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Neongrüne Angst (German Edition)

Neongrüne Angst (German Edition)

Titel: Neongrüne Angst (German Edition)
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Leon auf ihn wirkte, waren Menschen, kurz nachdem sie gebissen worden waren. Noch hatten sie nicht begriffen, dass sie zu Untoten geworden waren. Noch hielten sie sich selbst für Menschen. Doch der Verwandlungsprozess hatte bereits begonnen.
    Der Familienpapa legte den Rückwärtsgang ein und verschwand mit seinen quengelnden Kindern.
    Tanja berührte Leon jetzt sanft am Rücken. Sein Hemd war durchgeschwitzt.
    »Es ist nicht mehr weit. Wir sind praktisch schon da. Wir können auch zu Fuß gehen …«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Fahr uns hin.«
    Er ging ums Auto herum. Dabei hielt er sich immer mit einer Hand am Fahrzeug fest, bis er sich auf den Beifahrersitz fallen lassen konnte.
    »Schnall dich besser an«, schlug sie vor. Innerlich betete sie, das hier jetzt hinzukriegen, aber sie hatte eine eigenartige Gewissheit, als wäre ein Schutzengel bei ihr, der ihr signalisierte, dass ihr jetzt nichts passieren konnte.
    Sie nahm sich vor, bald den Führerschein zu machen und dann ein ganz normales Leben zu beginnen. Ja, das schwor sie sich. Alles würde wieder ins Lot kommen, wenn sie nur erst diesem Pit in die Augen gesehen hatte, um den Dämon zu bannen.
    »Du … du hast mir ein paar geknallt«, stotterte Leon.
    »Ja«, sagte sie und würgte den Wagen im dritten Gang ab. Der Fiat machte einen Sprung und stand mit der Schnauze unter der Schranke.
    »Danke«, sagte Leon. »Das … das hat mir geholfen.«
    »Bitte, gerne. Das kannst du jederzeit wieder haben. Jetzt zeig mir, wo der Rückwärtsgang ist.«
    Sie kuppelte, und er legte den Gang für sie ein.
    »Ich mag diese französischen Autos nicht«, sagte sie, und er gab ihr recht. »Ich auch nicht. Das hier ist ein italienisches.«
    Ihr iPhone lag zwischen seinen Füßen, aber sie hatte sich den Weg zur Riffstraße eingeprägt. Sie hatte einen hervorragenden Orientierungssinn. Dafür ließ ihr Fahrstil zu wünschen übrig.
    Ohne Unfall schaffte sie es bis zur Riffstraße. Zum Glück musste sie den Wagen in keine Parklücke fahren. Hier war genug Platz. Sie hielt einfach an und sagte: »Wenn wir jetzt noch die Hausnummer wüssten, wären wir wirklich einen Schritt weiter.«
    Leon atmete tief ein und walkte sich mit den Fingern das Gesicht durch. »Es geht mir gleich besser«, sagte er. »Gleich. Wir schaffen das.«

79
    Es machte Pit Spaß, Johanna zu baden und ihre Haut mit Öl einzureiben. Sie glänzte jetzt, und sie roch gut. Er hätte das noch stundenlang tun können. Immer und immer wieder. Aber sein Gefühl sagte ihm, dass er nicht mehr viel Zeit hatte.
    Dann fragte er sich, ob er ihr Gesicht zerschneiden sollte. Zwei, drei lange Risse mit einer Glasscherbe würden ausreichen. Er konnte das alles wieder gut vernähen und dann mit ihr aus der Welt gehen. Nichts war schlimmer für ihn als der Gedanke, dass sie vielleicht gerettet werden könnte.
    Ihn würden sie sterben lassen und sie ins Leben zurückholen. Und was dann?
    Sie würde sich einem anderen an den Hals schmeißen, und so schön, wie sie war, standen die Männer Schlange.
    Oh nein, kein anderer sollte sie haben. Und mit einem entstellten Gesicht würden die entsprechenden Kandidaten sicherlich schnell Abstand nehmen.
    Er wusste nicht, warum er es mit einer Glasscherbe tun wollte. Er fragte sich selbst, wie er auf diese Idee gekommen war. Vielleicht, damit es mehr nach einem Unfall aussah und nicht nach einer geplanten Verletzung …
    Zunächst zog er ihr wieder das Brautkleid an und setzte sie aufs Sofa. Entweder ließen seine Kräfte nach oder sie war schwerer geworden. Sie machte sich steif.
    Er flößte ihr noch mehr von der Fischsuppe ein. Sie war inzwischen kalt geworden, aber die Schlaftabletten taten ihre Wirkung trotzdem.
    Das Einzige, was jeder Mensch am Ende hinkriegt, egal, was für ein Versager er sonst im Leben ist, ist es zu sterben. Und du hast das große Glück, in den Armen eines liebenden Menschen hinüberzuwechseln. Schmerzfrei, schön angezogen und ohne einen beschissenen Priester am Bett, der eine salbungsvolle Rede runterleiert und dir etwas von seinem Gott vorlügt.
    Ihr Kopf lag jetzt ganz im Nacken. Die Haare hingen glatt nach hinten. Ihr Hals war gestreckt, und sie schluckte die Suppe. Ein paarmal hustete sie Fischbrocken aus. Er vermutete, dass sie längst genug intus hatte, aber er wollte ganz auf Nummer Sicher gehen.
    Dann löffelte er selbst den Rest aus. Gierig, als hätte er nie etwas Besseres gegessen.

80
    »Die Straße ist nicht lang. Wir laufen zu jedem Haus und
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