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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen
Autoren: Claus Vaske
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keinen mehr hochkriegt. Und es heißt Yvonne. Ich hab heut Nacht noch sein Handy gecheckt.«
    »Ich komm vorbei.«
    »Bring was Salziges mit.«

6
    Als es klingelt, rennt MacLeod schwanzwedelnd und so laut bellend zur Tür, dass ich spontan beschließe, nach der Scheidung das Sorgerecht für ihn an Tom abzutreten.
    Der Kater ist fließend in eine handfeste Migräne übergegangen. In meinem Kopf scheppert es wie aus maroden Lautsprechern. Ich schleppe mich zur Tür, mache Maryam auf und trotte gleich wieder zurück ins Wohnzimmer, aufs rettende Sofa.
    Maryam hockt sich neben mich auf die Sofakante, holt Notizblock und Filzstift aus ihrer Aktentasche. »O mein Gott. Das ist ja furchtbar.« Ihr ist der riesige Rotweinfleck aufgefallen, der die Wand ziert.
    Für mich aktuell zweitrangig in Anbetracht der Kernschmelze, die unter meiner Schädeldecke abläuft. »Na und? Kriegt er eben das Haus, soll er sich drum kümmern.«
    »Fakt ist: Du kannst dich nicht scheiden lassen!«
    »Ich weiß, wir sind das letzte glückliche Paar, das du kennst, bla bla bla. Vergiss es.«
    »Nee, nix glücklich, Nicole. Eine Scheidung bringt dich um. Finanziell. Deswegen.«
    »Kann nicht schlimmer sein als diese Migräne.«
    Maryam zückt den Filzer, sie zieht die Kappe ab und wirft wilde Skizzen aufs Papier. Häuser, eine Bank, noch ein Haus. Und dazwischen ein paar Pfeile.
    »Euer Haus gehört der Bank, seine Firma kann er sich arm rechnen, das heißt, Unterhalt kannst du vergessen. Wovon willst du leben?«
    »Ich hab ’nen Job.«
    »Bei seinem besten Freund in der Agentur.«
    »Ey, der wird mich doch nicht feuern, nur weil …!?«
    Maryam seufzt: »Er wird.«
    Ich seufze: »Er wird.«
    Sie hat recht. Johannes ist nicht nur bei
zwonullzwo
mein Chef, sondern gleichzeitig auch Toms bester Kumpel, sie teilen ihr Faible für alte Autos, seit sie gemeinsam auf Bobbycars gesessen haben. Heute stehen ihre Oldtimer einträchtig nebeneinander in einer Scheune irgendwo im Taunus. Und Johannes ist ein notorischer Weiberheld. Hielte er zu mir, dann bestimmt nur aus einem einzigen Grund: um auch mich mal flachzulegen. Deshalb flehe ich Maryam an: »Hol mich hier raus. Bitte!«
    »Gut, wenn du meinst. Für eine Scheidung gibt es aus meiner Sicht drei Optionen.«
    Auf einmal sind die Kopfschmerzen wie weggeblasen, ich hänge an Maryams Lippen. »Entweder du gibst alles auf, schränkst dich ein und akzeptierst die Armut. Oder jubelst Tom auf den letzten Drücker noch ein Kind unter. Oder du suchst dir einen steinreichen Lover und lässt dich von dem durchfüttern.«
    Toll. Arm, schwanger oder Nutte. Prima Optionen. »Das … das ist doch Horror, Maryam! Vor allem wird man in diesem Land gewarnt: vor Hautkrebs, vor durchfahrenden Güterzügen, vor Taschendieben …! Man wird sogar gewarnt, dass Rauchen tötet und dass man kein T-Shirt bügeln soll, während man’s anhat. Warum warnt einen keiner vorm Heiraten?«
    »Ich verstehe dich.« Maryam steckt die Kappe auf den Stift, sie schließt ihr Notizbuch und nimmt die Brille ab, dann verkündet sie leise und voller Anteilnahme: »Die Alternative …«
    »Ja??«
    »… wäre Mord. Ist auch nicht so teuer.«

7
    Wie zur Hölle führt man ein Beziehungsgespräch? Ich hatte noch nie eins. Also, keins wegen einer Krise. Klar, wir haben uns schon gestritten, ein paarmal sogar angeschrien, aber da war immer so was wie Respekt und Verständnis im Spiel, und hinterher gab’s Versöhnungssex, der ja bekanntermaßen der beste ist.
    Wie fängt man an? »Du, wir müssen reden?« »Was hat sie, was ich nicht habe?« Oder: »Könntest du deine Sonnenbrille abnehmen, damit ich dir schon mal eine reinhaue?« Hm. Klingt alles irgendwie nach
Lindenstraße
, also nach Verzweiflung und Leiden.
    Dass ich von dieser Yvonne weiß, werde ich ihm noch verschweigen. Man sollte nicht gleich alle Asse auf den Tisch legen.
    Und dann ist alles ganz wunderbar. Als ich höre, dass er vorfährt, springe ich schnell in die Küche und tue so, als müsste ich noch Geschirr wegräumen.
    »Hallo Scha-hatz. Schatz? Wo bist du?« Wie mit Autopilot findet er den Weg zu mir, klar, ich gebe mich abweisend und verärgert, aber er nimmt mich einfach liebevoll in den Arm.
    »Entschuldige, ich war ein Trottel.«
    Noch zicke ich. So einfach werde ich nicht weich, dieses Mal nicht! Er holt einen großen Umschlag hervor, ich rechne, während ich ihn öffne, mit allem Möglichen; was man so denkt, wenn man zu viel Zeit zum Grübeln hatte, vom
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