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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman
Autoren: Michel Birbaek
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tiefen Schluck, löste ihr Haarband und schüttelte die roten Haare.
    »Um aufs Thema zurückzukommen …«
    Ich stieß das Fliegengitter auf und ließ ein paar Viecher in die Küche, bevor ich in den Garten hinaustrat. November folgte mir. Nicht mal er ertrug Mors Kuppelversuche. Noch bevor wir den Zaun um den Gemüsegarten erreichten, ging der Handstaubsauger in der Küche an. Ich hockte mich hin und besah mir die Sache. Der Zaun war hoch genug, aber was das Eingraben der Pfosten anging, da war ich nicht in Topform gewesen. Die Kaninchen hatten sich unter dem Maschendraht durchgegraben und sich dabei wahrscheinlich schiefgelacht.
    Während ich in der Sonne schwitzte, lag November im Schatten und sah neugierig zu, wie ich die Löcher für die Pfosten vertiefte, einen kleinen Graben aushob und den Maschendraht mit Querstreben versah. Das Küchenfenster öffnete sich, Mor steckte den Kopf heraus.
    »Wie sieht’s aus?«
    »Immer noch Single.«
    »Und der Zaun?«
    »Mach ich dicht.«
    Sie sah zu November hinüber.
    »Das ist doch ein Jagdhund, oder?«
    »Denke schon.«
    November sah uns unter seinen Schlabberohren an und schien zu grinsen.
    »Wieso jagt er keine Kaninchen?«
    Ich zuckte noch einmal die Schultern. Mor verpasste November einen Blick.
    »Böser Hund.«
    November legte seinen Kopf aufs Gras und schloss die Augen. Ich fand derweil noch ein Loch auf der anderen Seite. Die Kaninchen hatten es sich nicht nehmen lassen, sich an zwei Stellen durchzubuddeln. Ich versprach Mor, den Gemüsegarten in Fort Knox zu verwandeln, und schließlich zog sie sich zurück, um ihre Lieblingsvorabendserie zu sehen. Als sich das Fenster schloss, öffnete November ein Auge.
    »Ja, sie ist weg. Aber die Frage ist berechtigt.«
    Er schloss das Auge wieder. Ich grub weiter und dachte an die Neue. Vielleicht war sie meine letzte Chance, eine Frau zu küssen, mit der ich nicht aufgewachsen war. Vielleicht hatte das Schicksal sie hergeschickt und uns füreinander bestimmt. Wahrscheinlich dachte jeder Junggeselle im Landkreis in diesem Moment dasselbe.
    Im Haus begann eine Frau zu weinen. Ich ging in die Küche, trank einen Schluck Wasser, schnappte mir die Weinflasche und ging ins Wohnzimmer. Mors linkes Bein lag ausgestreckt auf einem Fußschemel. Ich schenkte ihr das Glas voll. Auch nach all den Jahren suchten meine Augen automatisch den Schemel nach dem zweiten Bein ab. Ohnmacht der Gewohnheit.
    »Danke«, sagte sie, als ich ihr Glas füllte und es auf den Tisch neben ihrem Fernsehsessel stellte.
    Ich deutete auf den Bildschirm, auf dem eine Frau verzweifelt weinte.
    »Ist die verheiratet?«
    »Dir wird das Lachen noch vergehen.«
    »No woman, no cry …« , begann ich und marschierte singend in die Küche.
    Hinter mir hörte ich Mor lachen. Ich stellte die Flasche in den Kühlschrank und ging wieder in den Garten. November hob den Kopf und überprüfte meine Hände auf Essbares. »Kaninchen«, erklärte ich ihm. »Das sind so Tiere. Bei anderen Hunden auf der Speisekarte.«
    Er hörte mir aufmerksam zu, aber ich machte mir keine Illusionen. Aus irgendeinem Grund hatte er beschlossen, Kaninchen aus seiner Nahrungskette zu streichen. Für einen Augenblick verdächtigte ich ihn, die Löcher selbst gegraben zu haben, damit seine besten Freunde an den Salat konnten, aber ich hoffte, er kannte die Grenzen.

    Als die Erde festgeklopft war, richtete ich mich auf und stützte mich auf den Spaten. Aus dem Haus drangen hysterische Streitdialoge. Die Sonne hing mittlerweile zwei Handbreit über der Erde, bald würde es dunkel, doch immer noch war kaum Abkühlung spürbar. Ende September, und man konnte sich täglich einen Sonnenbrand holen.
    Ich schnipste mit den Fingern. November öffnete ein Auge. »Tja, was meinst du? Laufen wir ’ne Runde? Hast du Lust? Vielleicht treffen wir unterwegs ein paar Kaninchen, mit denen du kuscheln kannst.«
    Als ich die Küchentür öffnete, strich er an mir vorbei. Ich nahm die Weinflasche mit ins Wohnzimmer. Sich ein Glas Wein aus der Küche holen. Eines der Dinge, um die man sich keine Gedanken machte, wenn man zwei Beine hatte. »Wir drehen eine Runde«, sagte ich und füllte Mors Glas.
    »Und der Zaun?«, fragte sie, ohne ihre Augen von dem Drama auf der Mattscheibe abzuwenden.
    »Ist erst mal dicht. Ich mache den Rest, sobald die Selbstschussanlage eintrifft.«
    »Gut«, sagte sie und warf einen Blick auf ihr Glas.
    »Soll ich die Flasche stehen lassen?«
    Ihr Blick verschleierte
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