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Novembermond

Novembermond

Titel: Novembermond
Autoren: L Heyden
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Männer und Frauen, die in kleinen Gruppen beisammensta n den.
    Julian hatte sich gründlich auf die Zusammenkunft vorbereitet und seine Schwäche sor g fältig getarnt. Macht umg ab ihn , und er hatte ein en Mantel aus Ruhe und Gelassenheit darüber geworfen. Die Führungsrolle beherrschte er o h nehin perfekt.
    „Ihr wisst alle, war um wir hier sind.“ Julian sprach nicht laut, doch die volle Aufmerksa m keit war ihm sicher. „Also lasst uns anfangen.“
    Sein Blick suchte den von Andrej. „Gibt es Neuigkeiten?“
    Andrej, dem die Leitung des Wachschutzunternehmens Nacht-Patrouille unte r stand, lehnte mit ve r schränkten Armen an der Wand. Ein vollkommenes Profil und lange, blonde Haare, die kaum zu bändigen waren , gaben seinem G e sicht das Aussehen eines Engels. Der Blick seiner eisblauen Augen machte einen Todese n gel daraus.
    „Nein. Ich habe nichts gehört.“
    „Die Polizei?“
    „Ich habe mit meinen Kontakten gesprochen. Keine Hinweise.“
    „Sam? Was ist mit den Medien?“
    Sam leitete die Zentrale der Gemeinschaft, wo alle Fäden z u sammenliefen. Er strich sich eine hellbraune Haarsträhne zurück. „Nichts. Wir sind seit gestern damit beschäftigt. Ich habe nochmals alle Berliner Zeitungen, Radiome l dungen und das Internet überprüft.“
    „Dann werden wir die Suche nach Christian heute fortsetzen“, sagte Julian. „Ich werde mich am Kupfergraben umsehen und Mitte übe r nehmen. Sind die Bezirke schon aufgeteilt?“
    Andrej schüttelte den Kopf. „Bisher nicht. Ich nehme mir den Norden vor. Pankow, Reinickendorf.“
    „Nimmst du jemanden mit?“
    „Nein. Wenn ich Unterhaltung wollte, würde ich die Nacht anders verbri n gen.“
    „Pierre?“
    Pierre lehnte in einem der wenigen Stühle, vollkommene Eleganz in Kaschmir und Seide. „Die westlichen Bezirke. Wilmersdorf, Charlottenburg“, sagte er mit seinem melodischen Akzent. „Wenn wir ihn heute nicht finden, werde ich mo r gen weitersuchen.“
    „Gehst du auch allein?“
    „Nein.“ Pierre sah sich um. „Wenn Daniel nicht hier ist, kann Murat mich fa h ren.“
    Murat löste sich aus einer der Gruppen und ging zu ihm.
    „Gut“, sagte Julian. Andrej und Pierre hatte n das Arkanum schon häufig bewä l tigt , und ihre ausgeprägte Wahrnehmung befähigte sie, wie ein Scanner ganze Straßen zu erfassen und zu überprüfen . Sie würden den Dämon noch in b eträch t licher Entfernung aufspüren.
    „Achim?“
    Achim sah auf. Er trug Motorradkleidung und sein rotblondes Haar wie üblich z u sammengebunden. Eine Sonnenbrille verdeckte seine auffallend grünen Augen. „Dann nehme ich mir Friedrichshain und Kreuzberg vor. Vielleicht noch Ne u kölln, mal sehen, wie weit ich komme. Ich nehme Richard mit, wenn er keine anderen Pläne hat.“
    „Nein, habe ich nicht.“ Richard sprang auf.
    „Dann bleibt noch der gesamte Süden“, sagte Julian. „Oliver?“
    Der kleine, füllige Mann legte ein heiteres Lächeln in sein Gesicht. Sei ne Kle i dung zeigte, dass er es mochte aufzufallen , von seinem aufwe n d i gen Rüsche n hemd über die goldrote Seidenweste bis zu den zweifarbigen Schuhen. „Steglitz und Zehlendorf. Sarah, Liebes, könntest du mich fahren?“
    Sarah nickte schüchtern und stand auf.
    „Und die restlichen Bezirke“, fuhr Julian fort. „Louisa?“
    Ihr rotes Haar leuchtete wie Feuer. „Ohne mich, ich wollte gerade gehen. Ich habe Besseres zu tun, als die Nacht mit der Suche nach diesem kleinen Idioten zu verbringen.“ Sie stand auf.
    Julian fing ihren herausfordernden Blick auf. Seine Wut kam heiß, unmittelbar und drohte, ihn zu überwältigen. Wer war sie, dass sie ihn immer wieder reizte und versuchte, an seiner Macht zu rütteln? Ein Nichts, das er jederzeit ver nichten konnte . Kurz stellte er sich vor, wie Louisa hier vor allen auf dem Boden lag, mit blutendem Hals, um Gnade bettelnd. Julian schloss die Augen und schaffte es gerade noch, sich zurückzuhalten. Trotzdem keuchte Louisa und schwankte, als hätte sie einen Schlag erhalten. Das ist Louisa, sagte er sich. Louisa, die sich ihre Hölle selbst erschaffen hat und einfach nicht verlassen kann. Und soeben hatte er den tiefen See ihres Schmerzes mit einer weiteren Welle seines Zorns übe r rollt.
    Ihr Widerstand erlosch , sie hielt den Kopf gesenkt und vermied seinen Blick. Louisa hatte den Riss in seiner Maske zu spüren b e kommen, und nicht nur sie.
    Er fühlte die Überraschung im Raum, aber auch Demut und absolutes Vertra u en. Dabei betrog er sie
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