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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten
Autoren: Philip Kerr
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des Teufels, das zu besitzen man ihnen vorwarf. Deswegen wurden sie in ganz Europa verfolgt und verbrannt.»
    Newton sah drein, als hätte er das Dunkel abgestreift und sich in Licht gekleidet.
    «Das ist der Schatz», fuhr Sergeant Rohan triumphierend fort.
    «Das ist es, was die Könige der Christenheit so angestrengt zu finden suchten: das Buch der Templer. Und das ist der Grund, warum wir die Katholiken so hassen, weil es Rom war, welches diese Wahrheit ein Jahrtausend lang unterdrückte. Viele Hugenotten stammten von Templern ab. Deshalb haben wir eine n doppelten Grund, die Papisten zu hassen. Weil sie uns zwiefach verfolgten.»
    «Aber was für Evangelien kann es denn noch geben?», fragte ich.
    «Hatte Christus nicht zwölf Apostel?», sagte Sergant Rohan verächtlich. «Und doch sind im Neuen Testament nur vier Apostelevangelien enthalten. Wo sind das Philippus-Evangelium, das Thomas-Evangelium, das Petrus-Evangelium, das Jakobus-Evangelium? Und so besehen, wo ist das Evangelium der Maria Magdalena?»
    «Der Maria Magdalena», wiederholte Newton. «Gibt es so etwas?»
    «Gewiss», sagte Sergeant Rohan. «Sie war es, die den Aposteln
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    die Dinge erzählte, welche ihnen vorenthalten worden waren, welche Christus nur ihr allein gesagt hatte. Aber Euch wird Petrus gewiss am meisten interessieren, Sir. Denn er ist es, der am schärfsten gegen die Lehre des Paulus spricht. Petrus ist es, der Jesus einen toten Menschen nennt. Und wenn Ihr das lest, werdet Ihr endlich die Wahrheit kennen und frei sein.»
    «Aber wo sind diese Schriften?», fragte Newton heiser.
    «Sie sind alle in einem einzigen Buch enthalten, welches sich in der Tower-Bibliothek befindet», sagte Sergeant Rohan. «Ein Exemplar dieses Buchs gelangte mit den gefangenen Templern in den Tower und wurde unterm Altar der St.-John-Kapelle versteckt, welche jetzt als Bibliothek dient. Man dachte, der sicherste Platz für das Buch sei unmittelbar vor der Nase der Verfolger. Und dort blieb es hinfort liegen.»
    «Aber wo ist es jetzt?», fragte Newton. «Den Altar gibt es ja nicht mehr.»
    «Auf der Galerie, über der Stelle, wo einst der Altar stand, befindet sich ein Fenster. In dem Fenster befindet sich ein schlichter Holzkasten, in welchem Ihr das Buch finden werdet.
    Viele aufgeklärte Männer, die im Tower gefangen saßen, haben das Buch der Templer gelesen, denn das Wissen um seine Existenz wurde immer nur an diejenigen weitergegeben, welche das Buch nicht wegschaffen konnten und selbst gebildete oder verfolgte Menschen oder beides zugleich waren. Sir Thomas More, der Wizard Earl, Sir Walter Raleigh, Sir Francis Bacon, um nur einige zu nennen.»
    Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte und ich hätte mir nur gewünscht, Miss Barton wäre dabei und könnte hören, was der Sergeant zu sagen hatte und den Ausdruck gespannter Faszination auf Newtons Gesicht sehen. Ich hätte gern mit dem Finger auf ihn gezeigt und sie gefragt, ob sie immer noch glaube, dass ihr Onkel der gute Anglikaner sei, für den sie ihn hielt. «Wie?», sagte ich. «Und gar kein Gold?» Was mir einen
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    verächtlichen Blick meines Herrn eintrug.
    «Nicht alle, die vom Buch der Templer wussten, interessierten sich für den Schatz, welchen es enthielt», sagte der Sergeant.
    «Sir Jonas Moore wusste davon, aber er hatte kein Interesse an der Wahrheit. Nur an Gold. Er fand, was an Gold vorhanden war, in dem Kästchen, wo auch das Buch lag. Aber er dachte, da müsse noch mehr sein.»
    «Und was ist mit dem Schrägkreuz?», fragte Newton. «Und mit Orion, dem Jäger?»
    Sergeant Rohan guckte verblüfft und nahm einen weiteren Schluck aus der Ginflasche.
    «Hatten diese Dinge nicht für die Templer eine besondere Bedeutung?», fragte Newton weiter und meinte das Kreuz, welches ihm Mister Pepys gezeigt hatte.
    «Nur die, dass man, wenn ein Templer starb, seine Arme auf dem Körper zu einem Schrägkreuz legte», sagte der Sergeant.
    «Das ist nicht weiter ungewöhnlich», sagte ich.
    «Heute nicht mehr, nein. Aber damals, als der Templerorden gegründet wurde, schon», insistierte der Sergeant. «Und was Orion betrifft, so bedeutet sein Name im Griechischen Berg oder Gebirge.»
    «Oros», sagte Newton. «Daran habe ich gar nicht gedacht. Ja, natürlich. Ich war an mehreren Punkten dieser ganzen Geschichte so blind wie Orion. Jetzt erst lichtet sich das Dunkel wirklich und ich sehe alles ganz klar und deutlich.»
    «Diejenigen, auf die der Geist des Lebens herabkommen wird
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