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Nick Stone 07 - Schattenkiller

Nick Stone 07 - Schattenkiller

Titel: Nick Stone 07 - Schattenkiller
Autoren: Andy McNab
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zog einen mit den Zähnen ab, griff in die oberste Tasche des Gore-Tex-Overalls und holte zwei weitere Imodium-
    Kapseln hervor - ich versuche, meinen Stuhlgang auf die Nacht zu verlegen.
    Motorengeräusche kamen rechts von mir durchs Tal. Ich hob den Feldstecher und beobachtete eine Kolonne schlammbedeckter Planwagen, die zur Fabrik rollten. Sie sahen alle so aus, als hätten sie schon einige Winter hinter sich. Als sie näher kamen, stellte ich fest, dass die Fahrer serbische Uniformen trugen.
    Sie fuhren aufs Fabrikgelände und drehten dort. Auf den Ladeflächen sah ich Köpfe, die hin und her ruckten, viele von ihnen in Kopftücher gehüllt. Die Gefangenen saßen eingezwängt zwischen serbischen Wächtern, und es waren nicht nur Männer und Frauen. Es befanden sich auch Kinder unter ihnen.

 
3
    Die Serben, die hinten gesessen hatten, mit ihren AKs auf den Knien, sprangen von der Ladefläche, rauchten und scherzten miteinander. Die muslimischen Zivilisten kletterten nach ihnen herunter. Sie waren verängstigt und verwirrt, in Decken und andere Dinge gehüllt, um sich vor der Kälte zu schützen. Ihr Atem bildete dichte Wolken, als sie sich zusammendrängten.
    Die Tellerwäscher hörten auf, Fußball zu spielen. Es gab ein neues Spiel. Sie ließen den Kopf achtlos liegen und schlenderten zu ihren Waffen.
    Weitere Ladeklappen öffneten sich, und es erklangen Schreie. Kinder weinten, als sie von ihren Müttern getrennt und hinter den ehemaligen Verwaltungstrakt geführt wurden. Aus den übrig bleibenden Männern, Frauen und Jugendlichen bildeten die Serben zwei Gruppen. Es sah nicht gut aus.
    Seit Ende August war dies mein dritter Paveway-Job. Die Theorie lautete: Die Auslöschung des serbischen Kommandos würde die Truppen ins Chaos stürzen, und dann hätten die Muslime vielleicht eine Chance gegen die viertgrößte Armee Europas.
    Die ersten beiden von mir getroffenen Ziele waren Kommandanten von Brigaden der ethnischen Säuberung gewesen. Ich hatte die Schreckensgeschichten gehört. Nach dem Beschuss kamen die Serben und trieben alle zusammen. Die Männer wurden von den anderen getrennt und abgeknallt. Anschließend kamen die Frauen und Kinder an die Reihe; sie fanden das gleiche Ende wie ihre Ehemänner und Väter. Wer das Pech hatte, weiblichen Geschlechts und zwischen vierzehn und dreißig zu sein, wurde vergewaltigt, oft mehrmals. Einige von ihnen wurden getötet, viele erst freigelassen, wenn sie im siebten Monat schwanger waren.
    Andere mussten sich prostituieren. Die Serben verkauften sie für Geld oder Drogen, an Händler, die überall den Soldaten folgen und mit beiden Seiten Geschäfte machen. Ein weißes Mädchen brachte in diesen Tagen bis zu fünfzehntausend Dollar ein.

 
4
    Ich sah auf die Uhr. Die Serben würden eine halbe Stunde brauchen, um die Gefangenen zu erledigen. Wenn ich den Luftangriff jetzt einleitete, hatten einige dieser Leute vielleicht eine Chance, falls sie die Explosion überlebten. Als ich einen Geländewagen über den Weg zur Fabrik kommen sah, hätte ich gern die Hand nach dem Sender ausgestreckt, aber sie rührte sich nicht von der Stelle. Das war nicht die Mission. Meine Aufgabe bestand darin, ein Leben auszulöschen, nicht, welche zu retten. Es war keine besonders gute Wahl, und ich wusste, dass ich während der nächsten Wochen um drei Uhr morgens schweißgebadet aufwachen und mich wie ein Mistkerl fühlen würde, weil ich nichts unternommen hatte. Aber verdammt, wir alle müssen einmal sterben. Ich wünschte nur, dass ich nicht derjenige mit dem Finger auf dem Knopf gewesen wäre.
    Die Trennung war fast komplett, bis auf die Mutter eines Jungen, die einen Soldaten anflehte. Die Tellerwäscher traten sie und versuchten, ihren Sohn fortzuziehen und zu den Männern zu bringen. Sie klammerte sich so fest an ihn, als ginge es um ihr eigenes Leben. Er schien kaum älter als dreizehn zu sein.
    Die Ankunft des Geländewagens, ein ungewöhnlich sauberer Landcruiser, versperrte mir kurz den Blick auf die Gruppe. Die Tür öffnete sich, und ein schmächtiger Mann stieg aus, mit langem Bart und nicht sehr groß. Ruhig schritt er zu der Mutter und ihrem Sohn.
    Der Mann schien über den Schlamm zu schweben, und die Blicke der Serben klebten förmlich an ihm. Der Neuankömmling flehte nicht, verzichtete auch auf beschwörende Gesten. Er hob nur die Hände und sprach. Ich beobachtete ihn durch den Feldstecher. Er war Anfang oder Mitte zwanzig, trug eine russische Pelzmütze und einen
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