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Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt!

Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt!

Titel: Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt!
Autoren: V Ironside
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großer Mühe, wäre fast kollabiert), und dabei gab es niemanden mehr in der Kirche, der nicht weinte. Sogar Hardy saß traurig neben dem Sarg und jaulte gelegentlich.
    Der einzige Störfaktor war die Pfarrerin. Bin ich die einzige Frau unter der Sonne, die weibliche Geistliche etwas gruselig findet? Sie sehen immer wie die schrecklich altenTanten aus, denen man als Kind Küsschen geben musste. Sie haben nie eine anständige Frisur und tragen auch keinen Lippenstift, weil sie meinen, so pur und schlicht würden sie frommer wirken. Männliche Geistliche sind immer von einer geheimnisvollenAura umgeben, vor allem in diesen langen wehenden Gewändern, die für eine Frau ja nichts Ungewöhnliches sind. Männer wirken ohnehin immer geheimnisvoller, weil sie so seltsam und so ganz anders als sind als wir.Aber Frauen– ich kann eine Frau einfach nicht als heilig betrachten, weil sie mir zu vertraut ist, eine Frau, die ihreTage bekommt und Kinder geboren hat und Plätzchen backt. Diese Heiligen von früher, oder wie man die nannte, hatten zumindest keine Kinder, waren Jungfrauen und fuhren nicht mitAutos durch die Gegend. Ziemlich sonderbare weiblicheWesen. Nun habe ich natürlich sowieso keineAhnung von Heiligkeit. Ich erinnere mich jedenfalls, dassArchie– der auch etwas gegen weibliche Geistliche hatte– meinte, wir würden uns in ihrer Nähe unwohlfühlen, weil sie uns an heidnische Zeiten und damit an Hexen erinnerten.
    Da mag was dran sein.
    Danach gab es in der Kälte vor der Kirche dieses übliche Herumdrucksen, bei dem alle mit gesenktem Kopf dastehen und kondolieren. Dann fuhr man zu Sylvie, und nach einem Drink wurde die Stimmung etwas gelöster.
    14. Dezember
    Sylvie machte beim Frühstück einen sehr erschöpften Eindruck, muss ich sagen. Sie sagte, es fühle sich so seltsam an,Vollwaise zu sein und jetzt selbst demTod gegenüber in vorderster Reihe zu stehen. Und sie meinte, sie könneArchie immer noch riechen und hören, und ob ich das nicht eigenartig fände. Für mich war das ein merkwürdiges Erlebnis, denn es hörte sich so an, als hätte sie diese Gefühle als Erste entdeckt– obwohl ich all das beimTod meiner Eltern genauso empfunden hatte. Manchmal lese ich im » Hetzkurier « diese persönlichen Berichte von Promis, die wirklich ergreifend über denTod ihrer Eltern schreiben, und ich finde es jedes Mal rührend, wenn sie offenbar glauben, das alles als erster Mensch unter der Sonne zu empfinden, während diese Gefühle so alt sind wie die Menschheit selbst.
    Nachdem wir unsere Rühreier verspeist hatten, ergriff Sylvie plötzlich meine Hand. » Marie! Mir ist gerade etwas eingefallen. DasTestament. Daddy hat alles mir vermacht, aber noch eineWunschliste hinterlassen. Er wollte natürlich Mrs Evans etwas zukommen lassen und auch dir. Er schlug eine bestimmte Geldsumme und vielleicht ein Erinnerungsstück vor. Ich weiß, das ist ziemlich peinlich, aber er hatte an zehntausend Pfund gedacht.Wie hört sich das für dich an? Ich weiß, dass er das gerne gewollt hätte.Wenn man sich das gesamteAnwesen anschaut, ist das natürlich keine riesige Summe, aber ein großerTeil geht für Erbschaftssteuern drauf… und… und wenn du irgendetwas aus dem Haus möchtest, weißt du, irgendeine Kleinigkeit, alsAndenken… «
    Ich war völlig verblüfft.Trotz meiner schäbigen Gedanken hatte ich keineAhnung gehabt, dassArchie mir tatsächlich etwas hinterlassen wollte! Ich stammelte, das sei absolut großartig, und bedankte mich überschwänglich. Und sagte, ich würde auf dem Rückweg mal bei Mrs Evans im Haus vorbeischauen– sie machte dort Ordnung, bevor die Makler dasAnwesen begutachten würden.
    Wie lieb vonArchie, mich zu bedenken! Ich war erfüllt vonWärme und Liebe, als ich losfuhr, was denVerlust umso schmerzlicher machte.
    Ich fürchtete mich davor, in das Haus zurückzukehren. Doch da war die treue Mrs Evans– und ich merkte, dass sie zwar traurig, aber zugleich auch erleichtert war, weil man nun alles geregelt hatte und sie künftig bei Sylvie arbeiten würde.
    » Mrs Sylvie war so nett zu mir « , sagte sie. » Beide sind großartige Menschen. Und das Begräbnis– war es nicht wunderbar? Und das Gedicht– war es nicht furchtbar traurig?Ach, Sie kennen es natürlich, Sie haben es ja selbst vorgelesen, wie dumm von mir, Miss Marie.Aber ich werde dieses Haus vermissen. Mrs Sylvie hat mir gesagt, dass Sie sich was aussuchen sollen, also lasse ich Sie jetzt in Ruhe, und danach wartet eine schöneTasse
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