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Noras großer Traum (German Edition)

Noras großer Traum (German Edition)

Titel: Noras großer Traum (German Edition)
Autoren: Christin Busch
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sie sofort ihren Schal lockerte und den Reißverschluss ihrer Jacke öffnete. Ohne bestimmtes Ziel wanderte sie die Regale und Tische ab, wobei sie sich ein wenig über sich selbst ärgerte, als sie sich fast automatisch in der Länderkunde-Abteilung wiederfand, um zu sehen, ob es etwas Neues oder Interessantes über Australien gab. Als sie sich entschlossen umwandte und ein Stück weiterging, stand sie plötzlich vor einem Sondertisch, auf dem Bücher über Vogelkunde ausgestellt waren. Ein Buch war sogar mit einer Kassette kombiniert, auf der die entsprechenden Vogelstimmen waren. Sie griff danach und las die Kurzbeschreibung dazu durch. Auf einem kleinen Bild entdeckte sie zwischen vielen anderen einheimischen Vögeln auch die Nachtigall. Beinahe im gleichen Moment dachte sie an Tom und lächelte. In den Blue Mountains hatte sie ihm von diesem Vogel erzählt. In einem Anflug von Sentimentalität erstand sie die Kombination und verließ den Laden. Sie fröstelte, denn sie hatte sich inzwischen an die Wärme der Buchhandlung gewöhnt. Nora sah auf die Uhr. Es wurde Zeit, an die Heimfahrt zu denken. Sie musste noch etwas für das Abendessen einkaufen, bevor sie die Kinder wieder vom Spielen abholte.
    Stunden später hob Nora überrascht den Kopf, als sie den Hausschlüssel in der Tür und Kunos Gewinsel hörte. Sofort begann ihr Herz schneller zu schlagen. Max kam nach Hause! Zum ersten Mal war sie froh darüber, dass er erst kam, als die Kinder schon schliefen. Zögernd ging sie in den Flur.
    »Hallo, Max.«
    Er stellte seinen Aktenkoffer ab und zog den Mantel aus. Nachdem er ihn auf einen Bügel an die Garderobe gehängt hatte, drehte er sich um.
    »Hallo.«
    Nora spürte ein beklemmendes Gefühl, als sie in sein Gesicht sah. Er wirkte so fremd und unnahbar. Max ging an ihr vorbei ins Wohnzimmer.
    »Ich denke, wir müssen reden.«
    Sie folgte ihm niedergeschlagen, blieb aber an der Tür stehen.
    »Hast du schon gegessen?«
    Er ließ sich in einen Sessel fallen, obwohl er sonst immer auf dem Sofa saß. Nora registrierte es sofort. Er mied ihre Nähe.
    »Danke, ja.«
    Sie setzte sich jetzt ebenfalls und versuchte, ruhig zu bleiben. Max beugte sich nach vorn und stützte die Ellbogen auf den Knien ab.
    »Nora, glaub mir, ich habe beinahe ununterbrochen nachgedacht und bin in Gedanken alles hundertmal durchgegangen, aber ich kann nicht einfach so zur Tagesordnung zurückkehren. Mag sein, dass ich ein alter Spießer bin, doch ich schaff das nicht. Ich kann nicht das Kind dieses Mannes als mein eigenes aufziehen. Jeden Tag würde es als lebendiger Beweis für das vor mir stehen, was du mit ihm gemacht hast.«
    Nora hatte bei seinen Worten langsam den Kopf gesenkt und ihre Hände im Schoß betrachtet. In ihrem tiefsten Inneren hatte sie es bereits geahnt. Trotzdem fühlte sie sich, als hätte er ihr gerade ins Gesicht geschlagen. Zu sehr erdrückte sie die Wucht der Erkenntnis, dass dies nun womöglich das tatsächliche Ende ihrer Ehe bedeutete. Sie spürte Übelkeit in sich aufsteigen und stand rasch auf.
    »Entschuldige, ich bin gleich zurück.«
    Er nickte ernst.
    Nachdem sie sich in der Gästetoilette übergeben hatte, spülte sie sich den Mund aus und wusch sich das Gesicht. Einigermaßen erschrocken musterte sie ihr Spiegelbild und fuhr sich mit den Händen durch die Locken. Als sie die Tür öffnete, stand Max im Flur. Er schaute sie betreten an.
    »Es tut mir Leid, Nora. Ich hätte es vielleicht schonender ausdrücken können.«
    Sie lächelte kläglich. »Das würde an den Tatsachen auch nichts mehr ändern, oder?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, sicher nicht. Es geht dir nicht gut, was? Ich hole ein Mineralwasser aus dem Keller. Setz dich erst mal wieder.«
    Als er mit einer Flasche Mineralwasser und zwei Gläsern ins Wohnzimmer kam, saß sie auf dem Sofa, irgendwie unfähig, etwas zu tun oder zu sagen. Er drückte ihr ein Glas in die Hand.
    »Hier, trink etwas.«
    Mechanisch nahm sie einen Schluck Wasser und stellte das Glas auf den Tisch. Sie bemerkte, dass ihre Hände zitterten, und so legte sie sie rasch in den Schoß und hoffte, dass er es nicht gesehen hatte. Fragend schaute sie auf.
    »Also du möchtest die Scheidung. Wie wollen wir vorgehen und was den Kindern sagen?« Sie schluckte. Es kam ihr alles so ungeheuerlich vor. Fast nie in all den Jahren hatte es ein böses Wort zwischen ihnen gegeben, alles war perfekt gewesen, ihre Ehe, ihre Kinder, ihr Leben. Und jetzt dieses Ende – durch ihre Schuld.
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