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Noch Viel Mehr Von Sie Und Er

Titel: Noch Viel Mehr Von Sie Und Er
Autoren: Juergen von der Lippe
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ja immer so alt, wie man sich fühlt, oder auch anfühlt. Das waren jetzt die ersten beiden Sprichwörter. Das nächste wäre ein spanisches Sprichwort: Lieber ein stiller Tod als ein öffentliches Missgeschick. Dieses kluge Wort beleuchtet Schadenfreude einmal aus der Sicht des Betroffenen. Natürlich versucht man, wenn es irgend geht, in einer peinlichen Situation witzig zu sein. Wenn ich zum Beispiel coram publico darauf hingewiesen werde, dass mein Hosenstall offen steht, schließe ich ihn mit einem Standardsatz: Na schön, wenn keine Nachfrage herrscht ... Was ich nicht so mag, sind Dinge, wie man sie gerne mal im Reader´s Digest und Konsorten findet: Wir müssen alle den Gürtel enger schnallen. Wie komme ich denn dazu? Solange ich ausreichend Nahrung zuführe, gibt es dafür nicht den mindesten Grund. Oder: Du hast deine Zukunft selbst in der Hand. Der Spruch ist Quatsch, ist allerdings ein Brüller, wenn es einem an der Wand eines Herrenpissoirs unversehens ins Auge sticht.
    Was ich sehr goutiere, auch als Konsument, sind Dinge, die aus völlig anderen, gleichwohl vertrauten Zusammenhängen gerissen und zumeist laut, gern auch hörbar angebrütet, in den Raum gestellt werden, etwas wie: Du sagst es, Weiße Feder, oder: Baut eine Wagenburg, die Indianer werden nicht vor dem Morgengrauen angreifen. Wenn ich mich recht entsinne, sagt das Robin Williams in einer Folge von ›Mork vom Ork‹, und ich konnte tagelang fast an nichts anderes denken. Probieren Sie das mal in der Oper oder in der U-Bahn! Man wird noch lange von Ihnen sprechen. Verhärtete ideologische Positionen lassen sich mit guten Zitaten zwar nicht aufweichen, man hat aber die Lacher auf seiner Seite. Wenn man in Gesellschaft auf eine beinharte Emanze trifft, sollte man zumindest einige der folgenden Gemmen auf Lager haben: Abhängigkeit ist das Los der Frau, Macht ist, wo die Bärte sind. (Moliere, Schule der Frauen) Oder: Es gibt Frauenspersonen, die uns im Zimmer besonders wohlgefallen, andere, die sich besser im Freien ausnehmen. (Goethe, Dichtung und Wahrheit III,11) Goethe schrieb auch mal an Frau von Felgenhauer: Das Weib, das Gott der Herr erschuf, schuf er zu mancherlei Behuf; allein der süßeste von allen, ist der, den Männern zu gefallen. Wobei Alice Schwarzer es vielleicht bei Schiller noch einen Meter höher auf die Palme treiben würde: Ehret die Frauen, sie flechten und weben himmlische Rosen ins irdische Leben.
    Oder: Der Mann ist des Weibes Haupt. (Kor.1,11,13) Wobei Sie, wenn Sie mit Paulus ankommen, eine belesene Dame vielleicht mit Ambrose Bierce auskontert: Religion ist die Tochter von Hoffnung und Furcht, die der Unwissenheit das Unerkennbare erklärt.
    Wenn das passiert, beenden Sie die Sache mit: Es mag Frauen geben, die intelligenter sind als Männer, aber davon wird die Küche auch nicht sauber.
    Nun eignen sich Zitate beileibe nicht nur zum Stänkern, sondern ebenso gut als niveauvolle Anmache. Statt zu sagen: Haben Sie Wasser in den Beinen, meine Wünschelrute schlägt aus, probieren Sie es doch mal mit: Ich weiß nicht warum, aber als ich Sie gerade so ansah, fiel mir ein altes Gedicht ein: Auf die Stirne küsst die Unschuld, auf den Mund die wahre Liebe, in die hohle Hand Begierde, alles andere Raserei. Und wenn das so gar nicht verfängt, machen Sie einen eleganten Abflug mit: Na gut, wie sagte John Cage so richtig zu Ally McBeal: Es ist besser zu wollen, was man nicht hat, als zu haben, was man nicht will.
    Nach einer Abfuhr braucht auch der Mann von Welt ein Erfolgserlebnis, am besten eine bessere Position auf der Hackordnung. Dies kann man z. B. durch Zurechtweisung eines Platzhirsches erreichen, der das große Wort führt und keine andere Meinung gelten lässt. Stellen Sie sich dazu, hören Sie sich das eine Weile an und sagen sie dann sehr sanft: »Ich weiß nicht, warum mir jetzt der englische Historiker Theodore Zeldin einfällt, der einmal gesagt hat: ›Ein interessantes Gespräch ist nur eines, das wir mit der Bereitschaft beginnen, aus ihm als etwas anderer Mensch hervorzugehen.‹« Und dann schlendern Sie davon, zur Bar oder sonst wohin, um den neu gewonnenen Jüngern Gelegenheit zu geben, Ihnen nachzufolgen.
    Auch das Buffet ist ein guter Ort, um Perlen der Weisheit loszuwerden, vor allem, wenn Sie sich selbst und anderen Menschen das schlechte Gewissen ein wenig erleichtern, das die meisten ja beim Reinhauen haben. Beste Dienste leistet hier Winston Churchill: Man soll seinem Leib etwas bieten, damit
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