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Notluegen

Notluegen

Titel: Notluegen
Autoren: Richard Swartz
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dem Boden lag, die Socken war er noch nicht einmal losgeworden, und um nicht ganz unmöglich zu erscheinen, umfasste er ihr Gesicht fest mit der rechten Hand, als wäre es kein Gesicht, sondern ein Stück Holz oder Metall, das man in einem Schraubstock festklemmt; aber trotzdem hatte sich dieses Gefühl, sich lächerlich zu machen, wieder eingeschlichen, als er gezwungen war, die Unterhosen über sein steifes Glied zu ziehen, aber mehr als ein Gefühl war es natürlich nicht.
    Der Mann nahm sie von hinten. Er beugte sich über sie, auf allen vieren wie ein Tier auf einem anderen, klemmte sie mit Armen und Beinen unter sich fest. Die Frau stützte sich an der Sofalehne ab, die mit einem knirschenden, fast schabenden Geräusch gegen die Wand scheuerte, was ihn, statt ihn zu irritieren, erregte; unter dem Mann atmete die Frau schwer, und er hielt sie weiter fest, presste sich mit seinem ganzen schweren weißen Körper gegen den ihren und versuchte, sie in den Nacken zu beißen; mit der Zunge leckte er sie an Hals und Rücken, dann biss er wieder, in der Küche schepperte der Ventilator, und auf der Zunge spürte er den Geschmack von Salz, wieder und wieder stieß er sein Glied in den Spalt zwischen den blanken Hinterbacken der Frau.
    Später erinnerte er sich an glatte Haut und etwas Anilingraues, das ins Blau spielte, eher wie ein Schimmer als wie eine Farbe, und daran, wie die Frau unter ihm vor Anstrengung gestöhnt hatte, nein, vor Lust, vor nichts anderem als Lust, sagte er sich, und an ihre schweren Brüste (ja, wirklich wie zwei überreife Früchte), ebenso wie an das Geräusch, das nur vom Schaben des Sofas herrühren konnte, eine Art knirschendes, quietschendes, leicht trockenes und mechanisches Geräusch, aber dann auch an dieses Schmatzen, ein Laut direkt aus dem Schoß der Natur, ja, fast dasselbe Schmatzen, wie wenn er in Reitstiefeln auf einem ganz anderen Kontinent nach dem Regen über den schlammig lehmigen Stallhof zu gehen pflegte.
    Hätte etwas gesagt werden sollen? Hätte der Mann Worte ins Ohr der Frau flüstern sollen, die er schon vergessen hatte?
    Nein. Das hielt er für ausgeschlossen. In ihre Ohren hatte er nur gebissen. Das Interesse des Mannes für diese Frau hatte dem gegolten, was man anfassen und wonach man greifen konnte, in das man beißen konnte, es auseinanderdrücken, in es eindringen, dem, was sich da unter seinen Händen und dem Mund befand, ohne dass man es in Worte kleiden musste.
    Gerade damit, dass die Frau sich selbst ausgezogen hatte, war er unzufrieden, als wollte sie ihm auf diese Weise verweigern, ihren Körper auf eigene Faust zu entdecken und etwas mehr von ihr zu erfahren. Wer war sie eigentlich? Im Übrigen war der Mann nicht mehr ganz sicher, wer er selber war. Obwohl in Amerika, befand er sich in seinen Tagträumen ja doch irgendwo anders, auf einem ganz anderen Kontinent, wo er sich heimischer fühlte, und dieses sein europäisches Ich war viel wirklicher als sein amerikanisches, weshalb er an diesem Abend das Gefühl gehabt hatte, von einem sicheren Versteck aus und gleichsam als sein anderes Ich zwei fremde Menschen da auf dem Sofa zu betrachten, und hätte diese Frau es so gut verstanden, Schein und Wirklichkeit zu trennen (was er aber für ausgeschlossen hielt), wie sie es verstand, ihre Beine zu spreizen, hätte sie auch begriffen, dass sie betrogen worden war, dass sie sich von zwei Personen hatte benutzen lassen, aber nur von einer bezahlt worden war.
    Hinterher bat ihn die Frau um Wasser. Der Mann holte ein Glas. Die Frau schickte ihn zurück in die Küche: kein Glas, sondern ein Becken mit Wasser. Und ein Handtuch. Es klang wie ein Befehl, als die Frau um das Handtuch bat, und auch als sie um das Wasser gebeten hatte, hatte sie nicht besonders demütig gewirkt.
    Nichts anderes als Stöße und Schläge, dachte der Mann verärgert, immer Stöße und Schläge, und er bedauerte es, nicht gestoßen und geschlagen, sie nicht einmal fest an den Haaren gezogen zu haben.
    Trotzdem war der Mann ein zweites Mal wegen des Wassers in die Küche gegangen und dann auch wegen eines Handtuchs, ehe er sich aufs Sofa setzte, um die Frau zu betrachten, während sie sich wusch.
    Er war zufrieden mit sich.
    Hatte die Frau nicht auch gestöhnt? Und nicht vor Qual, das wusste der Mann genau, sondern von der gemeinsamen Anstrengung der Vereinigung der Geschlechter, die zum Genuss geworden war.
    Der Mann war wirklich zufrieden mit sich selbst; auch wenn die Frau vor Schmerzen
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