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Neben Der Spur

Neben Der Spur

Titel: Neben Der Spur
Autoren: Ella Theiss
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und »Zwei Mal!« geordert. Doch der Kellner hat die Geheimniskrämerei dahinter nicht begriffen und beim Servieren deutlich »Zwei Mal Rehbraten« gesagt. Damit war es heraus. Als Valentin vor Entsetzen anfing zu weinen, hat der Vater der Mutter zugezwinkert und behauptet, das Reh sei ganz von allein gestorben. Deshalb dürfe man es ausnahmsweise essen. Valentin wollte partout nicht kosten, weil ihm das Reh so leid tat. Da hat ihm der Vater ein Stück Fleisch mit Soße in den Mund gezwungen, sodass Valentin keuchte und den Bissen wieder hinauswürgte. Zur Strafe musste er ohne Essen ins Bett. Obwohl er sich sein Lieblingsgericht, Spaghetti mit Tomatensoße, bestellt hatte.
    Tags darauf hat Valentin das große Puzzle geschenkt bekommen. Mit tausend Teilen glücklicher Rehe, Hirsche und Hasen, die im Wald tollen. Und er, blöde wie er war, hat Stunde um Stunde damit zugebracht. Hat sich das fertige Puzzle verkleben lassen und an die Wand gehängt, um den Eltern zu zeigen, dass er ihnen verziehen hatte.
    Verarscht haben ihn die Eltern von da an umso mehr. Haben Hummer, Shrimps und Muscheln gegessen. Haben den sich gruselnden Valentin ausgelacht und behauptet, es seien nur »Meeresfrüchte«. Natürlich gab es diese Sachen nie zu Hause. Da haben die Eltern niemals Fleisch oder Fisch gegessen, nur im Urlaub und auf Reisen. Damit es den Leuten im Ort nicht auffiel.
    Wer vegetarische Kost verkaufen will, muss selbst Vorbild sein, soll Hermann immer gepredigt haben. Das findet Valentin auch. Jetzt sind die Eltern schon lange tot. Tot wie die vielen unschuldigen Tiere, die sie sich einverleibt haben. Bei einem Finnlandaufenthalt, während dessen sie Valentin, wie so oft, bei Hermann zurückgelassen haben, vermutlich um ungestört Lachs und Rentierfleisch zu vertilgen, da sind sie unterwegs mit dem Auto in einen Elch gerast. So hat man es Valentin erzählt. Er hat seine Eltern nicht vermisst. Hat sich sogar ein bisschen gefreut, dass der Elch überlebt hat.
    Von da an hat sich Hermann um ihn gekümmert. Hermann, der selbst nicht konsequent ist, der Lederschuhe trägt und auf Federbetten besteht. Und der völlig damit einverstanden ist, dass die Firma sich in die Hühnerfarm eingekauft hat.
    Biohühner seien glückliche Hühner, könnten wie die Exemplare von der Witwe Bolte lebensfroh im Sande scharren, solange kein solches Duo wie Max und Moritz dazwischen-gehe, hat Hermann Valentin beschwichtigen wollen. Nein, Hermann wollte ihn nicht verarschen, wie die Eltern es immer getan haben. Hermann ist eben senil, hält Valentin immer noch für das Kind, das er einmal war. Dass Max und Moritz durch eine einzige Person der Familie verkörpert seien, und zwar eine, die Gudrun Hepp heißt, hat Valentin geantwortet. Aber das wollte dem alten Mann nicht in den Kopf. Valentin weiß es aber. Schon lange weiß er’s. Rolf hat es ihm gesteckt. Rolf, der schulterzuckend alle Gemeinheiten decken muss, weil sie ihn sonst rauswerfen würde.
    Den geplanten Anschlag hat Rolf geahnt, hat im wahrsten Sinne Lunte gerochen, Valentin aber nix übel genommen. Hat ihn übers Handy verständigt, dass er von der Polizei gesucht werde und ihn hierhergebracht. Ein paar Tage soll er in seinem Versteck abwarten, bis Rolf ihm helfen kann, nach Spanien zu kommen, wo Valentin ja angeblich schon ist. Nur bis Marseille, dann kann er mit der Bahn weiterfahren. Selbst wenn die Polizei ihn in Frankreich aufgreift, ist er aus dem Schneider. Hat fast so was wie ein Alibi. Valentin kann von Glück reden, dass Rolf so ein gutmütiger Mensch ist! Ein Feigling, ein angepasstes Arschloch, das ja, doch seit Hermann unaufhaltsam verblödet, Valentins einziger Freund.
    Das Handy muckert, meldet eine SMS von Rolf:
     
    Falls du dein Mobilgerät an hast, schalte es sofort aus! Die Polizei verdächtigt dich dringend, hat sich soeben deine Nummer geben lassen und ortet wohl danach. Halte durch! Ich kann dich übermorgen nach Spanien bringen!
     
    Ach, und eine SMS von Gudrun gibt es auch. Eine alte, von gestern:
     
    Valentin, bitte melde dich! Du solltest Hermann wenigstens telefonisch zum Geburtstag gratulieren. Er fragt nach dir. Gudrun
     
    Ist das zu fassen? Kein Wort über den Anschlag. Sie muss doch wissen, dass man ihn in Verdacht hat. Er soll zu Hause anrufen? Hermann gratulieren? Natürlich nur, damit die Polizei ihn schnell findet. Diese Schlange! Diese hinterhältige Schlange!
    Nimm eine Auszeit, hat der Löffler gesagt. Drei Wochen, hat er gemeint. Na toll! Für eine
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