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Noch mehr Krimikatzen

Noch mehr Krimikatzen

Titel: Noch mehr Krimikatzen
Autoren: diverse Autoren
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liegt in der Tomales Bucht, und wir sehen jeden Morgen Silber- und Blaureiher, wenn wir uns zum Kaffeetrinken auf Deck begeben. Kim liebt vor allem die Silberreiher und sucht nach ihren Federn unter den Eukalyptusbäumen – sie verlieren sie während der Paarungszeit –, wo sie nur etwa hundert Meter von unserem Schiff entfernt nisten.
    Ich glaube kaum, daß sich Bud etwas aus den Silberreihern macht, aber er steht neben mir auf dem Deck, zündet sich eine Zigarette an und hüstelt. »Paradiesisch«, sagt er, als wir den Nebel über dem azurblauen Wasser aufziehen sehen. Seine Worte spiegeln die Empfindungen der Frau wider, die sich drei Meilen weiter um das Postbüro kümmert. »Na ja, noch ein Tag im Paradies«, schrieb sie kürzlich an die Gemeindetafel.
    »Ich bin es so leid, für Harry zu arbeiten«, erzählt Peg drinnen, »daß ich ihm sagen werde, er soll seinen Scheiß allein machen.« Peg hat drei Lieblingsausdrücke: Scheiße, verdammt und Himmel. »Ich bin soweit, ihm zu sagen, daß ich den Job hinschmeißen will. Weißt du, als ich hingefallen war und mir die Schulter gebrochen hatte, rief ich Harry sogar vom Krankenhaus aus an, um ihm zu sagen, daß ich an diesem Tag nicht käme, und der Hund zog es mir vom Lohn ab, obwohl ich mich auf dem Weg zur Arbeit befunden hatte.«
    Kim und ich haben diese Geschichte schon ein Dutzend Mal gehört, womöglich öfter.
    »Ich muß mir diese Scheiße von niemandem bieten lassen«, fährt Peg fort.
    Die Schiebetüren aus Glas, die Bud und mich von dem vorderen Raum trennen, stehen offen, so daß es einfach wäre, Peg zu verstehen, selbst wenn sie keine so schrille Stimme hätte. Ich beobachte, wie sie an ihrem Wein nippt. Obwohl sie in einem dieser schweren Ledersessel sitzt, in denen man fast versinkt, ist ihr Körper irgendwie starr.
    »Ich habe mir während meiner ersten Ehe genügend Scheiße bieten lassen. Einundzwanzig Jahre lang mußte ich mich mit einem Ehemann abfinden, der mich sogar schlug. Ich hätte ihn früher verlassen, wenn da nicht unsere Töchter gewesen wären. Und am Ende sind alle drei nach unserer Trennung bei ihm geblieben.« Peg hebt beschwörend ihre Hände hoch, verschüttet beinahe den Wein. »Himmel, hilf mir. Manchmal weiß ich nicht, wie ich das überlebt habe.«
    »Mein zweiter Mann war zehn Jahre jünger als ich. Er stammte aus einer alteingesessenen Familie in Bodega Bay, war aber drogenabhängig, und als ich ihn verließ, waren meine siebzigtausend Dollar für Kokain drauf gegangen.«
    Ich frage mich, wo Peg die siebzigtausend Dollar her hatte, aber ich versuche, nicht zu lauschen. Ihr Leben gleicht einer langen Beschwerdeliste gegen Exmänner, Liebhaber, Chefs, eine Aufzählung von Ungerechtigkeiten, die ihr vom Elternhaus und den Kindern zugefügt wurden. Ein trauriges Lied, schon tausendmal abgenudelt. »Meine siebzigtausend Dollar.« Das ist ein weiteres Lieblingswort von ihr, vielleicht ihr liebstes: mein, mein, mein. Sie scheint immer dazu auffordern zu wollen: Seht mich an. Und x-mal hat sie uns erzählt, wie heiß die Männer auf sie sind. Ein Polizist in der Stadt drohte ihr ein Strafmandat zu verpassen, wenn sie nicht mit ihm herummachen würde; ein Liebhaber in Georgia schloß sie im Wohnwagen ein, weil er nicht genug von ihr kriegen konnte. Er sei krankhaft eifersüchtig gewesen, behauptet sie, aber es sei ihr gelungen zu entkommen.
    Ich versuche mir Peg als Verfolgte vorzustellen. Sie verbirgt die Falten in ihrem Gesicht unter Make-up, obwohl gerade das die Aufmerksamkeit darauf lenkt. Ihr kräftiges blondes Haar ist kürzer geschnitten als meins, und ihr Brillendrahtgestell sieht aus, als stamme es aus einem Militärversorgungslager. Sie verströmt die Wärme eines Mannequins, aber dennoch geben sich Kim und ich immer noch Mühe, sie zu mögen. Immerhin gibt sie Bud etwas mehr zu tun, als bloß am Wochenende seine Hemden zu bügeln, zu Safeway zu gehen und seinen altersschwachen Spaniel spazieren zu führen. Bud mit seinen kaputten Beinen und seinem vierzehn Jahre alten sabbernden Hund mit den grauen Hängebacken.
    Marion tat Bud anfangs gut, als sie miteinander ausgingen, auch seinen beiden Mädchen, aber die Dinge änderten sich. Es begann im Bett und endete jedesmal mit diesem unanständigen Geräusch durch die Zähne, wenn sie ihn sah. Das könnte wieder passieren.
    Bud steht gegen die Reling gelehnt, und selbst in dem diffusen Licht wirkt er alt. Ich kann seinen Vater in ihm wiedererkennen.
    »Peg und ich wollten
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