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Nordermoor

Nordermoor

Titel: Nordermoor
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Mosfellsheiði«, und bald befand er sich mitten in einem gnadenlosen Schneesturm, wo junge Männer in Eis und Schnee den kalten Tod fanden.

Kapitel 3
    E s regnete in Strömen, als Erlendur und Sigurður Óli aus dem Auto sprangen, die Treppen zu einem Mehrfamilienhaus in der Stígahlíð hinaufliefen und auf eine Klingel drückten. Sie hatten überlegt, den Schauer abzuwarten, aber Erlendur hatte keine Lust, im Auto herumzuhängen, und sprintete los, Sigurður Óli hinterher. Im Nu waren sie nass bis auf die Knochen. Der Regen floss Sigurður Óli von den Haaren in den Nacken und den Rücken hinunter, und er schaute Erlendur grimmig an, während sie darauf warteten, dass sich die Tür öffnete.
    Die Kriminalbeamten, die mit dem Fall befasst waren, hatten frühmorgens auf einer Besprechung die verschiedenen Möglichkeiten diskutiert. Eine Theorie bestand darin, dass Holberg ohne jegliches Motiv ermordet worden war und dass der Täter sich zuvor einige Zeit in dem Viertel herumgetrieben hatte, vielleicht sogar einige Tage. Ein Dieb auf der Suche nach Einbruchsmöglichkeiten. Hatte bei Holberg angeklopft, um herauszufinden, ob jemand zu Hause war, und war dann, als der Hausherr zur Tür kam, aus der Fassung geraten. Die Nachricht, die er hinterließ, diente nur dazu, die Polizei in die Irre zu führen, und hatte keine weitere Bedeutung.
    Am gleichen Tag, an dem Holberg tot aufgefunden wurde, war eine Meldung über einen jungen Mann in grünem Parka eingegangen, der zwei ältere Frauen überfallen hatte, Zwillingsschwestern. Er war irgendwie in das Treppenhaus gelangt und hatte dann bei ihnen geklopft. Als sie öffneten, drang er in die Wohnung ein, schlug die Tür hinter sich zu und verlangte Geld. Als sie dem nicht nachkamen, schlug er der einen mit der blanken Faust ins Gesicht, die andere stieß er zu Boden und trat nach ihr, bevor er wieder hinausstürzte.
    Aus der Gegensprechanlage ertönte eine Stimme, und Sigurður Óli sagte, wer sie waren. Man hörte ein Geräusch in der Tür, dann traten sie in den Hausflur. Er war schlecht beleuchtet und roch, als sei lange nicht geputzt worden. Als sie in den zweiten Stock kamen, stand eine der beiden Damen in der Tür und wartete auf sie.
    »Ist er schon geschnappt worden?«, fragte sie.
    »Leider nein«, sagte Sigurður Óli und schüttelte den Kopf, »aber wir würden gerne mit euch über …«
    »Haben sie ihn schon geschnappt?«, hörte man eine Stimme aus der Wohnung, und noch ein Exemplar dieser Frau erschien in der Tür. Sie waren um die siebzig, ziemlich korpulent, trugen beide schwarze Röcke und rote Pullover und hatten graue, toupierte Haare. Die runden Gesichter glänzten erwartungsvoll.
    »Nein«, sagte Erlendur. »Noch nicht.«
    »So ein armer Teufel«, sagte Frau Nummer eins. Sie hieß Fjóla und bat sie hereinzukommen.
    »Hab bloß kein Mitleid mit ihm«, sagte Frau Nummer zwei, die Birna hieß und hinter ihnen die Tür zumachte. »Er war ein Ganove, der dir eins übergezogen hat, und er sah widerlich aus. Von wegen armer Teufel.«
    Sie nahmen im Wohnzimmer Platz, schauten abwechselnd die Frauen an und dann einander. Die Wohnung war klein. Sigurður Óli bemerkte zwei nebeneinander liegende Schlafzimmer. Aus dem Wohnzimmer blickte man in eine kleine Küche.
    »Wir haben eure Aussagen gelesen«, sagte Sigurður Óli, der den Bericht auf dem Weg zu den Schwestern im Auto durchgeblättert hatte. »Es ist die Frage, ob ihr uns weitere Auskünfte über den Mann geben könnt, der euch angegriffen hat.«
    »Mann?«, sagte Fjóla. »Das war doch eher ein Junge.«
    »Alt genug, um uns anzugreifen«, sagte Birna. »Dazu war er alt genug. Stieß mich zu Boden und trat nach mir.«
    »Wir haben kein Geld«, sagte Fjóla.
    »Bewahren hier kein Geld auf«, sagte Birna. »Das haben wir ihm gesagt.«
    »Aber er hat uns nicht geglaubt.«
    »Und hat uns attackiert.«
    »Er war sehr erregt.«
    »Und ziemlich unflätig. Wie er uns beschimpft hat.«
    »In dieser grässlichen grünen Jacke. Richtig militärisch.«
    »Und die Stiefel auch, schwarz und schwer, hohe Schnürstiefel bis an die Waden.«
    »Er hat aber nichts kaputtgemacht.«
    »Nein, ist nur weggerannt.«
    »Hat er nichts mitgenommen?«, mischte sich Erlendu r e in.
    »Er schien irgendwie nicht ganz da zu sein«, sagte Fjó la, die nach Kräften versuchte, ihren Angreifer zu verteidigen. »Er hat nichts kaputtgemacht und nichts mitgenommen. Griff uns nur an, als er erfuhr, dass bei uns kein Geld zu holen war. Der
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