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Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Titel: Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter
Autoren: Damian Raye
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auszusprechen?
     
    War in jedem Namen ein anderer, die teuflische Wahrheit verborgen?
     
    Bilder und Geräusche überschlugen sich. Betonwände zeigten die Spuren von vehementen Kämpfen, Graffiti der Hoffnungslosigkeit, Blut und Asche überall, Häuser wie zum Gegenstand gewordene seelische Hässlichkeit mit Türen wie von ungeheuren Pranken zerschlagen, Fenster von Fäusten eingedrückt, Autos aus zertretenem Blech, mit Reifen von Zähnen zerbissen.
     
    Dazwischen Menschen, gekrümmt vom Wissen um die eigene Verderbtheit. Nein, sie gingen nicht gebückt, weil sie so schwer zu tragen hatten, hatten kein krummes Kreuz von der Last des Lebens, sondern brachen fast unter dem Bewusstsein ihrer eigenen Minderwertigkeit, ihrer eigenen Widerwärtigkeit, ihre eigenen kollektiven Dummheit, Schuld und Rücksichtslosigkeit zusammen. Tausende gequälte Kinderseelen in den Körpern von Erwachsenen, geschändet von Habgier und reiner Bosheit. Millionen von Seelen in Tiere gezwängt, von Trieben gehetzt, scheinbar mit keiner weiteren Aufgabe als ein höheres Bewusstsein um jeden Preis zu verhindern. Die Fahrt war der reine Horror.
     
    Zitternd trat sie in die Hotellobby, der Portier ließ sie gewähren, fragte nicht nach, hielt sie wohl für ein Drogenopfer auf Entzug, das vielleicht gefährlich war, wollte nicht in etwas verwickelt werden. Das Royal Hyde Park Hotel war zwar alles andere als königlich zu nennen, kostete aber dennoch die letzten 50 £ ihrer Barschaft – das Geld für den Führerschein. Würde Anne noch einen Führerschein brauchen?
     
    Unter normalen Umständen hätte man das Hotelzimmer als einfach, aber sauber bezeichnet, und es hatte sogar ein bequemes Bett. Anne jedoch hatte die Spuren aller Menschen vor Augen, die dieses Hotelzimmer je benutzt hatten, sah Ekel erregende Flecken, wo es keine Flecken gab, stolperte über die Beine zerbrochener Stühle, die nicht existierten, schob verschimmelte Nahrungsreste zur Seite, die, wenn überhaupt, hier vor Jahren achtlos fortgeworfen worden waren, sah die Messer, die hier gemordet und die Blutflecken zu den Leichen, die hier gelegen hatten, hörte die letzten Seufzer von Säufern, die an ihrer Sucht starben, sah die Spuren von Finger an den Fenstern, Zeugnis von Gefangenen, die ihr inneres Gefängnis nicht verlassen konnten, obwohl die Tür des Zimmers sperrangelweit offen stand. Nox hatte ihr die Augen geöffnet, die Augen für eine Welt, die sie nie hatte sehen wollen.
     
    Sie war müde von der Reise durch dieses Reich des Schreckens, das nun ihre Wirklichkeit war, hätte sich so gern hingelegt und wäre augenblicklich eingeschlafen, doch sie fürchtete diese Nacht noch mehr als das, was sie gerade erlebte, ihre erste Nacht in Freiheit, aber möglicherweise auch ihre letzte, denn sie konnte nicht wissen, wann ihre Verfolger sie einholen würden.
     
    Nox hatte sie bereits erreicht, denn während Anne in einem ziemlich schlechten Sessel saß und es ihr gerade gelang, das Pandämonium um sie herum und in ihrem Innern mit dümmlichen Fernsehprogrammen zurückzudrängen und zugleich das Unvermeidliche hinauszuzögern, lag Nox auf dem Bett und sah Anne unverwandt an. Erstaunlich, die Fürstin der Nacht hatte sich an den Ort des Geschehens angepasst, trug ausgesprochen moderne urbane Kleidung in Schwarz, und mit ihren Smokey Eyes hätte sie mühelos an einer Goth-Convention teilnehmen können, ohne als nicht von dieser Welt stammendes Wesen erkannt zu werden. Ebenso hätte sie eine Disco-Nacht im Slimelight verbringen können.
     
    „Lass mich frei, Nox“, bettelte Anne. „Ich will deine sch… Magie nicht mehr.“
     
    „Sicher, sicher“, entgegnete Nox, „du kannst gehen! Komm nur mit mir nach Nethernox, nur dort habe ich meine volle Macht. Dort sehen wir, was ich für dich tun kann.“ Ihr abgründiges Lächeln versprach nichts Gutes. Die Spinne und die Fliege, dachte Anne, das Netz ist bereits gesponnen.
     
    Es mochte gegen 5:00 Uhr in der Frühe sein, als Anne aufgab und sich auf die Bedingungen der Magierin einließ. Der Schlaf drückte sie wie mit einer gewaltigen Faust nieder, sie hatte seit ihrer Flucht kein Auge mehr geschlossen, aus Angst davor, was jetzt kommen musste. Aber sie musste diesen Traum träumen, auch wenn es der letzte war, den sie träumen würde…
     
    Anne hatte eine Fortsetzung der Gewaltdemonstrationen, aber auf jeden Fall alles andere als das erwartet, was nun geschah: Nox und sie ritten auf einem eleganten schwarzen Vogel,
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