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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok
Autoren: Ralf Isau
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die Rute in die Höhe, und sofort fing sie zischend Feuer. Vor Schreck ließ er den Ast fallen und kletterte schnell wieder hinab.
    »Das habe ich befürchtet«, brummte Yonathan. »Es würde nichts nützen uns mit unseren Umhängen zu schützen, um schnell hineinzuschlüpfen. Der Eingang zu diesem Felsen ist so heiß, dass wir sofort verbrennen würden.«
    »Das wäre mir aber gar nicht recht«, klagte Yomi.
    »Mir auch nicht. Wie geht’s jetzt weiter?«
    Din-Mikkith reagierte nicht auf die Frage Yonathans. Er hatte den Zweig aufgehoben und beobachtete geistesabwesend den Rauch, der fast waagerecht von der noch immer glühenden Spitze davon zog.
    »Din!«, drängte Yonathan lauter. »Was sollen wir jetzt tun?«
    »Das werde ich Euch sagen«, entgegnete eine Stimme, die weder Din-Mikkith noch Yomi gehörte. Den Gefährten fuhr ein eiskalter Schrecken in die Glieder.
    Yonathan kannte diese Stimme, die so nahe, so deutlich klang, als ertönte sie direkt in seinem Kopf. »Sethur!«, schrie er auf, während er herumwirbelte. An der großen Kluft, die den Eingang zum Bergkessel bildete, stand der Heeroberste Bar-Hazzats mit dreien seiner Krieger. Und Zirah hockte da – das verhasste Wesen in Vogelgestalt.
    »Da ist ja unser Goldstück«, hallte die knarrende Stimme des schwarzen Vogels durch den Felsenkessel.
    Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Die Gegner musterten sich schweigend. Sethur stand etwa drei Schritte vor seinen Männern. Trotz der Entfernung war diesen anzusehen, dass sie viele Strapazen durchgestanden hatten: Helme und Beinschienen waren verbeult, die metallbesetzten ledernen Brustharnische beschmutzt, doch die Gesichter der Krieger wirkten grimmiger und wilder denn je. Zwei von ihnen hielten einen gespannten Kurzbogen in den Händen, der dritte umklammerte einen breiten Rundsäbel. Sethur selbst wirkte fast unverändert. Sein roter Umhang hatte nur wenige Flecken und in seinem silber- und goldverzierten Panzer spiegelten sich die Sonnenstrahlen, die von der Südwand des gewaltigen Felsenrunds reflektiert wurden.
    »Was ist denn Eure Antwort auf meine Frage?«, entgegnete Yonathan und stellte sich mutig vor seine Gefährten.
    »Muss ich das wirklich noch einmal erklären?«, fragte Sethur gelangweilt. »Wir wollen doch nicht unnötig Eure und unsere Zeit vergeuden.« Er hob eine Augenbraue. »Oder war gerade das Eure Absicht, junger Freund?«
    »Ein sehr höfliches Mann«, wisperte Din-Mikkith hinter Yonathans Rücken.
    »Überleg dir lieber, wie wir aus diesem Schlamassel wieder herauskommen«, flüsterte Yomi zwischen zusammengebissenen Zähnen.
    »Warum sollte ich mit Euch kommen?«, rief Yonathan. »Ihr braucht mich doch nicht wirklich, sonst hättet ihr Euch mit dem Vulkan nicht solche Mühe gegeben.«
    »Aus Euch könnte mal ein weiser Krieger werden. Ich möchte Euch nur die Möglichkeit offen halten, das auch noch zu erleben. Die Sache mit dem Vulkan war eine Notlösung, die mir aufrichtig Leid tut.«
    »Ich weiß nicht, warum es mir so schwer fällt, Euch zu glauben, Sethur. Aber ich habe meinen Stab noch immer.« Yonathan zog Haschevet unter seinem Umhang hervor und streckte ihn dem Heerobersten entgegen. »Wenn Ihr ihn also unbedingt haben wollt, dann müsst Ihr ihn Euch schon abholen.«
    Sethur lachte, hart und trocken. »Für wie dumm haltet Ihr mich, junger Mann? Möglicherweise erinnert Ihr Euch ja noch daran, dass Ihr mit diesem Stab meinen Hauptmann in ein Häufchen Asche verwandelt habt – ein sehr ungezogenes Benehmen, wenn Ihr mich fragt.«
    Für einen Moment blickte Yonathan zu Boden und die schrecklichen Bilder huschten noch einmal an seinem geistigen Auge vorüber. Mit trotziger Entschlossenheit wandte er sich wieder dem Temánaher zu. »Gavroq war selbst daran schuld und so wird es jedem ergehen, der sich gegen die Macht Yehwohs stellt. Und jetzt kommt und versucht Euer Glück!« Herausfordernd streckte er seinen Gegnern den Stab entgegen.
    Sethur lächelte, doch nicht böse, sondern fast bedauernd. Und mit einer beinahe natürlich klingenden Stimme erwiderte er: »Ihr seid Euch so sicher, junger Mann, und schiebt die Vernichtung Gavroqs auf den Stab. Wollt Ihr es nicht wahrhaben oder seid Ihr wirklich so unwissend. Ihr selbst habt das Koach benutzt, um Gavroqs Gefühle zum Ausbruch zu bringen. Euer Wille hat ihm diese Gefühle eingepflanzt.«
    Heißes Entsetzen packte Yonathan. Sicher, er hatte brennenden Hass empfunden gegen die Boshaftigkeit dieser Männer. Deshalb
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