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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim
Autoren: Else Ury
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Gerda. Und das ist Tante Lenchen«, Nesthäkchen fiel Großmama nach der langen Trennung jubelnd um den Hals.
    Das gab eine noch größere Wiedersehensfreude als mit Puck. Gar nicht glauben wollte es die Großmama, daß dieser rosige Pausback das vor einem Jahr so bleiche Nesthäkchen sein sollte! Wirklich, ihr Schwiegersohn hatte mit seiner Nordseeluftkur recht behalten.
    »Gut, daß ich dich nur wenigstens wieder habe, mein Kleines. Der Vater und die beiden Jungen kommen morgen zurück. Aber von der Mutti fehlt jede Nachricht.« Großmama ließ sogleich ein Bett für das reisemüde Kind herrichten. Auch Tante Lenchen, der die Großmama von ganzem Herzen für ihre Fürsorge dankte, mußte bei ihr übernachten. Anders tat Großmama es nicht.
    Nun schlief Nesthäkchen zum ersten Mal wieder in der Heimat neben der Großmutter.

Kriegszeit (nachträgliches Kapitel!)
    sh Hinweis
     
    Am nächsten Tag kehrten, wie erwartet, Doktor Braun, Hans und Klaus aus dem Urlaub zurück. Gleich darauf erfuhr man, daß Frau Braun, durch den Kriegsausbruch überrascht, in England interniert worden war, und es kam dann keine Nachricht mehr von ihr herüber. Als dann auch Dr. Braun als Arzt eingezogen wurde, übernahm die gute Großmama den verwaisten Haushalt der Geschwister.
    Zuerst bangte sich Nesthäkchen sehr um seine Mutti. Im Verlauf der unruhigen und soviel Neues bringenden Zeit lebte es sich jedoch in den mutterlosen Haushalt ein. Vieles hatte sich geändert! Die Schule diente als Lazarett, und die Mädchen mußten mit den Jungen ein Schulgebäude teilen, was manchen Spaß mit sich brachte. Viele der jungen Lehrer waren eingezogen, und die Stelle des Direktors vertrat Prof. Herwig.
    Eines Tages kam eine »Neue« in die Klasse, ein dunkles, schwarzlockiges Mädchen, das Vera hieß. Veras Mutter, eine Polin, und ihr Vater, der als Deutscher in Polen gelebt hatte, waren beide tot, und so hatte eine Tante das Kind nach Berlin geholt. Bald wurde Vera Annemaries beste Freundin, und das war ein Sonnenstrahl für das verwaiste, heimatlose kleine Mädchen.
    Zwei Jahre waren vergangen, als endlich, endlich am Weihnachtsmorgen der Briefträger den ersten Brief von der Mutter aus England brachte. Voller Rührung gab die Großmama Hans den Brief, damit er ihn den Geschwistern vorlese. Andächtig setzten sich die Geschwister mit der Großmama um den Tisch, und sogar Hanne stand an der Tür und wischte sich die Augen: »Geliebte Mutter, meine lieben, lieben Kinder! Soeben erhalte ich Euer Schreiben über die Schweiz, das wochenlang unterwegs gewesen sein muß. Zu meiner größten Bestürzung ersehe ich daraus, daß Euch keine meiner vielen Nachrichten bisher erreicht hat und Ihr Euch Sorgen um mich gemacht habt. Ich habe mindestens jede Woche an Euch geschrieben, manchmal auch öfters. Denn daß ich mit meinen Gedanken unausgesetzt bei Euch weile, könnt Ihr Euch denken. Auf meine Bitten hat Vetter Charles Edward Nachforschung gehalten, woran es liegt, daß meine Briefe Euch nicht erreichen, da doch Post von hier nach Deutschland geht.
    Genaueres hat auch er nicht erfahren können. Der Vetter meint, es wäre ganz sicher, daß meine Briefe von der Zensur angehalten und nicht weiterbefördert seien.
    Eine andere Erklärung gibt es nicht. Darum will ich diesmal alles, was ich fühle, in mich verschließen, damit dieser Brief durchgelassen wird. Ich werde mich darauf beschränken, Euch die Tatsachen zu wiederholen, von denen ich annahm, daß Ihr sie längst kennt.
    Der Kriegsausbruch kam so überraschend für uns, die wir in unserer ländlichen Einsamkeit kaum die Zeitung lasen, daß er Kusine Annchen und mich doppelt erschreckend traf. Ich war ganz krank vor Aufregung und wollte natürlich sofort heimreisen. Jedoch die Angst um Euch, besonders um meine kleine Lotte, die ich allein an der Nordsee wußte, und um meinen Mann, der gleich ins Feld mußte, verschlimmerte meinen Zustand derart, daß ich hoch zu fiebern begann. Tagelang lag ich bewußtlos, und als ich endlich erwachte, war die Frist, in der es den deutschen Frauen zustand, England zu verlassen, verstrichen. Ihr könnt Euch denken, wie unglücklich ich war, Euch in dieser schweren Zeit fernbleiben zu müssen.
    Auch Kusine Annchen, die von Geburt und im Herzen Deutsche, durch ihre Heirat Engländerin aber geworden ist, fällt es sehr schwer. Die Ärmste wird hin und her gerissen von entgegengesetzten Empfindungen. Ich hoffe auf die nächste Gelegenheit, wenn wieder Deutsche
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