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Nicht ohne Beruf (German Edition)

Nicht ohne Beruf (German Edition)

Titel: Nicht ohne Beruf (German Edition)
Autoren: Thea Derado
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erfahren.
    Unsere liebe Romi hat nämlich mal wieder die Straße gemessen! Am Freitag. Nein kein Dreizehnter! E in12.!
    Sie trieb es hinaus, unter Leute zu ko mmen. In der Freien Selbsthilfe wollte sie alte Klamotten abliefern, die andere wegwerfen, die sie aber liebevoll auf ‚fast neuwertig’ trimmt. Dafür bekommt sie, falls es verkauft wird, ein paar Cent.
    „Lass mich doch!“, wehrt sie ab, wenn man ihr den guten Rat gibt, nun allmählich damit au fzuhören.
    Unterdessen ist Herbst und Schuhe mit d icken Sohlen sind dran. Muttis Beine haben aber im letzten halben Jahr sehr an Kraft verloren, so dass ihr die Schuhe viel schwerer vorkommen als früher. Sie kriegt die Füße gar nicht mehr richtig vom Boden weg. Was Wunder, dass sie an Wurzeln und Pflastersteinen hängen bleibt. Gleich zweimal hat sie sich die Knie aufgeschlagen. Zum Glück nichts Schlimmeres!
    Tags darauf, nachdem sie sich am Vormi ttag noch tapfer zum Wochenmarkt gequält hat, beichtet sie mir ihren Kniefall. Wie schon einmal, kann ich nun sagen:„Du, du! Wenn du dir was brichst, steht du vielleicht nie wieder auf.“
    „Ach, wenn man nicht mehr rausgehen kann, dann lohnt es sich doch nicht mehr.“
    Da hat sie doch gerade erst wieder ihre Freude am Leben aufgefrischt und noch vor wenigen Tagen gesagt: „Ich habe noch so viel vor! Es gibt noch so viel schöne S achen! Ich kann noch nicht sterben!“ und
    „Man kann gar nicht so schnell leben, wie das Leben kurz ist!“  Und nun so was!
    Da muss was unternommen werden!
    V or einigen Wochen winkte sie noch ab, als ich so ein Wägelchen erwähnte.
    Nach dem Sturz war sie gar nicht mehr so abweisend. Also hole ich von ihrem Hausarzt einen Überweisungsschein für den Orthopäden, von dem dann ein Rezept. Ich habe am Telefon von einer ‚Gehhilfe‘ gesprochen. Krücken wollen die mir in die Hand drücken! Davon habe ich ein jede Menge. - So lerne ich das Wort Rollator.
    Der zuständige Laden ist nur um zwei Ecken. Mit meiner 91 Jahre jungen Frau Mutter kutschiere ich bis zur Ladentür. Da stehen schon die Modelle zur Auswahl.
    Romi strahlt vor Begeisterung. So einen glückl ichen Kunden hat der Laden nicht alle Tage! Das gute Stück ist blau, in der Höhe verstellbar, hat zwei Handbremsen, Feststellbremsen an beiden Seiten. Zusammengeklappt passt es in den Kofferraum.
    „Dich hat mir der Himmel geschickt!“, j ubelt meine Mutti. Tüchtig kurvt sie mit der Neuanschaffung in der Wohnung rum, testet die Breite der Türen.
    „Bei allem Ernst, das macht richtig Spaß!“
     
     
     
    Besuch bei den Großeltern         
     
    Die Eltern meiner Mama, lebten in einem nahe Freiberg gelegenen Ort, Oberschaar. Mein Großvater war dort Bürgermeister und unterhielt einen Mühlenbetrieb mit anhängender Bäckerei.
    Oh, welch ein Duft strömte einem entg egen, wenn man das Haus betrat! Der Backofen war so ins Mauerwerk eingebaut, dass er gleich noch zwei Wohnräume mit erwärmen konnte und noch ein kleines Amtszimmer, wo Großvater die Steuern der Ortsbewohner einnahm, um sie dann in die Kreisstadt Freiberg zu bringen. Das tat er zu Fuß, denn an einen Bus oder andere öffentliche Verkehrsmittel war damals gar nicht zu denken.
    Bei seinen Gängen in die Stadt brachte er uns in den schlechten Zeiten auch hin und wieder etwas zur Bereicherung unseres Speiseplanes, wofür wir sehr dankbar w aren. Stets ein Säckchen Mehl, einmal auch ein Stück Butter.
    Daran erinnert mich mein schlechtes Gewissen heute noch! Da stand das Stück guter Landbutter auf dem Küchentisch, meine Mama war in der Stube beschäftigt. Dem Anblick konnte ich Naschkatze nicht widerstehen: Von unten höhlte ich das Stück immer mehr aus, bis nur noch eine kümmerliche Hülle übrig blieb. Als es entdeckt wurde, bekam ich mal wieder die lockere Hand meiner Mama zu spüren!
     
    Eifrig tippe ich Muttis handschriftliche Notizen in den Computer und bringe ihr dann den Ausdruck zur Durchsicht.
    Das ist nun schon das dritte oder vierte Mal, dass die lockere Hand der Ahnfrau erwähnt wird. So etwas vergisst offenbar keiner! Auch ich nicht!
    Die ‚locker e Hand hat Leni geerbt; und nicht zu knapp! Schlimm war, ihre Schläge zielten immer auf die Ohren und ins Gesicht! Und ich hatte in der Kindheit schon genug an Mittelohrentzündung zu leiden.
    W enn ich das Thema nur von Ferne erwähne, kriegt Mutti ‚Zustände‘. Ich würde riskieren, dass ihr Herz stehen bleibt. Na, wer will das schon. Dabei würde ich so gerne hören, dass es
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