    Sie war ein zierliches Geschöpf, ein kleines, wohlgeformtes Paket Dynamit. Mit ihrer schmalen Taille und den sanft gerundeten Hüften wirkte sie wie die Taschenausgabe einer Venus. Ihre Augen waren von einem intensiven Braun, und ihre Haare schimmerten honigfarben. Sie konnte kaum mehr als neunzig Pfund wiegen, aber trotzdem war alles an ihr perfekt und gut proportioniert.
    In dem Augenblick, als ich sie zum erstenmal sah, war sie zornig, so zornig wie eine Hornisse, die man von der Zuckerdose verjagt.
    Der Barmanager kam mit ihr in die Hotelhalle. Er führte sie höflich am Arm, während er unentwegt auf sie einsprach.
    Mir schien es unnötig, dieser Frau etwas erklären zu wollen. Man sah ihr an, daß sie genau wußte, was sie wollte. Jede Autofirma hätte sie neben ihre gewagtesten Stromlinienmodelle stellen können, und trotzdem hätte man sie nicht übersehen. Andererseits konnte ich sie mir auch als perfekte Stewardess vorstellen. Ein Blick in ihre braunen Augen würde jeden Fluggast seine Magenbeschwerden vergessen lassen, ihm statt dessen jedoch Herzklopfen bereiten.
    Ihre Augen blitzten den Manager wütend an.
    »Halten Sie mich eigentlich für ein Straßenmädchen?«
    »Aber ich bitte Sie«, versicherte er ihr, »darum handelt es sich doch nicht. Es ist eine polizeiliche Anordnung, ein Gesetz. Damen ohne Begleitung ist es nun einmal nicht erlaubt, die Bar zu betreten.«
    »Sie machen mich ganz schwach«, erwiderte sie. »Ich hörte diese Geschichte von den »Damen ohne Begleitung< nun schon zu oft, ich werde allmählich seekrank davon!«
    Der Manager wußte nichts mehr zu sagen. Nun, da er sie sicher in die Hotelhalle abgeschoben hatte, trat er den Rückzug an. Er verbeugte sich und ging schnell in die Bar zurück.
    Einen Augenblick lang stand sie zögernd, unentschlossen und ärgerlich da. Als sie mit dem Manager die Halle betreten hatte und ich ihre Stimme vernahm, hatte ich meine Zeitungslektüre unterbrochen. Unsere Blicke waren einander begegnet. Danach versuchte ich, möglichst uninteressiert zu erscheinen.
    Ich fühlte nun, wie sie mich prüfend betrachtete. Als ich aufblickte, wandte sie den Kopf zur Seite. Ihr Gesicht trug einen nachdenklichen Zug.
    Bedächtig faltete ich meine Zeitung zusammen, während sie sich plötzlich auf einem Stuhl niederließ, der am Tisch mir gegenüber stand.
    Noch immer hielt ich meine Augen auf die Zeitung gesenkt. Wieder fühlte ich ihren Blick. Ich ließ ihr ein wenig Zeit für ihre Studien.
    Dann setzte sie sich in ihrem Sessel zurecht. Es schien, daß sie zum Angriff überging.
    Jetzt legte ich die Zeitung auf den Tisch und sah sie an.
    Ihr Lächeln war einfach bezaubernd.
    »Hallo!« sagte sie.
    »Hallo!« antwortete ich.
    »Ehrlich gesagt«, begann sie, »habe ich mir gerade überlegt, ob ich ein Taschentuch fallen lassen - oder vielleicht meine Geldbörse im Sessel liegenlassen soll... Aber ich finde es einfacher, Sie zu fragen, ob Sie etwas Zeit haben. Diese anderen Mätzchen sind zu töricht, nicht wahr?«
    »Sie möchten gern in die Bar?« fragte ich.
    »Ja.«
    »Und warum?«
    »Weil ich vielleicht gern etwas trinken möchte.«
    »Vielleicht, sagten Sie.«
    »Nun, vielleicht gefallen Sie mir sogar!«
    »Wie reizend«, antwortete ich.
    Sie öffnete ihre Geldbörse und entnahm ihr eine Zwanzigdollarnote. »Aber es ist wohl selbstverständlich, daß ich diese Expedition finanziere.«
    »Glauben Sie, daß es so teuer wird?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Darüber sprechen wir später«, antwortete ich und stand auf.
    »Später?« Ihr Blick war fragend. »Wird diese Aussprache sehr schwierig werden?«
    »Ich glaube nicht.«
    Wir gingen in die Bar, und wie ich es erwartet hatte, stand der Manager gleich hinter der Tür.
    »Warum haben Sie meiner Schwester gesagt, daß sie hier nicht herein kann?« fragte ich ihn.
    »Es tut mir leid«, antwortete er, »aber wir müssen gewisse Vorschriften bei Damen ohne Begleitung befolgen.«
    Er verbeugte sich kühl und begleitete uns zu einem Tisch. Dann ging er zu dem Barmixer hinüber und sprach mit ihm. Ein Kellner kam und nahm unsere Bestellung an.
    »Martini trocken«, sagte sie.
    »Das gleiche«, sagte ich in befehlsmäßigem Ton.
    Der Kellner verbeugte sich und verschwand.
    Sie sah mich lächelnd an und sagte: »Ich finde Sie einfach nett.«
    »Seien Sie vorsichtig«, antwortete ich ihr. »Sie können sich auch täuschen. Vielleicht findet man morgen Ihre Leiche an irgendeinem verborgenen Ort. Sie sollten sich nicht
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