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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch
Autoren: Horst Biernath
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Mädchen, das ungewöhnlich adrett und hübsch war, den Auftrag, für Erfrischungen zu sorgen. Etienne sah der appetitlichen Kleinen mit leicht emporgezogenen Augenbrauen nach. Sie verschwand mit kokettem Hüftschwung hinter dem Glasperlenvorhang, der leise klirrend hinter ihr zusammenfiel.
    »Reizend...«, murmelte er mit spitzen Lippen.
    »Sehr reizend«, sagte Heliane unbefangen; »weißt du, Michael braucht Jugend und hübsche Gesichter um sich herum, um sich wohl zu fühlen. Er behauptet immer, das wirke auf ihn wie ein Stimulans — besonders am Morgen.«
    »Hm...«, machte Marcel Etienne und fuhr ein wenig unvermittelt fort: »Er ist jetzt neunundvierzig, nicht wahr?«
    »Pst!« machte Heliane und legte den Zeigefinger warnend vor die Lippen. »Sag es nicht so laut! Micha will daran nicht erinnert werden. Offiziell ist er in diesem April neununddreißig geworden. Ich nehme an, er wird die nächsten zehn Jahre neununddreißig bleiben. Und wenn du ihn dir ansiehst, wirst du es ihm fast glauben...«
    Marcel sah Heliane an, als blicke er über den Rand einer dicken Hornbrille hinweg in ihre Augen: »Na schön, also neununddreißig. Und von mir aus soll er neununddreißig bleiben, solange er sich wie neununddreißig fühlt.«
    »Oh, Micha behauptet, sich wie neunundzwanzig zu fühlen!«
    »Und was sagst du dazu?«
    »Vorläufig nichts — ich werde dagegen erst einschreiten, wenn er eines Tages zu mir Mutti sagt und behauptet, er verlöre die Milchzähne.«
    »Du bist ein kluges Kind«, sagte Etienne lachend. »Wann erwartest du ihn hier zurück?«
    Sie machte eine unbestimmte Geste: »Irgendwann, heute oder morgen. Micha hat neuerdings ein ständiges Apartment in den >Jahreszeiten<. Er findet es bequem, daß er seine Besprechungen und Verhandlungen dort erledigen kann und nicht wegen jedem Quark in die Stadt fahren muß. Es ist immerhin ein Weg von einer Stunde, selbst mit dem Thunderbird, den er sich vor einem halben Jahr zugelegt hat.«
    »Hm...«, murmelte Marcel zum zweitenmal.
    »Ich finde, daß du dich ziemlich oft räusperst«, meinte Heliane mit einem Blick, der Etiennes Nasenspitze streifte.
    »Ach, weißt du, ich muß erst wieder Deutsch lernen. Ich habe zu lange Spanisch gesprochen, und nicht einmal das feinste Spanisch, denn ich hatte es nur in Ausnahmefällen mit feinen Leuten zu tun. Mein Umgang waren Mulitreiber, die ich auf Erdarbeiten umschulen mußte...«
    »Auch dein Beruf scheint vielseitiger zu sein, als man es auf den ersten Blick annehmen möchte.«
    Das Mädchen erschien mit einem Tablett, auf dem zwei Gläser, eine Karaffe mit Grapefruitsaft und ein Sodasiphon standen.
    »Schenken Sie ein, mein Kind«, bat Etienne, »halb und halb und randvoll, denn ich bin durstig.«
    »Und Ihnen, gnädige Frau?«
    »Danke, mir nichts.« Heliane wandte sich an Marcel: »Ich lebe ziemlich trocken, der Doktor hat es meiner Linie verordnet.«
    Sie nickte dem Mädchen zu, das sich, von einem Blick Marcels verfolgt, hinter den Perlenvorhang zurückzog. Heliane bemerkte es. »Sie scheint dir zu gefallen, wie?«
    »In meinem Camp waren drei Indiofrauen, die für meine Muleros kochten, keine unter sechzig und keine unter zweihundert Pfund Gewicht. — Die Kleine ist ausgesprochen hübsch...«
    »Sie heißt Margot — falls du es wissen willst.«
    »Ich will es nicht wissen«, sagte er etwas ernster, als es der Anlaß erforderte, »aber wenn ich hier die Frau des Hauses wäre, dann würde ich in der Wahl des weiblichen Personals ein wenig vorsichtiger sein.«
    »Manfred wird doch erst siebzehn! Und außerdem hat er nichts anderes als die Fliegerei im Kopf.«
    Er sah sie von der Seite an, aber er unterdrückte die Bemerkung, daß er bei seiner Warnung nicht an Manfred gedacht habe.
    Heliane brach in ein kleines Gelächter aus und legte ihre Hand auf seinen Arm: »Ach, Marcel, daß du es nicht lassen kannst! Ich habe nun einmal Michael Pforten geheiratet. Und um dich zu beruhigen: Die Kleine ist nicht sein Typ.«
    »Nun erzähl schon«, knurrte er, »wie geht es den Jungen?«
    »Thomas steht mitten in den Flegeljahren und ist zur Zeit ein unausstehlicher Rüpel, dazu so faul, daß sein Klassenleiter uns im letzten blauen Brief mitteilte, seine Versetzung sei äußerst fraglich. Hoffentlich schafft er’s noch im letzten Anlauf!«
    »Ich halte ihm beide Daumen!« sagte Marcel und schüttelte die Fäuste. »Und Manfred?«
    »Ein Prachtkerl!« rief sie und ihr Gesicht leuchtete auf. »Gescheit, liebenswürdig,
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