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Nachtgespenster

Nachtgespenster

Titel: Nachtgespenster
Autoren: Jason Dark
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Es war eine einsame, wilde und trotzdem romantische Gegend, durch die ich den Rover lenkte. Es dämmerte bereits. Schatten entstanden wie dunkle Inseln, als wollten sie alte, verwunschene Geschichten und Ereignisse unter den Blicken der Menschen verstecken.
    Das Laub der Bäume ließ keinen Strahl mehr durch, denn die Sonne stand bereits tief im Westen. Sie hatte dort den Himmel gerötet, als wäre die Klappe eines Backofens geöffnet worden.
    Ich fuhr nicht schnell. Die Umgebung zwang mich praktisch dazu, mir Zeit zu nehmen. Zwischen den beiden Städten Preston im Süden und Lancaster im Norden verteilten sich nur kleine, weit verstreute Orte in einer hügeligen, waldreichen Landschaft, die den überwiegenden Teil der Provinz Lancashire prägte.
    Es war alles gut. Die Straße lud zu entspanntem Fahren ein. Ich erlebte ständig ein anderes Bild. Mal rahmten den Rand die dichten Laubbäume ein, dann wiederum befreite sich das schmale Asphaltband von seinen eigenen Schatten, als wollte es die Bäume nicht mehr sehen und sie weit in den Hintergrund schieben. Der Blick des Fahrers klärte sich dann, und auch ich sah auf die Hügel und die sie überragenden Berge, die nie zu hoch waren, aber schon ein imposantes Bild abgaben und mich dabei an eine wellige Mauer erinnerten.
    Nein, es war nicht alles gut!
    Zumindest nicht bei mir, denn ich spürte eine innere Unruhe, für die es äußerlich keinen Grund gab, denn es war niemand da, der mir hätte Böses tun wollen.
    Die Unruhe war trotzdem da, und sie blieb. Ein paarmal schon war ich versucht gewesen, anzuhalten, auszusteigen und einige Male um den Rover herumzugehen, um mich wieder lockerer zu machen. Da wäre ich dann körperlich fitter geworden, nicht aber innerlich.
    Ein Schweißfilm lag auf meiner Stirn und verteilte sich auch auf den Wangen.
    Es mußte wohl mit meinem Besuch in Claughton zusammenhängen. Dieser Ort in der Landschaft von Lancashire war mein Ziel. Denn dort wohnte eine Witwe namens Janine Helder, die mich vor zwei Tagen angerufen und zum Nachdenken gebracht hatte.
    Noch jetzt, wenn ich daran dachte, lief die Szene wie ein Film vor meinem geistigen Auge ab. Es war am frühen Abend gewesen, und ich hatte es mir in meiner Wohnung gerade bequem gemacht, als sich das Telefon, der moderne Quälgeist, meldete.
    Nach dem Abheben hatte ich zuerst kaum etwas gehört, abgesehen von schnellen, hastigen Atemzügen. Für mich kleine Alarmsignale, die dann ausblieben, als sich die Frau meldete.
    »John Sinclair?«
    »Ja, am Apparat.«
    »Mein Name ist Janine Helder.«
    »Okay. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich rufe aus Claughton an.«
    »Oh - muß ich das kennen?«
    Sie lachte leise auf, und es hatte wie eine Entschuldigung geklungen. »Nein, das brauchen Sie nicht, Mr. Sinclair. Ich weiß auch nicht, ob es gut ist, was ich hier tue, habe lange gezögert, ob ich Sie überhaupt anrufen soll, aber jetzt ist es nun mal passiert. Sie können sich kaum vorstellen, wie aufgeregt ich bin, ausgerechnet mit dem Mann zu sprechen, der… der… nun ja, ich…«
    Ich wollte die Frau beruhigen. Ihre Stimme war immer hektischer geworden. Worte wie die Begleiter eines Wasserfalls waren aus dem Mund hervorgeströmt, und zuletzt war sie leicht ins Stottern geraten. »Keine Sorge, Mrs. Helder, beruhigen Sie sich. Ich höre Ihnen gern zu.«
    »Ja, das ist gut.«
    »Worum geht es also?«
    Wieder hörte ich den langen Atemzug, auch das Räuspern, dann endlich war die Frau in der Lage, auf den Kern des Problems zu sprechen zu kommen. »Es geht um Ihren Vater, Mr. Sinclair!«
    Auf einmal war der Schmerz da. Wie eine Säge fraß er sich in meine Brust. Ich hatte Mühe, Luft zu bekommen, umfaßte den Hörer fester und zitterte unmerklich, als wäre eine gewisse böse Vorahnung in mir hochgestiegen. »Bitte reden Sie weiter, Mrs. Helder«, erwiderte ich leise.
    »Ich habe erfahren, daß er tot ist.«
    »Das stimmt leider.«
    »Und nun… ich weiß nicht, wie ich es Ihnen sagen soll, Mr. Sinclair. Ich möchte Ihnen mein Beileid aussprechen. Auch wenn der Tod Ihres Vaters schon länger zurückliegt.«
    »Danke. Die Wunden sind noch frisch. Und es ist nicht nur mein Vater ums Leben gekommen. Meine Mutter ebenfalls.«
    »Ja, das hörte ich auch. Ich kannte sie leider nicht. Sie muß eine liebe Frau gewesen sein.«
    »Sicher«, sagte ich, »das war sie.« Ich setzte mich, weil ich ahnte, daß dieses Gespräch länger dauern würde. »Sie haben also meinen alten Herrn gekannt?«
    »So ist
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