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Nixenmagier

Nixenmagier

Titel: Nixenmagier
Autoren: Helen Dunmore
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gerät in Bewegung. Kleine Wellen schlagen an den Bootsrand. Ich beuge mich vor, gespannt, abwartend. Etwas liegt in der Luft. Jedes Geräusch, sogar das Plätschern des Wassers und das Rufen der Leute, scheint zu verstummen. Plötzlich schießt einer der Delfine hoch aus dem Wasser.
    »Er hat uns gesehen. Er will mit uns reden«, murmele ich in Conors Richtung. Mal schaut zu mir herüber.
    Conor dreht sich beiläufig um und flüstert mir ins Ohr: »Sei vorsichtig, Saph!«
    Mals Vater steht auf, steht mit gespreizten Beinen da, um im schwankenden Boot sicheren Halt zu finden, und greift zu seiner Kamera. »Von hier aus müsste ich ein paar richtig gute Fotos machen können«, sagt er.
    Ich habe mich geirrt. Von Ruhe kann keine Rede sein. Schallwellen laufen durchs Wasser. Die Delfine reden miteinander. Es sind mehr als ein Dutzend Stimmen, die sich vermischen und ein dichtes Gewebe schnalzender und pfeifender Geräusche entstehen lassen. Vorsichtig, um das Boot nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, stehe ich ebenfalls auf.
    »Pass auf, Saph!«, warnt Conor.

    Sie kommen an die Oberfläche. Sie wollen mit uns reden. Was geschieht hier?
    »Perfekt!«, sagt Mals Dad, nachdem er seine Fotos gemacht hat. »Aus denen werde ich bestimmt Poster machen.« »Pst, hört mal!«
    »Was ist?«, fragt Mal.
    »Nicht reden! Sonst kann ich nicht hören, was sie sagen.«
    »Es heißt, Delfine hätten ihre eigene Sprache«, pflichtet Mals Vater mir bei.
    Und plötzlich verstehe ich sie. Als hätte man bei einem altmodischen Radio den richtigen Sender gefunden. Es pfeift und knistert. Einer der Delfine springt so dicht neben uns aus dem Wasser, dass unser Boot ins Schaukeln gerät und Mals Vater fast das Gleichgewicht verliert.
    »Das ist ja unglaublich!«, flüstert er ergriffen. »Sie sind mir noch nie so nahe gekommen. Schaut mal, da drüben.«
    Es ist kein Männchen, sondern ein Weibchen. Ein erwachsenes Weibchen mit hell leuchtenden Flanken und kleinen, dunklen, intelligenten Augen, die mich vertraut anblicken.
    Natürlich, jetzt erkenne ich sie, vor allem an ihrer kräftigen Schwanzflosse, die sie durchs Wasser treibt, und an ihrer Rückenflosse. Ich weiß, wie sich ihre Haut anfühlt, wenn ich auf ihrem Rücken reite und das Wasser an mir vorbeirauscht. Ich kenne ihre Stimme und die Kraft der Muskeln unter ihrer Haut.
    »Hallo«, sage ich. Doch bringe ich nur ein klägliches Schnalzen und Pfeifen hervor, wie ein Baby, das Delfine nachahmt. Sie dreht sich um und entfernt sich ein Stück weit vom Boot, um dann in höchster Geschwindigkeit auf uns zuzuschießen. Drei Meter vor uns macht sie eine Vollbremsung,
sodass das Wasser um sie herum schäumt und brodelt. Ihre Augen funkeln mich an.
    »Wow, das ist ja unglaublich«, sagt Mal erneut. Obwohl er aus Cornwall kommt, versucht er wie ein Amerikaner zu klingen. Oder will er für einen Australier gehalten werden? Jedenfalls scheint er sich sehr cool zu finden.
    »Ich glaube, er will mit uns spielen«, sagt sein Vater. »Delfine sind sehr verspielt.«
    Aber sie will nicht spielen. Das höre ich ihr an. Dann macht sich eine Vielzahl anderer Stimmen bemerkbar. Sie alle stammen von Delfinen, die sich teils näher, teils weiter weg befinden. Gemeinsam weben sie einen dichten Klangteppich, doch höre ich ihre Stimme deutlich heraus.
    kommolek arvor trist arvor
truedhek arvor
arvor
kommolek
lowenek moryow
Indigo lowenek
    Die Sprache der Delfine klingt wie Musik. Ich kann ihr ein bisschen folgen, dann entgleitet sie mir. Sie zieht an mir vorbei, reizt und kitzelt mich, aber ich kann sie nicht festhalten.
    »Bitte hilf mir! Ich kann nicht verstehen, was du sagst.«
    Sie ist dem Boot jetzt sehr nahe, schaut mir direkt in die Augen und versucht, mir ihre Nachricht zu übermitteln. Aber ich kann sie nicht entschlüsseln, komme einfach nicht an sie heran. Mein Gehirn arbeitet unter Hochdruck, als wäre ich drauf und dran, eine komplizierte Matheaufgabe zu lösen.

    Dann bricht die Verbindung ab.
    »Hey, Sapphire, das war toll, wie du die Delfinsprache nachgeahmt hast!«, sagt Mal, während der Delfin abdreht und zu seiner Herde zurückschwimmt. Ich glaube, dass seine Anerkennung nicht echt ist, aber das behalte ich für mich. Conor sieht schweigend zu mir herüber und will, dass ich endlich die Klappe halte, statt noch mehr Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Und natürlich lege ich nicht den geringsten Wert darauf, in St. Pirans als durchgeknalltes Mädchen bekannt zu werden, das mit
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