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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen
Autoren: Claus Vaske
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ernsthaft erschrocken, dass Yvonne die Agentur so mir nichts, dir nichts verlassen hat. Wie wird er erst reagieren, wenn er erfährt, dass ich
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ebenfalls verlassen will?
    Ja, ich werde kündigen, mir ist es lieber so, ich will auf eigenen Beinen stehen, selbst erfolgreich sein, in Zukunft möchte ich unabhängig sein von der Männerfreundschaft meines Mannes. Außerdem habe ich genug davon, alle paar Wochen mit einer neuen, hüftwackelnden Junior-Tralala konfrontiert zu werden. So habe ich es mir vorgenommen, und deshalb hatte ich Johannes um dieses Gespräch gebeten.
    »Scheiße, das kannst du mir nicht antun«, flucht er, »du kannst nicht kündigen.«
    »Wieso?«
    »Der Mann von der Stilsken lobt dich über den grünen Klee. Er will nur mit dir arbeiten. Und ich brauch den Kunden.«
    Nach einem langen, intensiven und sehr freundschaftlich geführten Gespräch verlasse ich Johannes’ Büro. Stimmt, ich kann nicht kündigen – jetzt nicht mehr, als Teilhaberin. Er hat mir die Hand drauf gegeben. So kann’s gehen. Damit habe ich auch ein Mitspracherecht, was die Auswahl neuer Mitarbeiterinnen betrifft. Wer weiß, vielleicht ist Johannes’ nächste Praktikantin lesbisch.

59
    Nüchtern werden die Kerle uns die Story nie abkaufen, so viel ist klar, deshalb habe ich Wein bereitgestellt, viel Wein, süffigen Wein, und zur Begrüßung gab’s gleich einen Martini. Vielleicht hilft der Alkohol. Maryam und ich haben ein Großreinemachen versprochen, die Wahrheit soll auf den Tisch, aber natürlich appetitlich serviert zwischen zwei Gängen eines Dinners. Nur leider bin ich viel zu nervös zum Kochen. Die Mörbissuppe habe ich noch einigermaßen hinbekommen, da kann man nicht viel falsch machen, aber die Dorade misslingt mir völlig! Zwei der Biester zerbröseln, als ich sie aus der Grillpfanne auf die Teller hieven will, es entsteht ein Mus aus Fischfilet, Kräutern und Gräten.
    Als gute Gastgeber werden Tom und ich mit den missratenen Portionen vorliebnehmen. Noch dreht sich das Gespräch darum, wie Maryam und Moritz zueinander gefunden haben, und so hemmungslos, wie die beiden vor Tom flunkern, könnte ich auch glattweg behaupten, ich wäre das hilflose Opfer eines Justizirrtums.
    »Eine schwierige Zeit. Wir haben uns nicht mal getraut, im Gerichtsgebäude Händchen zu halten.«
    »Wir sind uns sogar bewusst aus dem Weg gegangen, ihr wisst doch, Befangenheit und so.«
    »Im Prozess, da hat’s dann endlich gefunkt. Das war schön«, schwärmt Moritz.
    »Ja. So schön«, schmachtet Maryam zurück.
    Klar. Wenn das so weitergeht, ist sie spätestens beim Nachtisch wieder Jungfrau.
    Ich entschuldige mich für die dahingemeuchelte Dorade, Moritz versucht sich an einem scherzhaften Kompliment: »Sie sind auf jeden Fall als Köchin besser als als Mörderin.«
    Peng! Damit ist das Thema auf dem Tisch, es geht zur Sache. Nachdenklich mümmelt Moritz den trockenen Fisch: »Was ich mich die ganze Zeit frage …«, beginnt er, er schaut mich an, »weshalb wollten Sie unbedingt verurteilt werden?« Er schaut Tom an: »Wo waren Sie die ganze Zeit?« Er schaut wieder Maryam an: »Und weshalb hast du das Spiel mitgemacht?« Er schaut mich an: »Weshalb haben Sie diese unglaublichen Märchen aufgetischt?«
    Damit hat er gleich jeden wunden Punkt angesprochen, und wir sind noch nicht mal bei der zweiten Flasche Wein. Ob die Männer so nüchtern schon für die Wahrheit bereit sind? Tom hustet, er hebt entschuldigend die Hand, er kann vorerst nicht sprechen, ein Krümel im Hals.
    »Noch Wein?« Vorsorglich schenkt Maryam reichlich nach, und ich gehe im Stillen noch mal die Argumentation durch, die ich mir für diesen Moment zurechtgelegt hatte: Dass es keine logische Erklärung gibt und ich sie deshalb bitte, meiner Geschichte zuzuhören, mag sie in ihren Ohren noch so verrückt klingen.
    Männer hassen nun mal alles, was unerklärlich, widernatürlich oder in irgendeiner Weise esoterisch erscheint. Sie hätten die Welt gern einfach. Für sie ist das Leben wie ein Auto: Solange es einen Motor und vier Reifen hat, wird’s schon fahren, alles Weitere steht in der Bedienungsanleitung. Und jetzt komme ich daher und behaupte völlig aberwitzig, mein Schwein kann hupen.
    Toms Husten wird stärker. Hm, da sitzt wohl etwas fest. Ich sehe ihn an: »Schatz, brauchst du ein Glas Wasser?« Aber da ist er schon ganz rot im Gesicht.
    O mein Gott! Mein Mann erstickt, ihm muss eine Gräte im Hals steckengeblieben sein. Maryam kapiert als
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