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Noras großer Traum (German Edition)

Noras großer Traum (German Edition)

Titel: Noras großer Traum (German Edition)
Autoren: Christin Busch
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    S chwungvoll warf Nora Bergmann die Schaufel in die frische Blumenerde und richtete sich auf. Sie pustete sich eine gelockte goldbraune Haarsträhne aus dem Gesicht und ließ den Blick durch den hübschen Garten schweifen. Missmutig betrachtete sie den Korb mit Blumenzwiebeln, der neben ihr auf dem Boden stand. Für wen pflanzte sie die eigentlich? Wütend stand sie auf, zog sich die Arbeitshandschuhe aus und warf sich in einen Gartensessel. Was war nur mit ihr los? Sie stand doch auf der Sonnenseite des Lebens: Sie hatte einen tollen Mann, zwei Kinder, die sich prächtig entwickelten, ein Haus mit Garten vor den Toren Hamburgs. Warum hatte sie in letzter Zeit nur ständig das Gefühl, das Leben liefe an ihr vorbei? Fast gleichzeitig mit dem Aufkommen ihrer inneren Unzufriedenheit schämte sie sich für diese Überlegungen; schließlich ging es ihr doch gut. Sie sah auf. Kuno, ihr großer Hirtenhund, war leise herangekommen und hatte seinen Kopf auf ihre Knie gelegt. Er schien zu spüren, dass sie traurig war, denn er stupste sie auffordernd und sah aus großen braunen Augen zu ihr hoch. Sie lächelte und nahm seinen Kopf in beide Hände. »Na, Kuno? Wenigstens du bist noch der Alte! Dein Frauchen spinnt nämlich ...« Ihre Finger spielten mit den seidenweichen Ohren des Hundes, während ihre Gedanken in die Vergangenheit wanderten. Wie glücklich waren sie und ihr Mann Max gewesen, als sie, frisch verheiratet, ihr Haus geplant und entworfen hatten und meinten, mit Riesenschritten ihrem absoluten Glück immer näher zu kommen. Sie waren vollkommen von sich und ihrer Zukunft überzeugt gewesen.
    Nora dachte noch weiter zurück. Kurz vor dem Abitur hatten sie sich kennen gelernt, ineinander verliebt und waren zusammengeblieben. Beide hatten studiert, gute Ausbildungen hinter sich gebracht und konnten erste berufliche Erfolge vorweisen.
    Natürlich war bei ihnen als glücklichem jungem Paar auch der Wunsch nach Kindern aufgetaucht. Und als sich Niklas vor neun Jahren angekündigt hatte, waren sie vor Freude ganz aus dem Häuschen gewesen. Nach seiner Geburt blieb Nora zu Hause und genoss es, jeden einzelnen Entwicklungsschritt ihres Sohnes mitzuerleben. Drei Jahre nach ihm brachte sie ihre Tochter Marie zur Welt, und die Bilderbuchfamilie war komplett. Nora hatte in den ersten Jahren alle Hände voll zu tun gehabt. Es war ein schönes Gefühl, ihren beiden Kindern alles an Liebe, Sicherheit und Geborgenheit geben zu können, was nur möglich war. Max war ebenfalls stolz auf seine Familie, stieg beruflich in dieser Zeit jedoch die Karriereleiter weiter hinauf und war deshalb wenig zu Hause. Nora strich gedankenverloren über Kunos Kopf. Wann hatte es eigentlich angefangen, dass leise Zweifel an ihrem Leben aufgekommen waren? Voller Trauer dachte sie an ihre Freundin Sophie. Sie hatten sich so gut verstanden. Ihr Tod hatte in Nora ein geradezu unaussprechliches Entsetzen ausgelöst, eine Lücke hinterlassen, die sich seitdem nie wieder geschlossen hatte. Nach außen hin war sie ihrer Familie, vor allem Sophies Mann Alexander und seinem Sohn Patrick, zwar die absolut zuverlässige und besonnen handelnde Freundin gewesen, aber innerlich hatte sie sich nur zusammennehmen können, weil sie ihre eigenen Kinder und Patrick vor weiterem Kummer hatte bewahren wollen. Kurz darauf war Alexander mit Patrick aus Hamburg weggezogen, um mit ihm in der Nähe seiner Eltern neu anzufangen.
    Nora sah ihn noch einmal bei sich in der Küche sitzen; die Kinder waren in der Schule und Max im Büro. Sie hatte Kaffee eingeschenkt und sich zu ihm an den Tisch gesetzt. Nach einer Weile des Schweigens hatte er zu ihr aufgesehen. »Nora, du warst ihre beste Freundin. Sag mir: War sie glücklich?« Sie hatte ihn erschüttert angeschaut und gerade zu einer Antwort angesetzt, als er sagte: »Nein, bitte lass dir Zeit! Ich möchte eine ehrliche Antwort. Seit sie den Unfall hatte und aus meinem Leben verschwunden ist, beschäftigen mich alle möglichen Fragen, ganz besonders diese.« Er machte eine Pause und starrte auf das Milchkännchen. »Weißt du, alles in meinem Leben war selbstverständlich. Alles lief wunderbar, ich hatte nie einen Grund, mir ernsthafte Gedanken darüber zu machen. Selbst nicht an diesem Morgen. Ich ... ich habe nichts von dem Unglück gespürt, das auf uns zukam, davon, dass ich sie nicht lebend wiedersehen würde. Ich gab ihr wie immer eilig einen Abschiedskuss, strich Patrick übers Haar und bin gegangen.«
    Er hatte den
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