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Neben Der Spur

Neben Der Spur

Titel: Neben Der Spur
Autoren: Ella Theiss
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›auch‹?«
    »Eh, ich dachte gerade an deinen Onkel Hermann. Wie geht’s ihm denn?«
    »Er ist immer wieder aufgewacht, hat fantasiert.«
    »Ein paar Tage, dann hat er alles vergessen. Wirst sehen!« Rolf setzt sich wieder, löscht das Spiel vom Bildschirm. »Muss gerade mal was zwischenspeichern«, sagt er mit Unschuldsmiene. Die Fensterscheibe reflektiert nun eine jungfräuliche Access-Datei.
    »Vergessen? Ja, falls ihn die Kripo verschont. Und die Presse!« Gudrun tritt ans Fenster, um die leeren Formulare nicht mehr sehen zu müssen. Draußen agiert Frau Fried wie eine Vorturnerin, führt eine Art Hampelmann mit wehendem Haar und großer Emphase aus. Ein Teil der Mitarbeiter imitiert die Bewegung nicht hinlänglich schwungvoll, Frau Fried geht umher, korrigiert …
    Gudrun stellt endlich die Frage, derentwegen sie gekommen ist. Auch wenn sie sich die Antwort denken kann: »Hat sich Valentin bei dir gemeldet?«
    »Nein, warum auch? Ist doch gerade erst abgereist.«
    »Ich hab ihm gestern eine SMS geschickt, dass er anrufen soll.«
    »Tja, wenn er sein Handy nie einschaltet. Von wegen der bösen Strahlung!« Rolf grinst und imitiert ein Gruselmonster mit Greifarmen. »Und falls er’s doch täte, würde er ja dir antworten, nicht mir.«
    »Er geht mir aus dem Weg, wo er kann. – Du bist dir sicher, dass er in Spanien ist?«
    »Gudrun! Liebes! Ich hab ihn eigenhändig zum Bahnhof chauffiert. Wieso zweifelst du?« Er zwinkert schelmisch: »Kommen da etwa verspätet mütterliche Gefühle auf?«
    »Manche Mitarbeiter verdächtigen ihn. Auch der Kommissar hat gefragt. Wenn Valentin sich nur ein einziges Mal aus Spanien melden würde … Versteh doch, ich möchte, dass dieser Verdacht sich zerstreut.«
    »Hmm!« Rolf wird plötzlich ernst, zieht die Stirn in Falten.
    »Gib’s zu, Rolf, dir ist selbst schon die Idee gekommen, dass er dahintersteckt.«
    Statt einer Antwort springt Rolf aus seinem Sessel auf, nimmt Gudrun in den Arm. »Schau, mein Schatz, Valentin ist nun mal ein Nestflüchter, immer gewesen. Meldet sich nur, wenn er Geld braucht. Das kann diesmal dauern, oder?«
    Gudrun müht sich, einen Seufzer zu unterdrücken. Es tut gut, umarmt zu werden, doch Frauen in Gudruns Alter sollten keine libidinöse Schwäche zeigen, das wirkt lächerlich! Sie wehrt Rolfs Geste ab. »Valentin hat für sechstausend Euro Travellerschecks mit.«
    »Na siehst du! Und Nordspanien, das ist die Pampa. Obendrein hat er keine Ahnung, was hier los ist. Warum sollte er telefonieren wollen?«
    »Sicher hast du recht. Gedulden wir uns einfach!«
    Gudrun befreit sich aus Rolfs Umarmung, betrachtet den ebenso hohen wie akkurat ausgerichteten Papierstapel auf seinem Schreibtisch.
    Er räuspert sich. »Komm, lass uns überlegen, wie wir mit der Presse umgehen. Die klingeln schon wieder an. Spätestens um neun muss ich den Anrufbeantworter ausschalten und dann …«
    »Lass einfach de Beer ran. Keiner sonst kann so gut abwimmeln.«
    »Ja, abwimmeln kann er, unser Dicker. Oder vielmehr abschrecken. Zu konstruktiven Kontakten bringt er’s nicht.«
    ›Unser Dicker? Er bringt’s nicht?‹ Gudrun wittert einen Hauch von Eifersucht, muss schmunzeln. Hans-Bernward de Beer, der seit Valentins Kindertagen den Spitznamen Onkel Bär gelassen erträgt, ist Gudruns Cousin dritten Grades und macht ihr den Hof, seit sie denken kann. Still, aber beharrlich. Daran hat noch nicht einmal seine mehrjährige – und vielleicht sogar deshalb gescheiterte – Ehe mit einem ehemaligen Funkenmariechen etwas ändern können.
    »Glaubst du denn, du wärst darin besser?«
    Rolf scheint den Spott in Gudruns Stimme überhören zu wollen. »Ich denke, wir brauchen auf Dauer einen zusätzlichen Mitarbeiter, einen PR-Mann. Er soll unsere Website inhaltlich aufpolieren, die Prospekte aktualisieren, die Pressearbeit erledigen. Und uns seine Kollegen vom Tagblatt und vom Anzeiger gewogen machen.«
    »Damit würden wir meinen armen Cousin aber vor den Kopf stoßen«, sagt Gudrun. Lacht und zuckt im selben Moment zusammen. Hat sie eben ›armer Cousin‹ gesagt? Ist das nicht genauso herablassend wie ›unser Dicker‹? Gudrun beißt sich auf die Lippen, aber der Satz ist draußen.
    Rolf reibt sein Kinn. »Unter den aktuellen Umständen erdreiste ich mich sogar zu behaupten, dass es eilt. Wir wissen ja nicht, was die Ermittler für unbequeme Kleinigkeiten zutage fördern. Und wenigstens ein bis zwei gute Pressekontakte würden uns schon besser aussehen lassen. Ich schlage
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