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Mord ist nur ein Spiel - Der 1 DANNY McRAE Thriller

Mord ist nur ein Spiel - Der 1 DANNY McRAE Thriller

Titel: Mord ist nur ein Spiel - Der 1 DANNY McRAE Thriller
Autoren: Gordon Ferris
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    Ich hörte auf zu tippen und lauschte dem Geräusch hochhackiger Schuhe, die sich mir näherten. Zuerst senkte sich die Vorderseite der Sohle auf die Treppenstufe, dann klackte der Absatz beim anschließenden Abrollen – verheißungsvoller Morsecode für Das könnte dein Glückstag sein! Aber wer wollte meine Dienste ausgerechnet am Silvesterabend in Anspruch nehmen? Ich hoffte, die Schritte würden nicht auf einer der beiden unteren Etagen haltmachen. Im dritten Stock zögerte die Besitzerin des mitteilungsfreudigen Schuhwerks für einen langen Augenblick; ich dachte schon, ich hätte sie an die alte Kettenraucherin verloren, die dort wohnt, doch dann setzte sie ihren Aufstieg fort.
    Ich hörte auf, so zu tun, als wäre ich beschäftigt. Der Einzige, dem ich etwas vormachen konnte, war ich selbst. In den letzten Stunden hatte ich die Tasten der Schreibmaschine ununterbrochen malträtiert und den Rücklaufhebel jeweils mit einer solchen Todesverachtung herumgerissen, als hasste ich die ramponierte Imperial. Zweimal hatte ich in die Schublade gelangt und wie bei einer Geliebten über den Hals der Flasche gestreichelt. Genauso oft hatte ich die Schublade wieder geschlossen, ohne einen Schluck zu nehmen. Wenn ich damit anfing, würde ich Mitternacht nicht mehr mit klarem Kopf erleben. Doch gerade das schien mir aufgrund der herannahenden Schritte ungemein verlockend.
    Durch meine geöffnete Wohnungstür konnte ich das Treppenhaus hervorragend überblicken. Zuerst erschien ihr Hut, dann verschwand sie kurz außer Sichtweite und tauchte dann auf dem oberen Absatz auf. Der Stepptanz ging weiter, bis sie endlich im Türrahmen stand. Ihr schlanker Schatten fiel auf den Linoleumboden vor meinem Schreibtisch. Sie zögerte, als hätte sie so etwas noch nie zuvor gemacht. Aber da ging es ihr wie vielen meiner Klienten. Die Detektei Finders Keepers existierte erst seit drei Monaten.
    Sie konnte mich an meinem Schreibtisch sitzen sehen, aber nicht deutlich genug, um Einzelheiten zu erkennen. Der Schleier, den sie trug, war diesbezüglich wenig hilfreich, meine Lampe ebenso wenig. Ich bevorzugte aufgrund meines Gesichts eher gedämpfte Beleuchtung. Außerdem mochte ich es nicht, wenn sich meine Silhouette abzeichnete – eine Abneigung, die auf meinen früheren Job zurückzuführen war. Ob ich nun Angst davor hatte, ausgelacht oder erschossen zu werden, jedenfalls musste ein Besucher schon ziemlich nah herankommen, um ein klares Bild von mir zu bekommen. Vor allem an einem Winterabend wie diesem, an dem lediglich der schwache Schimmer der Straßenlaternen durch das Fenster hereindrang.
    »Hallo?«, fragte sie, unsicher, was dieses Wesen in den Schatten als Nächstes tun mochte.
    Es sagte: »Kommen Sie herein!«, und versuchte, dabei so einladend wie möglich zu klingen. Ich erhob mich und hoffte, dass sie sich nicht nur verlaufen hatte und nach dem Weg fragen wollte.
    Sie gab sich einen Ruck und trat vor wie ein Amateurmodel, das zum ersten Mal eine Kollektion auf dem Laufsteg vorführen soll. Sie brauchte fünf Schritte, um in den Lichtkreis meiner Lampe vorzudringen. Mit geübtem Schwung zog sie den Schleier über ihren Hut nach oben. Model konnte stimmen, aber eine Amateurin war sie definitiv nicht.
    Auf ihre Augenfarbe wäre ich nie gekommen. Ihre Iris schimmerte in einem blassen Grau, als wäre sämtliches Blau herausgewaschen worden. Ihre Lippen wiesen ein perfektes Rot auf, waren auf der Treppe offenkundig nachgezogen worden – deshalb die Pause. Zu den blassen Augen gesellte sich eine blonde Mähne; jenes spezielle sanfte Goldweiß, das keine Tönung der Welt hinbekam, ohne das Haar strohig zu machen. Es war so straff aus dem Gesicht gekämmt, dass es wehtun musste. Einen kleinen blauen Hut hatte sie wie das Schiffchen eines Fliegers an ihren Kopf gespießt. Ich kannte Frauen, die eine Stunde vor dem Spiegel verbrachten, um sich so perfekt in Szene zu setzen.
    Der Rest ihrer Ausstaffierung musste die Lebensmittelkarten eines ganzen Jahres und das Doppelte meines Jahreseinkommens gekostet haben. Aber zweimal nichts ist nichts, rief ich mir in Erinnerung. Und ihr Kostüm stand zu einem Kleid von der Stange im gleichen Verhältnis wie der Mensch zum Affen. Anscheinend aus einer vor dem Krieg entworfenen Kollektion, nachträglich auf Knielänge eingekürzt. Qualität hatte eben Bestand. Diese Frau spielte ganz klar in der obersten Liga. Und was trug ihr persönlicher Philip Marlowe? Eine abgetragene Strickjacke mit Flicken
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