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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch
Autoren: Horst Biernath
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anspruchslos, und immer unter den drei Besten seiner Klasse. Er soll in zwei Jahren das Abitur machen, und er wird es spielend schaffen. Ich bin richtig stolz auf ihn. Nur die Fliegerei paßt mir gar nicht! Er ist in einer Segelfliegergruppe. Ich zittere bei dem Gedanken, daß ihm etwas passieren könnte.«
    »Aber Heli!« sagte Etienne mit tröstenden Brummtönen. »Spazierengehen ist heutzutage doch bedeutend gefährlicher als Fliegen. Mach dir doch darum keine Gedanken! Und sonst? Habt ihr es ihm endlich erzählt?«
    Sie schüttelte den Kopf und ließ die Hände mit einer mutlos wirkenden Gebärde in den Schoß fallen: »Nein, noch immer nicht. Ich habe ein gutes Dutzend Male den Ansatz dazu gemacht, aber dann kam ich einfach nicht über die Hürde...«
    »Was für eine Hürde?«
    »Ich weiß es selber nicht... Er ist doch so stolz auf Michael, und...«, sie zögerte, es auszusprechen.
    »Und er liebt dich, nicht wahr?«
    »Ja — er ist der netteste und zärtlichste Sohn, den du dir vorstellen kannst.«
    »Aber das ist doch alles kein Grund, ihm nicht die Wahrheit zu sagen. Was befürchtest du eigentlich dabei? Etwa, daß er enttäuscht sein könnte? Wovon...?«
    Heliane hob die Schultern. »Das weiß ich selber nicht.«
    »Ich wundere mich nur, daß er nicht schon längst von selber darauf gekommen ist«, sagte Etienne kopfschüttelnd. »Mit siebzehn ist er schließlich kein Kind mehr. Und da er doch wissen muß, daß du mit Michael erst seit sechzehn Jahren verheiratet bist, muß er sich doch fragen, wie er dann zu seinen siebzehn Jahren kommt — nicht wahr?«
    »Gewiß«, Heliane nickte, »es ist auch noch gar nicht so lange her, daß er das entdeckte; aber aus irgendeinem merkwürdigen Grund, den ich mir nicht erklären kann, schien er darauf sogar stolz zu sein.«
    »Das wäre doch genau der richtige Zeitpunkt gewesen, es ihm zu sagen!«
    »Genau der richtige Zeitpunkt«, gab sie zu, »aber genau in der gleichen Sekunde, in der ich endlich zum Sprechen ansetzte, nahm er mich in die Arme, küßte mich ab, daß mir die Luft ausging — er ist übrigens inzwischen einen Kopf über mich hinausgewachsen und so stark wie ein junger Bär — , und sagte wörtlich: >Ach, Mutsch, ich finde es wunderbar, daß du den Mut gehabt hast, dich über alle diese blödsinnigen Konventionen hinwegzusetzen — und schließlich habt ihr ja geheiratet<.«
    »Lieber Gott!« murmelte Marcel. »Das ist ja noch schlimmer. Aber am schlimmsten, meine ich wenigstens, wäre es, wenn er es jetzt von jemand anderem erführe. Damit mußt du doch täglich rechnen, Heli. Die Geschichte seiner Adoption war schließlich kein Geheimnis. Im Gegenteil, soweit ich mich erinnere, wurde sie damals von den Zeitungen sogar ziemlich breit ausgewalzt...«
    »Ja, und deshalb habe ich mir fest vorgenommen, Manfred seine Geschichte in diesen Sommerferien zu erzählen. Ich erwarte die Jungen in acht Tagen.«
    »Sind sie noch immer in Hartenstein?«
    »Ja, es ist eine ausgezeichnete Schule.«
    »Ich weiß nicht«, murmelte er mit verzogenem Gesicht, »ich habe etwas gegen diese Landschulheime mit ihrer Erziehung à la carte und dem Genuß von Sondersüppchen. Da wird eine Sorte von Eigenbrötlern herangezogen...«
    »Unsinn, Marcel«, unterbrach sie ihn lebhaft, » die Jungen sind von Hartenstein begeistert. Sie werden dort ziemlich streng gehalten, aber von jungen Lehrern, zu denen sie in einem kameradschaftlichen Vertrauensverhältnis stehen und für die sie durch dick und dünn gehen. Daß man sie dort ihre Steckenpferdchen reiten läßt — was ist schon dabei?«
    »Was für ein Hobby hat denn eigentlich Thomas?«
    Heliane seufzte auf. »Er schlossert. Aus jeder leeren Konservendose möchte er einen Autozylinder machen. Das letztemal hat er aus seinem alten Tretroller ein Motorrad zusammengebastelt. Und auf der Probefahrt explodierte es! Es war fürchterlich, was wir für Ängste ausgestanden haben...«
    »Ich finde es fabelhaft!« Etienne grinste.
    Heliane erhob sich. »Du würdest es nicht fabelhaft finden, wenn du es erlebt hättest. — Aber jetzt will ich einmal sehen, was ich dir zum Essen vorsetzen kann. Ich glaube, wir haben ein Roastbeef und Kalbslenden im Eisschrank. Worauf hast du Appetit?«
    »Kein Umstände, Heli! Ich bin nicht herausgekommen, um zu essen, sondern um dich wiederzusehen. Aber wenn es durchaus sein muß, dann sag Babette, daß ich die Kalbslendchen vorziehe.«
    Sie nickte ihm zu, und er sah ihr zärtlich nach, bis sie im Hause
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