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Nicht ohne Beruf (German Edition)

Nicht ohne Beruf (German Edition)

Titel: Nicht ohne Beruf (German Edition)
Autoren: Thea Derado
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peinlich, das Gleiche zu tun. Also schluckte ich tapfer das harte Zeug in mich hinein.
    Später war ich bei anderen Schulfreundi nnen eingeladen und war ein stets dankbarer Tischgast.
     
    Mit Schulfreundinnen, die in meiner Nähe wohnten, traf ich mich zum gemeinsamen Schulweg. Eine halbe Stunde brauchten wir schon. An Straßenbahn oder gar Schulbus war gar nicht zu denken.
    W ährend des Krieges gab es eine Straßenbahn: von Schloss Freudenstein am Stadtrand zum Hauptbahnhof. Ich kann mich vage erinnern, dass ich einmal mit einem größeren Mädchen für ca. fünf Pfennige mitfuhr. Diese ‚Tram’ wurde jedoch kurz vor Kriegsende eingeschmolzen, um Kanonen für die Front daraus zu machen.
     
    Hatten wir die Stadtmitte erreicht, sahen wir am Obermarkt ein Denkmal Otto des Reichen aus dem Jahre 1897, das Brunnendenkmal. Gegenüber Apotheke Stein und Rathaus, mit dem in Stein gemeißelten Kopf des berühmt-berüchtigten Kunz von Kaufingen aus dem 15. Jahrhundert: Wegen nicht erhaltener Außenstände vom sächsischen Kurfürsten entführte er dessen zwei Söhne. Für die beiden Prinzen, die Kunz gut kannten, war das ein lustiges Abenteuer. Nicht so für den Kurfürsten, der zugleich auch oberster Richter war. Eine gute Gelegenheit, einen lästigen Kläger los zu werden! Das Ende vom Lied war, Kunz v. K. landete im Kerker und wurde am 14. Juli 1455 enthauptet. Noch heute zeigt eine Steinplatte den darunter gelegenen Kerker an. Wir machten immer einen großen Bogen drum herum oder bespuckten Kunzens Kopf.
 
    Vorbei ging es an einer großen Brauerei, die jenseits des grünen Stadtgürtels lag. Die Maische, die Gär-Rückstände der Brauerei, roch man schon von Weitem.
    Dann erreichten wir unsere Schule. Ha ndelsschule, Realgymnasium, Knabenschule, nur durch einen Holzzaun voneinander getrennt. Alle im selben Stadtviertel.
     
    Im Sommer durfte ich abends noch raus zum Spielen mit meinen neuen Freundinnen, die nur ein paar Häuser weiter wohnten. Die Straße war für uns Spielstraße, ohne Gefahr zu laufen, in ein Auto zu rennen. Die gab es kaum. Nur ein alter Arzt fuhr einen Wagen. Wenn es dunkel wurde, spielten wir Räuber und Schambambel (Gendarm), Verstecken. In den engen Gassen und Hausfluren, die nie abgeschlossen wurden, gab es viele Möglichkeiten.
    Aber wenn ich nicht zur Zeit hoch kam, stand Mama schon an der Tür mit ausg estreckter Hand. Klatsch! Nun ja, sie wollte sicher auch schlafen gehen, und ich musste am nächsten Morgen zur Schule.
    Mama, verzeih, dass ich nicht immer fol gsam war. Ich war ja noch Kind.
    Oft war sie ja nun allein. Sie strickte viel. Ohne auch nur eine Masche fallen zu la ssen, strickte sie im Dunkeln, schon um die Gasrechnung nicht in die Höhe zu treiben, und andererseits um die Glühstrümpfe zu schonen, die ja nach längerem Glühen durchbrannten; und dann saßen wir im Finstern. Was Mama mit den vielen gestrickten Strümpfen machte, weiß ich nicht, nur dass wir auch solche trugen.
     
    Die Notzeit nahm kein Ende. So standen wir Kinder donnerstags vor einem Fleischerladen unserer Wohngegend, damit wir, wenn die Blutwürste frisch in den Laden kamen, unseren Krug mit der Fleischbrühe gefüllt bekamen. War nicht gerade eine Wurst beim Kochen geplatzt war, schauten mehr Augen hinein als heraus.
    Dann und wann schickten uns Bekannte eine Erbswurst, die mit der Fleischbr ühe eine Delikatesse ergab. Auch ein hartes Kommissbrot war ein Geschenk von einem Ehepaar; der Mann tat Dienst beim so genannten stehenden Heer.
    In der Schule gab es nach dem Krieg auch Quäkerspeise, gespendet von den Quäkern in Amerika. Oh, war die gut! Ich schmecke es heute noch: Reis mit Cornedbeef. Sam stags gab es Brötchen mit Kakao. Jeder Tag brachte eine Abwechslung.
     
    Die Nachkriegswehen waren noch arg zu spüren, das Geld war knapp und zu kaufen gab es wenig. Die Inflation 1923 hatte arm gemacht.
    Statt sauber vom Baden heimzukehren, kam ich mit einem Bündel Reisig schmu tzig aus dem Wald zurück. Wo immer Holzarbeiter am Werk waren, ich fand sie. Ihr Sägegeräusch wies mir die Richtung. Ich kannte bald jede Waldschneise, auch die tief im Wald, wo schöne rote Walderdbeeren lockten.
    Wenn im Herbst die Kastanien herabfi elen, sammelte ich die äußeren grünen Schalen. Sie wurden nach dem Trocknen ebenfalls als Heizmaterial verwendet. Dazu kamen noch Kartoffelschalen. Na, der durch die Essen (Schornsteine) aufsteigende Rauch war auch nicht gerade der edelste Duft und reizte Nasen und Augen.
    Zu den
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