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Nichts bleibt verborgen

Nichts bleibt verborgen

Titel: Nichts bleibt verborgen
Autoren: Knut Krueger
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sie durch ein Kaleidoskop.
    Der Trubel der Paradiesbucht war nur noch ein fernes Summen, dafür traten die Gerüche umso stärker hervor. Nie zuvor hatte Franziska so deutlich die verschiedenen Aromen von Luft, Erde und Meer unterscheiden können. Sie roch die salzige Schärfe des Tangs sowie den süßlich-würzigen Duft der sich wiegenden Gräser, die beim Gehen ihre nackten Zehen kitzelten.
    Doch war da noch ein anderer Geruch, den sie nicht identifizieren konnte. Wie der Anflug von etwas Metallischem, das sie aus irgendeinem Grund mit den anthrazitfarbenen Felsen, die den Trampelpfad säumten, in Verbindung brachte.
    Als das Strandbad mit seinem Kiosk und der großen Liegewiese in ihr Blickfeld geriet, waren nur noch wenige Leute im Wasser. Am Ufer flackerten bereits die ersten Lagerfeuer, deren Rauchschwaden rätselhafte Muster in die Luft malten. Von der weißen Holzterrasse des Strandrestaurants drang das Klirren von Gläsern zu ihnen herüber.
    »Habt ihr einen Treffpunkt ausgemacht?«, fragte Franziska.
    »Nicht direkt.«
    »Und indirekt?«
    »Auch nicht.«
    Franziska stellte die Kühltasche ins Gras und stemmte die Hände in die Hüften. Eigentlich mussten ihre beiden Klassenkameraden hier am Strand doch ein auffälliges Pärchen abgeben.
    Der schlaksige Håkon war vermutlich der einzige Junge weit und breit, dessen Haare bis zu den Schultern reichten, und Elias, der noch vor Kurzem mit Bärchen und Entchen verzierte Klamotten getragen hatte, kleidete sich mittlerweile nur noch in einer einzigen Farbe: Schwarz. Seine strohblonden Haare, die ihm stets wie eine Bürste vom Kopf abgestanden hatten, hingen ihm jetzt als geschwungene Tolle im Gesicht und verdeckten mindestens ein Auge. Manche behaupteten, Elias wäre auf dem besten Weg zum Emo, doch Franziska zweifelte daran, dass er wusste, was ein Emo war.
    Dann geschahen drei Dinge gleichzeitig.
    Erstens erblickte Franziska Elias, der, mit schwarzer Badehose und schwarzem T-Shirt bekleidet, auf einem Felsen hockte und Löcher in die Luft guckte.
    Zweitens rief Håkon, der bis zu den Knien im Wasser stand, Alex’ Namen und winkte wie wild.
    Und drittens schrie irgendwo eine hysterische Frauenstimme: »Es brennt! Es brennt!«
    Franziska fuhr herum, konnte jedoch weder erkennen, wer geschrien hatte, noch, was den Schrei ausgelöst haben mochte. Erst auf den zweiten Blick sah sie, dass unter den Bäumen, etwa fünfzig Meter von der Liegewiese entfernt, ein einzelner Mülleimer lichterloh in Flammen stand. Aus der Entfernung glich er einer lodernden Fackel. Zwei Kinder standen ratlos daneben. Ein Glatzkopf scheuchte sie hektisch weg und versuchte den Brand mit einer Wasserflasche zu löschen, was so gut wie keine Wirkung zeigte.
    Binnen Sekunden brach ein lärmender Tumult los. Eine dicke Frau in einem geblümten Badeanzug warf couragiert ihr Badehandtuch über den Mülleimer, der bedrohlich nahe an einer Parkbank und am knochentrockenen Unterholz stand. Doch es qualmte nur kurz, ehe die Flammen wieder die Oberhand gewannen. Erst einem geistesgegenwärtigen Kellner, der aus dem Strandlokal gestürzt war, gelang es schließlich mithilfe eines Feuerlöschers, den Brand zu ersticken.
    Weißer Nebel, den der Löschschaum verursacht hatte, kroch über den Boden und hüllte die Stämme der umstehenden Bäume ein, was Franziska an einen Horrorfilm denken ließ, den sie einmal gesehen hatte.
    Als der Kellner lässig wie James Bond zum Strandrestaurant zurückschlenderte, brandete frenetischer Beifall auf. Vereinzelte Bravorufe waren zu hören, woraufhin er den Feuerlöscher demonstrativ über den Kopf streckte.
    Doch die heitere, ausgelassene Stimmung, die eben noch geherrscht hatte, war im Nu einer Mischung aus Anspannung und Beklommenheit gewichen. Allgemeines Kopfschütteln und Schulterzucken. Niemand schien zu wissen, was den Brand ausgelöst hatte und wie er sich so schnell hatte entwickeln können.
    »Echt krass«, sagte Elias, der plötzlich neben ihnen stand. Die Freunde stießen ihre Fäuste aneinander. Nach kurzem Zögern tat Franziska dasselbe. Besser, sich idiotisch begrüßen als gar nicht, dachte sie.
    »Vielleicht hat irgendein Schwachkopf seine Zigarettenkippe in den Mülleimer geworfen«, mutmaßte Alexander. »Oder eine Glasscherbe war schuld. Die bündeln das Licht wie ein Brennglas, wenn die Sonne draufscheint.«
    »Aber dazu steht die Sonne eigentlich schon zu tief«, gab Håkon zu bedenken.
    In letzter Zeit war wiederholt vor erhöhter Wald
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