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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch
Autoren: Horst Biernath
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baumelte vom Gürtel herab, anscheinend hatte er damit gerade Futter geschnitten. Und jetzt, nachdem Pforten den Motor abgestellt hatte, hörten sie auch den Lärm, den dreißig oder vierzig von dem Hornsignal aufgestörte Hunde in der Baracke vollführten. Der Wärter, ein robuster Mann mit schwarzen Ledergamaschen um die stämmigen Waden, Gamaschen, wie sie einst der alte Hindenburg zur Marschalluniform getragen hatte, näherte sich indessen dem Gatter. Er hängte die Finger gemütlich in die Drahtmaschen, ohne das Tor zu öffnen.
    »Is Ihnen einer ausgekommen?« fragte er und wandte sich dabei an Herrn Clemente, dessen imponierende körperliche Ausmaße ihn wohl zu der Meinung verführten, nur der Dicke könne der Boß der kleinen Gruppe sein.
    »Nein, uns ist keiner ausgekommen. Wir suchen einen Hund.«
    Der Mann starrte die drei Herren einen Augenblick lang verblüfft an und ließ dabei ein sehr lückenhaftes Gebiß sehen.
    »Was Sie nich sagen! Sie suchen also einen... hm... Wollen Sie ‘nen Steuerrückständler oder ‘nen Streuner haben?«
    Pforten gab Clemente einen kleinen Stoß ins Kreuz, der Clemente veranlaßte, in die Tasche zu greifen und ein paar Münzen in der hohlen Hand klingeln zu lassen.
    »Nun machen Sie schon mal auf, lieber Mann, damit wir uns das Sortiment ansehen können, das Sie zu bieten haben.«
    Der Wärter hängte innen einen Sperrhaken aus und öffnete das Tor. »Wenn Sie auf ‘n Rassehund scharf sind, werden Sie Pech haben. Es sind lauter Fixköter, die wo ich im Momang auf Lager habe. Außer ‘ner Tschautschauhündin, bei der ‘s gerade brennt. Würde ich Ihnen aber nicht empfehlen. Nehmen Sie ‘nen Rüden, damit ist man auf jeden Fall besser bedient.«
    Das Kleingeld in Clementes Hand wechselte den Besitzer. Pforten und auch Leonhard beobachteten mit einem kleinen schadenfrohen Grinsen, wie der Dicke seine Fingerspitzen, die mit der Hand des Wärters in Berührung gekommen waren, in der Hosentasche am Tuch abrieb. Clemente war von einer krankhaften Sauberkeit, fremde Türen machte er prinzipiell nur mit dem Ellbogen auf, und er vermied es, wo es nur anging, jemanden mit einem Händedruck zu begrüßen.
    In der Baracke, in der zu beiden Seiten des Mittelgangs fünfzig oder sogar sechzig Zwinger mit engmaschigen Drahtgittern voneinander abgeteilt waren, übernahm Michael Pforten die Führung. Die gute Kleidung oder der angenehme Geruch der drei Besucher bewirkte, daß in den Zwingern eine gewisse Beruhigung eintrat. Es war, als wüßten die eingesperrten Tiere, daß für eines von ihnen die Befreiungsstunde schlug. Nur ein paar asoziale Elemente, die den Glauben an die Menschen restlos verloren hatten, fletschten die Zähne und knurrten drohend, als die drei Herren an den Käfigen vorbeigingen.
    Der Wärter hatte recht; wer hier nach einem Rassehund suchte, war am falschen Platz. Aber vielleicht am richtigen Ort, um Intelligenzen und natürliche Begabungen zu entdecken. Während der Wärter in der Küche verschwand, um seinem stinkenden Geschäft nachzugehen, schlenderten die drei Männer vor den Zwingern auf und ab und blieben zuweilen staunend stehen, wenn die Rassenmischung, die sie entdeckten, gar zu abenteuerlich war. Da gab es Spitzterrier und Bulldackel, Polarsetter und Wachteldoggen, Windspitze und Pudelboxer, Hunde aller Altersklassen und Größen, und alle aufmerksam und gespannt, was dieser Besuch wohl zu bedeuten habe, von dem nicht nur ein angenehmer Menschengeruch ausging, sondern auch der herrliche Duft einer Wurst, die mit einer Spur Knoblauch gewürzt war, für das stumpfe Riechorgan des Menschen kaum wahrnehmbar, aber streng und köstlich für die Nase eines hungrigen Hundes.
    »Na, und was nun?« fragte Clemente schließlich, als sie zum drittenmal umkehrten, um zum Ausgang zurückzugehen.
    »Ich bin für den halbhohen, schwarzgelben Schäferdackel im zweiten Käfig links«, sagte Pforten. »Er hat Augen wie ein Mensch und einen wunderbar geringelten buschigen Schwanz, an dem man einen ganzen Film aufhängen kann. Ist er Ihnen nicht aufgefallen?«
    »Mir is nischt aufjefallen, als daß es hier wie in einem Affenstall stinkt!« knurrte Clemente. »Und außerdem bricht mir das Herz.«
    »Soweit vorhanden«, murmelte Pforten.
    Aber Clemente hatte es gehört und schüttelte den Kopf. »Neenee, Herr Pforten, ich bin ja ‘n ziemlich abjebrühtes Kind und habe selber nicht dran jeglaubt, daß ich so’n Ding noch inner Brust habe — aber hier spür ich’s
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