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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok
Autoren: Ralf Isau
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»Das Koach kann Bilder und Empfindungen in das Bewusstsein anderer Wesen rufen, so wie eben. Tu’s einfach noch mal, Kleines. Du kannst mit dem Stab im Dunkeln ›sehen‹! Gib, was du siehst, an uns weiter, dann werden auch wir sehen können – aber mach, schnell!«
    Von draußen waren Schritte zu hören.
    Din-Mikkith legte die Hand auf Yonathans Schulter und Yomi hielt sich an dem Behmisch fest. Yonathan umklammerte Haschevet und schloss die Augen. Wärme stieg vom Stab in seine Hand und bald bis in seine Schulter empor. In bläulichem Licht erschienen die gezackten Umrisse von Felsen und Geröll vor seinem geistigen Auge und er setzte sich in Bewegung.
    Nach wenigen Biegungen des schmalen, leicht bergan verlaufenden Pfades befanden sich die drei Gefährten in völliger Dunkelheit.
    »Kannst du es nicht ein bisschen heller machen?«, fragte Yomi.
    »Es ist nicht so leicht, auf so viele Dinge gleichzeitig zu achten.«
    Yonathan konzentrierte sich abwechselnd auf den unebenen Weg und auf seine Freunde, bald wurde es schwarz vor seinem geistigen Auge und blau vor denjenigen seiner Gefährten. Doch mit jedem Schritt gelang es ihm besser das Gleichgewicht zwischen seinen verschiedenen geistigen Aktivitäten zu halten. Yonathan fühlte, wie sein Bewusstsein die Höhlenwände abtastete und gleichzeitig den Kontakt zu seinen Freunden hielt. Kurz darauf war von Sethur und seinen Männern nichts mehr zu hören.
    Die drei Gefährten folgten schweigend, von einem unwirklichen Licht geleitet, den auf-und absteigenden Windungen des Pfades. An einigen Stellen mussten sie sich auf allen vieren fortbewegen, einmal sogar auf dem Bauch kriechen. Der Grund unter ihren Füßen war sehr uneben. Zumeist verlief er schief, Felsvorsprünge stellten sich ihnen in den Weg und Spalten von nicht zu erahnender Tiefe taten sich auf.
    »Das ist ja so ziemlich das Schlimmste, was mir je widerfahren ist«, meinte Yomi.
    »Hast du das Ewige Wehr vergessen?«, erinnerte ihn Yonathan.
    »Das war auch nicht viel besser. Aber sei froh. Auf diese Weise wird uns so schnell keiner folgen können.«
    »Pst!«, mahnte Din-Mikkith. »Bleibt mal stehen. Ich glaube, ich spüre einen Luftzug.«
    »Richtig. Jetzt fühle ich auch etwas. Schnell, lasst uns nachsehen!«
    Wenige Augenblicke später nahmen die Gefährten einen schwachen Schimmer wahr, der sich bald zu einem Lichtspalt öffnete. Der Behmisch trat als Erster ins Freie. Vorsichtig blinzelte er hinter einem Eisblock hervor, der in den Bach gestürzt war und den Weg zu dem lichterfüllten Bergkessel in zwei Hälften zerschnitt. Von der anderen Seite, die den Gefährten als Weg gedient hatte, war die Öffnung in der Felswand nicht zu sehen gewesen.
    »Sethur bewacht noch immer den Eingang. Wenn wir uns auf dieser Seite des Baches fortschleichen, gelingt es uns vielleicht, unbemerkt zu entkommen.«
    »Und was ist mit dem Tor?«, fragte Yonathan verzweifelt. »Wie sollen wir dann je das Verborgene Land verlassen?«
    »Yonathan!«, sagte Yomi so entschieden wie möglich. »Du willst immer alles auf einmal erledigen. Lass uns doch erst mal diesem unheimlichen Kumpanen dahinten entkommen und dann werden wir auch ziemlich bald wissen, wie es weitergeht.«
    »Yomi hat Recht«, stimmte Din-Mikkith zu. »Geh du voran, Yonathan, dann Yomi und zuletzt folge ich.«
    Tief gebeugt schlichen die drei aus der Höhle hinaus, zunächst vorsichtig und trotz des rauschenden Wassers jedes Geräusch vermeidend, doch schon bald weiter ausschreitend, mühsam dagegen ankämpfend, nicht einfach Hals über Kopf loszustürmen. Eine halbe Meile voraus öffnete sich die enge Schlucht zu dem westwärts abfallenden Tal, das wenigstens ein gewisses Maß an Sicherheit versprach. Sie hatten bereits die Hälfte des Weges zurückgelegt, als sich wieder das wohl bekannte Prickeln über Yonathans Kopfhaut zog. Den Blick zum Himmel gewandt, sah er, was er vermutet hatte: »Zirah!«, warnte er seine Freunde, nach oben deutend.
    Doch es war bereits zu spät. In einem Moment der Unachtsamkeit entfleuchte Girith dem Griff Din-Mikkiths und stieg in die Lüfte auf, dem schwarzen Feind entgegen.
    Fast gleichzeitig erscholl die Stimme Sethurs. Sie schien von allen Seiten gleichzeitig zu ertönen, kalt, durch Mark und Bein fahrend. »Yonathan! Ihr habt meine Geduld lange genug strapaziert. Nun wird über Euch kommen, was Ihr nicht anders gewollt habt.«
    »Hört nicht auf ihn!«, feuerte Yonathan seine Gefährten an. »Lauft!«
    Und sie liefen, alles
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