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Nicht ohne Beruf (German Edition)

Nicht ohne Beruf (German Edition)

Titel: Nicht ohne Beruf (German Edition)
Autoren: Thea Derado
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Enkel zu „Momi“, einer Kreuzung von Mami und Omi. Tanja ist „Mami“ von Jana   und Sandra. 
     
    Kurze Zeit später fahre ich mit meinem Mann für zwei Wochen ins Ausland. Wir vereinbaren, dass täglich ein Zivi für eine Stunde von der nahe gelegenen Diakonie zu Romi kommt. Er kann mit ihr an die frische Luft und zum Einkaufen gehen.
    Bei unseren täglichen Telefonaten kl ingt Leni recht zuversichtlich. Hin und wieder bringt eine Nitroglycerin-Kapsel die Pumpe auf Trab. Die Sauerstoff-Bombe kommt jede Nacht zum Einsatz.
     
    Das kann doch kein Dauerzustand sein!
    Beim nächsten Arztbesuch haucht Leni was von „Herzschrittmacher?“
    Der Arzt f indet: Verstopfung in den Adern, gegen die das Herz anpumpen müsse und schlägt komplizierte Eingriffe vor. Mutti wehrt nur müde ab.
    „Ich möchte mit meiner Mutter nicht zu einem Kardiologen in die Praxis, sondern
    ins Herzzentrum. Dort k ann man Abhilfe schaffen, falls es die Diagnose ergibt.“
    Widerwillig unterzeichnet er die Übe rweisung.
    Daheim häng e ich mich ans Telefon, lasse meinen Doktortitel laut und überdeutlich heraushängen und bekomme einen Termin. In drei langen Wochen!
    „Mutti, halte durch, das neue Jahrtausend noch zu begrüßen! Die Einführung des E uros! Thomas  hat eine feste Freundin. Du willst doch erleben, was aus ihm wird.“
    Damit Leni es von ihrem Sofa aus leicht lesen kann, hängt da der Slogan: Der Himmel kann noch warten!
     
    Allmählich wird sie wieder aktiv, fährt gar zum second-hand-Handel, um Klamotten hinzubringen und schickt riesige Pakete an Hilfsorganisationen wie Bethel.
    „Lass mich doch. Das ist mein Hobby!“, w endet sie ein, will ich sie bremsen. „Andere tun  nichts und werden depressiv.“
    Des Menschen Wille ist bekanntlich sein Himmelreich, doch manchmal bringt er ihn dem auch näher.
     
    An einem warmen Tag japst Leni in der stickigen U-Bahn nach Luft. Von der Station bis zu ihrem Haus muss sie sich dreimal hinsetzen. Junge Männer helfen ihr, nehmen ihr die Tasche ab.
    Vor der Haustüre setzt sie sich nochmals hin und - kippt um. Der Rasen vorm Haus nimmt die Ohnmächtige weich auf.
    Die eifrigen j ungen Männer zitieren sogleich einen Krankenwagen herbei. Aber diesmal weigert sie sich standhaft. Sie will nur in ihre Wohnung. „Meine Tochter kommt ja gleich.“
    A larmiert von der Hausmeisterin, bin ich nach sechs Minuten mit dem Radl hingestrampelt.
    Kleine Kinder – kleine Sorgen, urgroße Mütter – große Sorgen!
    Wir vertauschen die seit Kindertagen eingefahrenen Rollen, und Leni bekommt die Schelte: „Wenn du dir beim Hinfallen einen Schenkelhalsbruch zuziehst, dann kann das fatale Folgen haben!“
    „ Das wäre das Beste: Augen zu und weg!“
    „Aber nicht so! Zwei Jahre Vorlaufzeit brauche ich, mich an den Gedanken zu gewöhnen. Übrigens, solange du nicht dein Kruschelzimmer aufgeräumt hast, darfst du nicht so einfach abschwirren.
    N ur noch fünf Tage bis zum Termin im Herzzentrum. Sehen wir doch erst einmal, was dabei herauskommt.“
     
    Der Überweisungsschein, auf dem schon ‚Herzschrittmacher‘ steht, ist in der Klinik-Verwaltung hängen geblieben. Der Ambulanz-Arzt denkt an verengte Gefäße.
    Aber erst einmal ein 24-Stunden-EKG. S olide festgeklebt, damit es nicht wieder nachts abfällt, wie all Alarmiert von der Hausarzt.
    Am nächsten Mittag ist es nach einer Stunde ausgewertet. Der Befund leuchtet sogar mir ein: Nachts gegen drei Uhr setzt das Herz so oft und so lange aus, dass es verwundert, dass es sich seiner Aufgaben überhaupt wieder erinnert hat. Die niedrigste aufgezeichnete Herzfrequenz zeigt 24 Schläge pro Minute!
    „Sollte man vielleicht einen Herzschrit tmacher … ?“
    „Ja, unmittelbar“, antwortet der Arzt.
    Bei jüngeren Menschen geschieht der Ei ngriff ambulant, aber als 86-Jährige wird Leni in der Klinik behalten.
    Als ich ihr nach einer Stunde die notwendigsten Dinge bringe, liegt meine Mutti auf der Intensivstation, gut verkabelt. Sie ist heiter und guten Mutes und mahnt die Schwester: „Passen Sie nur gut auf mich auf. Ich habe eine so schöne Wohnung, eine gute Rente und eine wunderbare Familie. Die möchte ich noch möglichst lange genießen.“
    E in Herzschrittmacher vom Typ Marathon wird ihr implantiert. Noch zwei Tage bleibt sie zur Beobachtung.
    Auf der Heimfahrt i m Auto schmettert Urgroßmutter Leni: „Auferstanden von den Toten …“ und „Der Sensenmann ist noch nicht dran!“
    Dann frohlockt sie: „Nun kann ich auch noch 93
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