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Neubeginn in Virgin River

Neubeginn in Virgin River

Titel: Neubeginn in Virgin River
Autoren: Robyn Carr
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verdankte, war breit, lang und tief. In ihm waren riesige Lachse, Störe und Forellen zu Hause. Im Internet hatte sie sich Bilder aus diesem Teil der Welt angesehen und war schnell davon überzeugt gewesen, dass es kein schöneres Fleckchen auf Erden geben könne. Und klar – alles, was sie nun zu sehen bekam, waren Regen, Matsch und Dunkelheit.
    Nachdem sie sich einmal entschlossen hatte, aus Los Angeles wegzugehen, hatte sie ihren Lebenslauf bei der Schwesternagentur eingereicht und eine der Vermittlerinnen hatte Virgin River vorgeschlagen. Der Dorfarzt würde langsam alt und brauche Hilfe, hieß es. Eine Frau aus dem Ort, Hope McCrea, war bereit, ein kleines Haus zur Verfügung zu stellen und auch ein Jahresgehalt zu stiften. Die Kreisverwaltung wollte mindestens ein Jahr lang die Rechnung der Haftpflichtversicherung übernehmen, um zu gewährleisten, dass es in diesem abgelegenen, ländlichen Teil der Welt einen praktischen Arzt und eine Hebamme gab. „Ich habe Mrs. McCrea Ihren Lebenslauf und Ihre Empfehlungsschreiben gefaxt“, sagte die Vermittlerin, „und sie will Sie haben. Vielleicht sollten Sie einmal dort hochfahren und sich den Ort ansehen.“
    Mel ließ sich die Telefonnummer geben und rief noch am selben Abend an. Virgin River war zwar sehr viel kleiner, als sie es sich vorgestellt hatte, aber dafür war Mrs. McCrea sehr überzeugend. Bereits am nächsten Morgen hatte Mel begonnen, ihren Plan, Los Angeles zu verlassen, in die Tat umzusetzen. Das war kaum einmal zwei Wochen her.
    Weder der Schwesternvermittlung noch irgendjemandem in Virgin River war bekannt, wie verzweifelt Mel Abstand zu ihrem alten Leben gewinnen wollte. Schon seit Monaten träumte sie von einem Neubeginn, von Ruhe und Frieden. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann sie zuletzt eine Nacht ruhig durchgeschlafen hatte. Die Gefahren der Großstadt, wo das Verbrechen alle Wohngebiete zu überrollen schien, hatten begonnen, sie fertigzumachen. Schon ein Gang zur Bank oder in ein Geschäft versetzte sie in Angst. Überall schien Gefahr zu lauern. Ihre Arbeit in dem mit dreitausend Betten ausgestatteten Bezirkskrankenhaus und Traumazentrum brachte es mit sich, dass sie einfach zu viele Opfer von Verbrechen pflegen musste. An die Täter mochte sie gar nicht erst denken, die bei der Flucht oder ihrer Verhaftung verletzt worden waren und dann auf der Station oder in der Notaufnahme an ihre Betten gefesselt und von Polizeibeamten bewacht wurden. Was von Mels Seele noch übrig war, war verletzt und schmerzte. Und hinzu kam die grenzenlose Einsamkeit, die sie in ihrem leeren Bett empfand.
    Ihre Freunde hatten sie gedrängt, gegen den Impuls anzukämpfen, in ein kleines unbekanntes Dorf zu flüchten, aber sie hatte bereits an einer Trauergruppe teilgenommen, Einzeltherapie gemacht und in den letzten neun Monaten häufiger Kirchen aufgesucht als in den letzten zehn Jahren. Und nichts hatte geholfen. Das Einzige, was sie ein wenig ruhiger werden ließ, war die Vorstellung, sich in irgendein kleines Dorf auf dem Lande zurückzuziehen, wo die Menschen ihre Türen nicht verschließen mussten und nichts weiter zu befürchten hatten, als dass die Rehe in ihren Gemüsegarten einbrachen. Es müsste geradezu paradiesisch sein.
    Jetzt aber, während sie in ihrem Wagen saß und unter der Deckenleuchte die Fotos betrachtete, wurde ihr bewusst, wie lächerlich sie sich angestellt hatte. Mrs. McCrea hatte ihr geraten, für ihre Arbeit auf dem Lande nur strapazierfähige Kleidung einzupacken, Jeans und Stiefel also. Und was hatte sie getan? Ihre Stiefel stammten von Stuart Weitzman, Cole Haan und Frye, und sie hatte sich nicht gescheut, die stattliche Summe von vierhundertfünfzig Dollar pro Paar hinzulegen. Die Jeans, mit denen sie vorhatte, Ranchen und Farmen zu besuchen, waren von Rock & Republic, Joe’s, Lucky und 7 For All Mankind. Sie kosteten zwischen hundertfünfzig und zweihundertfünfzig das Stück. Für ihren Haarschnitt und die Strähnchen hatte sie pro Sitzung dreihundert Dollar gezahlt. Nachdem sie während der Jahre am College und auch noch als examinierte Krankenschwester lange Zeit jeden Pfennig hatte umdrehen müssen, hatte sie, sobald sie als Oberschwester über ein sehr gutes Gehalt verfügte, ihre Liebe für die schönen Dinge entdeckt. Den größten Teil ihres Arbeitstages verbrachte sie schließlich in OP-Klamotten, und wenn sie die ablegte, wollte sie einfach gut aussehen.
    Mit Sicherheit würden die Fische und Rehe zutiefst
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