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Noch Viel Mehr Von Sie Und Er

Titel: Noch Viel Mehr Von Sie Und Er
Autoren: Juergen von der Lippe
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die Seele Lust hat, darin zu wohnen. Und Meister Eckhart, Dominikaner und Mystiker, liefert uns den Grund für Weinnachschub: Nimmer würde ein Mensch, der Durst nach Wein hat, so sehnlich seiner begehren, wenn nicht etwas von Gott in ihm wäre. Das wird nicht nur den zufällig anwesenden Weihbischof entzücken.
    Ich persönlich bin ja oft gezwungen, in Interviews oder Gesprächen mit Hobbyintellektuellen, meine Berufswahl als Humorschaffender zu rechtfertigen. Da arbeite ich seit vielen Jahren immer mit denselben Zitaten, denn es sind ja auch immer dieselben Fragen: Um ernst zu sein, genügt Dummheit (Shakespeare), Unser Verdienst verschafft uns die Anerkennung ehrenwerter Menschen, unser Glück aber die der Menge (La Rochefoucauld), und: Indem ein Mensch mit den ihm von Natur gegebenen Gaben sich zu verwirklichen sucht, tut er das Höchste und einzig Sinnvolle, was er tun kann (Hesse). Irgendwann wird einem immer auch eine Definition von Humor abverlangt, da sage ich als Erstes immer: Humor ist das, was man verliert, wenn man den Vorgang definiert ( Theodor Lessing, Philosoph und politischer Publizist), um dann aber, wenn ich gerade gütig grundgestimmt bin, mit Curt Goetz zu einem versöhnlichen Schluss zu kommen: Gelehrt sind wir genug. Was uns fehlt, ist Freude, was wir brauchen, ist Hoffnung, was uns nottut, ist Zuversicht, wonach wir verschmachten, ist Frohsinn.

SIE Vorurteile
    Albert Einstein sagte einmal: Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom. Für mich als Laien ist das schwer nachvollziehbar. Wie soll ich wissen, ob ich nicht doch schon mal Atome zertrümmert habe, womöglich aus Versehen, wie bei meinem letzten Blechschaden. Die sind ja so klein, dass man sie mit bloßem Auge nicht sehen kann. Der Betonpoller, der im Weg stand, schien aus atomarer Sicht völlig unbeschädigt, aber von meinem rechten Kotflügel war wirklich nicht mehr viel übrig. Vorurteile zertrümmere ich natürlich viel lieber als mein Auto. Auf meiner Morgentour mit dem Hund kamen wir an einem Parkplatz vorbei und hörten, wie ein Anlasser durchgeorgelt wurde, bis die Batterie leer war. Ein fluchender Mann stand ratlos an seinem Auto herum. Mein Hund namens Nanu war ein 100%iger Mannometer für sympathische oder unsympathische Leute und sein Schwanz wedelte wie doll, als er Schnupperkontakt aufnahm, also konnte mein Gegenüber kein schlechtes Männeken sein. Ich fragte ihn freundlich, ob ich ihm helfen könne. Er schaute mich an wie jemanden, der schlimmen Aussatz hat, öffnete mürrisch seine Motorhaube und starrte nur noch da hinein. Aha, meldete meine innere Rechtsabteilung, hier handelt es sich um einen Vertreter des Vorurteils »Frauen und Technik«. »Haben Sie ein Abschleppseil?«, fragte ich noch freundlicher. Er dachte dann wohl wirklich, ich wollte meinen Hund vor seinen Schlitten spannen, denn mit seinem blind gen Himmel gerichteten Augenaufschlag schüttelte er den Kopf und murmelte so etwas wie »Vergessen Sie’s«. »Haben Sie vielleicht Überbrückungskabel?«, fragte ich darum noch liebenswerter. Er presste sein Nein durch zusammengebissene Kiefer wie ein taiwanesischer Perlentaucher, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. So ein Arschloch, dachte ich, dem werd ich’s zeigen. »Ich habe Überbrückungskabel«, sagte ich stolz und ging. Im Grenzbereich seiner Hörweite schob ich noch nach: »Sind wirklich nützlich, diese Dinger«, und hörte, wie er seine Haube zuknallte. Arme Motorhaubenverschlussatome! Anscheinend können Männer sich nicht ohne Weiteres von Frauen helfen lassen, und schon gar nicht bei technischen Problemen.
    Auf dem Nachhauseweg fiel mir ein, wie ich mal den Schlüssel in meinem VW-Käfer hatte stecken lassen und spätnachts mit einem Stielkamm verzweifelt an der Seitenfenstergummidichtung rumfummelte, um an das Verschlussknöpfchen der Tür zu kommen. Dem plötzlich aus dem Dunkeln erscheinenden Mann, der mich skeptisch musterte, erklärte ich mein Schlüsselproblem, damit er mich nicht für einen Automarder hält. Er ging nur kurz um mein Auto herum, nickte mir zu und verschwand wieder, aber das Knöpfchen war jetzt oben. Zwei Tage später las ich in den Lokalnachrichten, dass in dieser Gegend einige Autos aufgebrochen worden waren. Tja, manchmal ist eben nicht nur die Polizei dein Freund und Helfer, sondern auch der Ganove. Die Erinnerung an dieses märchenhafte Erlebnis stimmte mich friedlich, ich brachte meinen kleinen Terrier nach Hause, setze
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