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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch
Autoren: Horst Biernath
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plötzlich...«
    »Verwechseln Sie es nicht mit dem Magen?« fragte der junge Leonhard respektlos.
    Clemente sah ihn aus seinen wimperlosen Augen mit einem kalten Blick an. »Halt das Maul, Leo!« sagte er grob, und sich an Pforten wendend: »Wissen Sie, Herr Pforten, ich meine, von diesem Asyl müßte uns der Stiebeling ganze Hände voll ins Drehbuch streuen. Finden Sie nicht auch?«
    »Das habe ich mir schon lange gedacht«, murmelte Pforten, der es nicht gern sah, wenn ihm Dinge, die eigentlich auf der Hand lagen, von anderen Leuten serviert wurden. Natürlich muß dieses Hundeasyl in den Film hinein! Mein Gott, was für eine Szene, wenn er mit seiner abgeleierten Drehorgel — er spielte in dem projektierten Streifen einen durch Unglück und Suff ausgebrannten Clown, der sich als Bettelmusikant durchs Leben schlug, bis er schließlich ein Comeback zu neuem Ruhm und Erfolg fand — hier vor dem Zwinger erschien, um seinen letzten und einzigen Freund, den Hund Poldi, zu suchen und zu finden. Wenn da im Parkett die Taschentücher nicht naß zum Auswringen wurden, dann gab es für den Film wahrhaftig keine Zukunft mehr! Dann mußte man zusehen, daß man bei dem verdammten Fernsehen wie so viele Kollegen, deren einstiger Ruhm erloschen war, bei halber Gage oder — der Himmel sei davor! — bei weniger als der Hälfte ein neues Sprungbrett fand, um sich sein Publikum zu erobern.
    Er winkte den beiden Herren, ihm zu folgen, und hielt vor dem Zwinger, in dem er den richtigen Hund für die Rolle entdeckt zu haben glaubte. Clemente und Leonhard standen eine Weile stumm und mit dem Ausdruck staunender und fast ehrfürchtiger Bewunderung vor so viel Krummbeinigkeit an dem Körper eines schwächlichen Schäferhundes mit einem Ringelschwanz, der wahrhaftig Anlaß zu den abenteuerlichsten Abstammungstheorien geben konnte. Der Kopf des Tieres, das keiner irgendwo auf der Welt existierenden Hunderasse zuzuschreiben war, trug zwei Ohren, von denen das eine wie bei einem Spaniel schlapp herabhing, während das andere infolge einer Rauferei oder eines verunglückten Coupierversuches tütenförmig und steif emporstand. Aber aus den Augen des Hundes strahlte das braune Licht sanfter Freundlichkeit und heiterer Weisheit. Er stand ein wenig im Hintergrund des engen Käfigs, beobachtete die Fremden aus leicht basedowschen Augen und begann den Ringelschwanz vorsichtig zu bewegen, wie einen Korkenzieher, den man an einen brüchigen Pfropfen setzt.
    Der Wärter war unbemerkt hinter die drei Herren getreten. »Na, haben Sie was Passendes gefunden?«
    Clemente deutete mit seinem dreifachen Kinn in die Richtung des Krummbeinigen. »Können Sie den da mal rausholen?«
    »Ein scheener Hund, wirklich ‘n scheenes Tierchen. Und billich. Kost’ sechs Mark. Hat hier nur eine Woche in Futter gestanden. Reiner Selbstkostenpreis, was ich Ihnen berechnen tue.«
    »Also lassen Sie ihn mal raus!« sagte Pforten ungeduldig.
    Leonhard machte ein Gesicht, als erwarte er, daß irgend etwas Sensationelles geschehen werde, als der Wärter ohne weiteres den Sperriegel aufschob und die Gittertür öffnete.
    »Bei jedem könn’ Se das nich machen«, erklärte er, griff in den Käfig und zog den Hund mit einem energischen Griff ins Nackenfell auf den Gang hinaus, »aber der war vom ersten Augenblick an vernünftig. Wetten möcht ich, daß der allerhand Kunststücke kann, apportieren und Pfote geben und so...«
    »Zahlen und raus!« knurrte Clemente.
    Pforten beugte sich nieder und legte dem Hund die Hand auf den Kopf. Der Hund sah ihn erwartungsvoll an.
    »Haben Sie ein Stück Bindfaden da?«
    »Kann ich Ihnen geben. Aber was wollen Sie mit ‘nem Bindfaden? Ich habe da nämlich noch ‘ne Leine und ‘n schönes jrünes Halsband von ‘nem verstorbenen Kollegen. Können Sie ganz billig kriejen!«
    Leonhard zog einen Zehnmarkschein aus der Tasche.
    »Stimmt’s so?« fragte er.
    »Geht in Ordnung«, der Wärter nickte, er ließ den Schein in der Schürzentasche verschwinden und ging, um Leine und Halsband zu holen. Es war ein kurzer Riemen, der genauso aussah, als sei er von einem streunenden Hund tagelang durch den Dreck geschleift worden. Dafür war das Halsband besser erhalten, grünes Leder mit aufgesetzten Nickelnägeln, nur schien es einem Zwerg gehört zu haben, denn es schnürte den Hals des Krummbeinigen noch im letzten Loch ein. Pforten nahm den Hund an die Leine, tippte an den Hutrand und verließ als erster die Baracke.
    »Was ist mit der Wurst?«
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