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Nordermoor

Nordermoor

Titel: Nordermoor
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Polizisten, der Spurensicherung und des Krankenwagenpersonals ein wenig zu reduzieren, während er vornübergebeugt mit dem Hut auf dem Kopf durch die Wohnung ging.
    »Und hätte im Fallen eine unverständliche Nachricht hinterlassen?«
    »Vielleicht hat er sie in der Hand gehabt.«
    »Kapierst du diese Nachricht?«
    »Vielleicht soll das Gott sein«, sagte Sigurður Óli. »Oder der Mörder, ich weiß es nicht. Die Betonung auf dem letzten Wort ist ganz interessant. ER in Großbuchstaben.«
    »Das ist meines Erachtens keine flüchtige Schrift. Das letzte Wort ist in Blockbuchstaben geschrieben, die anderen zwei in Schreibschrift. Der Besucher hat sich offenbar Zeit für seine Schreibarbeiten genommen. Macht aber trotzdem die Tür nicht hinter sich zu. Was bedeutet das? Attackiert den Mann, rennt dann hinaus und hinterlässt unverständlichen Quatsch auf einem Zettel, wobei er das letzte Wort sorgfältig betont.«
    »Er muss doch ihn damit gemeint haben«, sagte Sigurður Óli. »Die Leiche, meine ich. Das kann sich auf niemand anderen beziehen.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Erlendur. »Was hat das für einen Zweck, eine solche Nachricht zu schreiben und bei der Leiche zu hinterlassen? Wer macht so etwas? Was will er damit sagen? Will er uns damit etwas sagen? Spricht der Mörder mit sich selbst? Spricht er mit der Leiche?«
    »Ein durchgeknallter Typ«, sagte Elinborg und wollte sich nach dem Blatt bücken. Erlendur hinderte sie daran.
    »Vielleicht waren es mehr als einer«, sagte Sigurður Óli. »Die ihn angegriffen haben.«
    »Denk an die Handschuhe, meine liebe Elinborg«, sagte Erlendur und redete mit ihr wie mit einem Kind. »Nicht die Beweismaterialien ruinieren. Die Nachricht wurde auf dem Schreibtisch da geschrieben«, fügte er hinzu und deutete in die Ecke. »Das Blatt wurde aus einem Spiralheft herausgerissen, das dem Opfer gehörte.«
    »Vielleicht waren es mehr als einer«, wiederholte Sigurður Óli. Er fand, dass er da einen interessanten Punkt berührt hatte.
    »Ja, ja«, sagte Erlendur. »Vielleicht.«
    »Ziemlich kaltblütig«, sagte Sigurður Óli. »Erst bringst du einen alten Mann um, und dann setzt du dich hin und schreibst einen Zettel. Braucht man dazu nicht Nerven wie Drahtseile? So etwas macht doch nur ein richtiges Scheusal.«
    »Oder ein ganz Abgebrühter«, sagte Elinborg.
    »Oder einer mit Messiaskomplex«, sagte Erlendur.
    Er bückte sich und las die Nachricht auf dem Blatt noch einmal durch.
    Ein reichlich ausgeprägter Messiaskomplex, dachte er bei sich.

Kapitel 2
    E rlendur kam gegen zehn Uhr abends nach Hause und schob ein Fertiggericht in die Mikrowelle. Er stand vor dem Gerät, schaute zu, wie sich das Gericht hinter der Glasscheibe drehte, und dachte, dass er schon Schlimmeres im Fernsehen gesehen hätte. Draußen heulten Herbststürme voller Nässe und Dunkelheit.
    Er dachte an Menschen, die irgendwelche Nachrichten hinterließen und dann von der Bildfläche verschwanden. Was würde er selber auf einen solchen Zettel schreiben? Wem würde er eine Nachricht hinterlassen? Seine Tochter Eva Lind kam ihm in den Sinn. Sie war drogenabhängig und würde wissen wollen, ob er irgendwo Geld hätte. Sie schreckte vor fast nichts mehr zurück. Sein Sohn Sindri Snær hatte gerade seine dritte Entziehungskur hinter sich. Die Nachricht für ihn wäre einfach: nie wieder Hiroshima.
    Erlendur lächelte schwach, als die drei Signaltöne der Mikrowelle ertönten.
    Nicht dass Erlendur jemals mit dem Gedanken gespielt hätte, sich aus dem Staub zu machen.
    Er und Sigurður Óli hatten mit dem Hausbewohner gesprochen, der die Leiche gefunden hatte. Zu dem Zeitpunkt war auch dessen Frau nach Hause gekommen und hatte gesagt, sie würde die Jungen aus dem Haus holen und zu ihrer Mutter bringen. Der Mann hieß Ólafur und erklärte, dass er selbst und seine ganze Familie, seine Frau und die beiden Söhne, jeden Morgen um acht zur Schule beziehungsweise zur Arbeit gingen und frühestens kurz nach vier wieder nach Hause kämen; es war seine Aufgabe, die Jungen von der Schule abzuholen. Sie hatten nichts Ungewöhnliches bemerkt, als sie morgens weggegangen waren. Die Tür zur Wohnung des Mannes war zu gewesen. In der Nacht hatten sie fest geschlafen. Nichts gehört. Sie hatten kaum Verbindung zu dem Mann. Sie kannten ihn eigentlich so gut wie gar nicht, obwohl es schon ein paar Jahre her war, dass sie in die Wohnung über ihm gezogen waren.
    Der Gerichtsmediziner würde den Zeitpunkt des Todes ziemlich
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