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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted
Autoren: Cassie Alexander
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Patienten aus ihren Betten kriechen, oder wenn er Gott
bewahre tatsächlich mal selbst hier wäre, um es zu sehen …«
    Ich blinzelte verwirrt. »Willst du damit sagen, dass
so etwas öfter vorkommt?«
    Â»Ungefähr einmal pro Jahr.« Sie zuckte mit den
Schultern. »Niemand glaubt der Nachtschicht.«
    Ich war mir nicht sicher, wie ich mich dadurch besser
fühlen sollte, aber wahrscheinlich würde es das Gespräch abkürzen, wenn ich
einfach so tat als ob. »Tja, das ist ja super.« Erst da fiel mir meine Hand
wieder ein. Sie tat an der Stelle, wo Mr. November mich gebissen hatte,
ziemlich weh. Ich musterte sie verstohlen, während Gina die Taschen des Mantels
durchsuchte. Falls er überhaupt meine Haut verletzt hatte, ließ sich die Stelle
nicht mehr genau ausmachen. Aber es entwickelte sich ein dunkler Bluterguss an
dem Punkt, wo seine Zähne gewesen waren.
    Â»Na, das ist ja interessant«, meinte Gina.
    Hastig versteckte ich meine linke Hand hinter dem
Rücken und schaute hoch. Gina hielt zwei kleine Fläschchen in der Hand, auf deren
Seiten jemand mit rotem Nagellack Kreuze aufgemalt hatte.
    Â»Weihwasser?«
    Gina sprühte etwas davon in die Luft und schnüffelte.
»Unbekannter Jahrgang, und wer weiß schon, womit es verschnitten wurde?« Sie
reichte mir die Fläschchen, die ich mit meiner gesunden Hand entgegennahm. »Leg
sie in die Schachtel für den Verbrennungsofen.«
    Die Glasfläschchen klimperten, als ich die Hand um
sie schloss. Es waren zweckentfremdete Parfumflakons – meine Mom war früher
Avon-Beraterin gewesen, deshalb erkannte ich das Design. »Warum sollte ein
Vampir Weihwasser mit sich führen?«, fragte ich.
    Â»Vielleicht war er nicht sonderlich beliebt?« Gina
zuckte mit den Schultern.
    Das Gefühl kannte ich. Ich spähte wieder auf meine
Hand und glaubte, dem Bluterguss plötzlich dabei zusehen zu können, wie er sich
ausbreitete. Vielleicht war es ja auch nur Einbildung, aber … »Äh, Gina?«,
fragte ich und unterbrach sie bei der Durchsuchung der Hosentaschen.
    Â»Ja?«
    Ich streckte ihr meine verletzte Hand entgegen. »Er
hat mich gebissen.«
    Gina kniff die Augen zusammen, dann fuhr sie mit
ihrem in Latex verpackten Daumen über meine nackte Haut, auf der Suche nach
einem verräterischen Fetzen aufgerissener Haut. »Das war dämlich.«
    Â»Ich weiß.« Ich beobachtete, wie sie meine Verletzung
weiter untersuchte, und wünschte mir, sie würde irgendetwas Beruhigendes sagen.
    Â»Sieht im Moment nur nach einem Bluterguss aus.
Behalte es im Auge.« Sie ließ meine Hand los. »Du hast doch nichts von seinem
Blut abgekriegt, oder? Dann gab es wahrscheinlich auch keinen Kontakt.«
    Wahrscheinlich? War mir das genug? Nicht, wenn es
darum ging, ob ich eventuell zum Vampir werden würde. Aber ich biss mir auf die
Zunge und nickte nur, als wären das gute Neuigkeiten, während sie aus dem
Zimmer ging und mich mit einer Leiche allein ließ.
    Â 
    Ich vervollständigte
meine Aufzeichnungen und wartete dann auf die Ankunft des Gerichtsmediziners.
Als er endlich kam, entpuppte er sich als mürrischer Typ im dunklen Anzug. Das
einzig Bunte an ihm war seine Krawattennadel, ein leuchtend grünes Adventsgesteck
über einer amerikanischen Flagge. Vielleicht besaß er eine für jede Jahreszeit
– und ich war nur ein paar Tage zu spät dran, um den Flaggen schwenkenden
Thanksgiving-Truthahn zu bewundern. Er trug einen Handstaubsauger unter dem Arm
und ein Päckchen Staubsaugerbeutel in der Hand.
    Ich folgte ihm in das Krankenzimmer, nur durch Maske
und Handschuhe geschützt, und sammelte Mr. Novembers Habseligkeiten ein, damit
sie seinen Staubsaugerbeuteln ins Jenseits folgen konnten: Schuhe, Hemd, die Hose,
die Gina fallen gelassen hatte – und die eine Beule in einer Tasche aufwies.
Als ich hineingriff, fand ich eine silberne Taschenuhr. Auf der Rückseite war
ein verschnörkeltes, goldenes A eingraviert.
    Krankenschwestern sind von Natur aus kleptomanisch
veranlagt. Man will sich schließlich nicht ohne genügend Ausrüstung in einem
Krankenzimmer wiederfinden, also steckt man jedes Mal, wenn man am
Medikamentenwagen vorbeikommt, eine Spritze mit Kochsalzlösung ein. Wenn man
nicht aufpasst, sieht man am Ende einer Schicht aus wie ein vollgestopftes
Backenhörnchen. An manchen Tagen fällt es einem schwer, sich
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