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Noras großer Traum (German Edition)

Noras großer Traum (German Edition)

Titel: Noras großer Traum (German Edition)
Autoren: Christin Busch
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Kopf auf die Arme gelegt und haltlos angefangen zu weinen. Sie war zu ihm gegangen und hatte ihn in die Arme genommen. Obwohl auch ihr Tränen über die Wangen liefen, hatte sie versucht, ihn zu trösten.
    »Alex, Sophie war absolut glücklich mit dir und Patrick. Mit ihrem Leben hier. Sie hat dich und Patrick so geliebt. Und sie und ich, wir haben uns über Gott und die Welt unterhalten können und viel Spaß dabei gehabt. Und ich bin mir sicher, dass sie sich genau in diesem Augenblick wünschen würde, dass wir durchhalten. Für die Kinder. Wenn Patrick dich jetzt auch noch als Halt verliert, wird er womöglich zerbrechen. Er braucht dich ganz besonders und, Alex, er bleibt dir noch von Sophie.« Er hatte sich mit beiden Handrücken die Tränen weggewischt und sich plötzlich entschlossen wieder aufgesetzt.
    »Nora, ich werde mit Patrick von hier wegziehen.«
    Sie hatte ihn erschrocken angesehen. »Nein! Bitte, Alex, das kannst du nicht machen ! Und was ist mit Patrick und Niklas? Die beiden hängen aneinander wie Brüder.«
    Alexander hatte ihre Hand in seine genommen. »Nora, ihr bleibt unsere besten Freunde. Und ich bin so dankbar, dass du gerade jetzt immer für uns da warst.« Er schluckte. »Aber ich kann nicht hier bleiben! Alles, jede Ecke, jeder Winkel, alles erinnert mich an sie.«
    Kuno stupste Nora mit der Schnauze, da sie – völlig in ihre Erinnerungen versunken – aufgehört hatte ihn zu streicheln. Mechanisch begann sie wieder ihm den seidigen Kopf zu kraulen. Sie seufzte. Seit diesem Unfall hatte sich alles verändert, auch sie selbst, das spürte sie. Aber sie hätte nicht sagen können, inwiefern. Grübelnd betrachteten ihre großen grünbraunen Augen die Blätter an den Bäumen, ohne sie jedoch wirklich wahrzunehmen. Sie hatte für sich selbst die Erkenntnis gewonnen, wie vergänglich, wie zerbrechlich alles war, das Glück, die Gesundheit, ja, das Leben an sich. Ein einziger Moment konnte darüber entscheiden, ob alles so weiterging wie bisher oder ob sich alles veränderte. Aber niemand schien sich daran zu stören, alle machten einfach weiter wie immer. Jeder war mit seinem eigenen kleinen Dasein beschäftigt. Wenn man von einem Unglück hörte, war man erschrocken und sagte: »Ach, wie schrecklich! Die armen Leute.« Und schon kümmerte man sich wieder nur um seinen eigenen Kram, seine eigenen Probleme. Nora bestürzte diese Erkenntnis, ohne sagen zu können, warum. Schließlich wäre es auch keine Lösung, ständig im Leid oder im Unglück anderer Menschen mit zu versinken. Aber sie hatte begonnen vieles in ihrem bisherigen Leben in Frage zu stellen, vor allem das unablässige Streben nach Wohlstand, so genanntem bürgerlichem Ansehen und ständigem beruflichen Vorankommen. Sie erkannte, dass sie und Max sich – vielleicht auch wegen dieser Ziele – nicht mehr so nahe waren wie früher. Sie hatten gar keine Zeit mehr, tief gehende Gespräche miteinander zu führen, voneinander zu erfahren, was den anderen beschäftigte. Der Alltag, den sie sich selbst gewählt hatten, hatte sie vor seinen Karren gespannt und ließ sie nicht mehr los. Nora war sehr traurig gewesen, als sie das alles erkannte. Aber schlimmer noch hatte sie die Tatsache empfunden, dass Max sie nicht zu verstehen schien. Er begriff einfach nicht, was innerlich in ihr vorging, wenn sie versuchte ihm zu erklären, dass sie sich voneinander entfernten, dass jeder von ihnen zu fest im Alltag steckte. Er schaute sie dann meist zwinkernd an, nahm ihre Hand und sagte: »Aber wir haben es doch schön.« Dann umfasste sein stolzer Blick den herrlichen Garten, das große, geschmackvoll eingerichtete Haus, in dem Kinder lärmten, und er fügte leicht ironisch hinzu: »Es könnte schlimmer sein, findest du nicht?« Natürlich hatte er damit Recht, aber es traf Nora, dass er ihr damit das Gefühl vermittelte, sie nicht ernst zu nehmen oder die Gedanken, die sie beschäftigten, als »Problemchen« abzutun. Sie fühlte sich darin bestätigt, dass sie ihre frühere Nähe, ihr Verständnis füreinander, verloren hatten und sich auseinander entwickelten. Er wollte gar nicht, dass sich irgendetwas änderte. Warum auch? Es funktionierte ja alles prächtig. Kinder, Hund, Garten und Haus waren ihre Aufgabe, er kam beruflich voran, machte Karriere und sorgte für das Einkommen der Familie. Obwohl sie mit den Kindern viel um die Ohren hatte, fühlte sie sich mit der Zeit immer einsamer. Die anderen Frauen und Mütter, mit denen sie zusammentraf,
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