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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim
Autoren: Else Ury
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über Berlin, dann ist das Kind wenigstens bei den Eltern daheim.«
    Mit Gerda zusammen reisen - himmlisch - aber - »Nee, nee, das geht ja nicht! Meine Mutti kommt ja im September aus England mich holen - na, Mutti würde schöne Augen machen, wenn ich fort bin!« noch unter Tränen mußte Annemarie lachen.
    »Ich danke Ihnen vielmals, Frau Eberhard, für Ihren freundlichen Vorschlag.
    Aber Ihr Gatte meinte, der Krieg wäre noch nicht sicher, es könnte sich alles gütlich ordnen. Ich möchte Annemaries Eltern in ihren Entschlüssen ungern vorgreifen. Vielleicht kommt ein Telegramm oder der Vater am Ende persönlich, sein Töchterchen zu holen. Dann wäre es für uns sehr peinlich, wenn Annemarie schon fort wäre. Sollte die Abreise unbedingt notwendig werden - was Gott verhüten möge - so würden meine Schwester und ich selbst die Kinder heimbringen«, antwortete Tante Lenchen.
    Annemarie fiel ein Stein vom Herzen. Nein, sie wollte noch in Wittdün bleiben, überhaupt - wenn morgen Kinderfest war!
    Bis zur Landungsbrücke gab sie ihrer Freundin Gerda noch das Geleit. Das Schiff war überfüllt. Nicht nur die Offiziere reisten ab, sondern auch ein großer Teil Feriengäste. Unter all den vielen Menschen entdeckte Annemarie auch Eischen und Gretchen aus Berlin, die ihren Struwwelpeter schweren Herzens im Stich lassen mußten. Kaum konnte sie Gerda einen Abschiedskuß geben, so drängten die Leute, um noch einen Platz auf dem Schiff zu erlangen. Die Tücher wehten, und das Schiff rauschte in den aufschäumenden Wogen dahin. Es trug manchen davon, der erst vor wenigen Tagen angekommen war.
    Annemarie schlief heute allein in ihrem rosa Zimmer, das sie seit Ellens Fortgang nur noch mit der Freundin geteilt hatte. Aber da die lebendige Gerda nun fort war, holte sich Nesthäkchen Puppe Gerda zur Gesellschaft herauf. Es war ihr sonst zu einsam. »Nun habe ich nur noch dich«, sagte sie zu ihrer Puppe. Die machte ein Gesicht, als ob sie jedes Wort verstanden hätte.
    Einen blaueren Himmel und eine goldenere Sonne konnten sich die Kinder und die Wittdüner Badedirektion nicht wünschen, wie sie am Donnerstag über der Nordseeinsel Amrum erstrahlte. Und dennoch - es war leer geworden in Wittdün. Weder Burgenwettbewerb noch Fackelzug vermochten die Heimflüchtenden zurückzuhalten.
    So waren es statt der mehreren hundert, wie man gedacht hatte, nur noch einige sechzig Kinder, die sich am Donnerstagnachmittag um drei am Friesenhäuschen oben auf der »Trampelbahn« versammelten. Es war ein wunderschönes Bild, all die sonnengebräunten Kleinen mit den leuchtenden Augen und den nackten Beinchen! Das Herz im Leibe konnte einem lachen, wenn man die niedlichen, festlich gekleideten Blond-und Schwarzköpfchen zu Paaren antreten sah. Aber dazu mußte einem das Herz leicht und froh sein. Und das war es ganz und gar nicht. Je heller die Sonne in Wittdün vom Himmel strahlte, um so dunkler und schwerer wurden die Wolken, die an Deutschlands Friedenshimmel aufzogen.
    Die Kleinen, die durch die Angst und Aufregung der Erwachsenen auch etwas beklommen geworden waren, vergaßen das alles bei den ersten Klängen der Musik.
    Die Badekapelle von Wittdün voran, Knaben mit wehenden Fahnen oder Trommeln und blumengeschmückte kleine Mädchen hinterdrein, so setzte sich der feierliche Umzug in Bewegung. An den schön geschmückten Burgen vorüber ging es, da klopfte manch Kinderherz schneller vor Erwartung - wer würde der Glückliche sein, der den Hauptpreis davontrug?
    Annemarie hatte sich, da Gerda abgefahren war, keine andere Partnerin gesucht.
    Sie schritt getreulich neben Kurts Rollstuhl. Der arme Junge sollte sich nicht ausgestoßen fühlen von den anderen fröhlichen Kindern. Manch mitleidiger Blick streifte den Knaben und blieb dann auf dem blonden Mädel an seiner Seite haften.
    Auch Tante Lenchen, die mit Frau Clarsen zusah, klopfte Nesthäkchen anerkennend die heißen Wangen: »Brav, Annemarie, daß du so treu zu Kurt hältst!«
    Auf dem Platz vor dem Kurhaus waren lange Tafeln gedeckt. Dort wurden die kleinen Gäste mit Schokolade, Schlagsahne und Kuchen bewirtet. Annemarie saß strahlenden Gesichts neben Kurt und ließ es sich schmecken.
    Kaum waren die Tassen geleert und die Kuchenberge vertilgt, ging's ans Spielen.
    Drei große Kreise wurden gebildet unter Leitung der Lehrerinnen der verschiedenen Kinderheime. Da spielte man Katze und Maus, Blindekuh und Drittenabschlagen. - War es möglich, daß die Eltern bei dem Jauchzen und
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