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Neben Der Spur

Neben Der Spur

Titel: Neben Der Spur
Autoren: Ella Theiss
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Darauf erlitt Hermann einen Anfall, seinen schwersten bisher.
    Bald kam, von der Nachbarschaft gerufen, die Polizei, die mich verhörte. Sollte ich zulassen, dass Hermann wegen Begünstigung von Juden von der Gestapo mitgenommen wurde? Oder sollte ich ihn als ›schizophren‹ in die Anstalt in Alzey einliefern lassen? Ich habe mich für Letzteres entschieden.
     
    Zwei Seiten weiter notiert Luise Hepp lapidar:
     
    Die Anzeige gegen Helmut wegen versuchter Fahnenflucht wurde heute fallen gelassen. Er soll vielmehr eine Ehrennadel bekommen wegen Aufspürens und Festsetzens flüchtiger Juden sowie zum Leutnant befördert werden. Den feigen Übergriff des Juden Wolfgang Blum auf den kranken Vater Heinrich habe Helmut, wie es nun heißt, zu Recht durch sofortiges Erschießen geahndet.
     
    Karo ringt mit den Tränen. »Furchtbare Zeit!«
    Die Chefin schnäuzt sich. »Wissen Sie, er hat mir in den letzten Jahren mehrmals bekannt, dass er der vermisste Helmut Hepp sei. Ich habe ihm nicht geglaubt, dachte, diese angebliche Schizophrenie mache sich wieder bemerkbar. Zumal er tatsächlich oft verwirrt war. – Manchmal hielt er mich für meine Großmutter.«
    »Und mich für Rosa Blum.«
    Gudrun Hepps Helmfrisur zittert, sie schaut Karo in die Augen. »Sie haben alles gewusst und für sich behalten?«
    Karo senkt den Blick, zerknüllt ihr Tempotaschentuch. »Na ja, journalistisch gesehen ist das kein Brüller.«
    »Ein – ehemm – Brüller sind wohl eher die Machenschaften unseres Geschäftsführers?«
    »Ja, aber darüber schreibt mein Exkollege.«
    »Er berichtet sehr fair. Und schreibt nett über Sie. Haben Sie den Artikel gelesen? Er schwärmt geradezu von Ihrer mutigen und unkonventionellen Recherche und erklärt, dass die Polizei es Ihrem klugen Hinweis zu verdanken hat, auch die vier Leichen im benachbarten Gemüsegarten so rasch gefunden zu haben.«
    »Ach ja?«
    »Ein sympathischer Mensch übrigens, Ihr früherer Kollege.«
    Karo zuckt die Achseln. »Kann sein.«
    Gudrun Hepp erhebt sich, lächelt. »Wir zwei sollten uns den Rest des Tages freinehmen, was meinen Sie? – Ich lasse Sie heimbringen, wenn Sie möchten.«
     
    Die Sonne schimmert durch die Haufenwolken, ein Hauch von Wind kommt auf. Karo geht lieber zu Fuß nach Hause. Unterwegs schaltet sie ihr Handy ein.
    Sie haben drei neue Nachrichten , meldet das Display. Karo sieht nach. Ein Privatsender lädt sie als Studiogast ein – allerdings zu einer Kochsendung. Eine Zeitschrift namens Schlemmer fragt nach einem Beitrag zur Geschichte der Suppenküche, von der Antike bis heute. Die dritte SMS kommt von Lokalchef Löffler: Karo, bitte melden. Ab Oktober Redakteursstelle frei. Ressort Soziales. Festanstellung. Wäre doch was für Sie, oder? LG
    Karo fasst es nicht. Macht einen Luftsprung, kollidiert mit einem Poller, ignoriert den aufgeschürften Ellbogen und tippt die Antwort ein: Aber klar!

Nachbemerkung
 
    Bestimmt haben Sie es sich schon gedacht: Die Personen dieses Romans sind frei erfunden. Ebenso die Biosuppenfirma Hepp und das Mainzer Tagblatt. Die Mainzer Allgemeine Zeitung bitte ich um Nachsicht, ihr eine so wenig konventionell arbeitende ›Konkurrenz‹ angedichtet zu haben.
    Das dubiose Institut namens SIfOC in Tschechien ist natürlich auch reine Fantasie. An angedachter Stelle befindet sich in Wahrheit eine Spielhölle. – Ob solche Diättests mit geistig Behinderten möglich sind? Die befragten Fachleute waren mit mir einer Meinung: Völlig ausgeschlossen wären sie nicht einmal in Europa, trotz der Deklaration von Helsinki, die doch jede Form von Menschenversuchen ethisch geregelt hat.
    Und was ist mit Hermann Hepps ›ehrlicher‹ vegetarischer Würze? Tja, auch die habe ich mir ausgedacht. Aber es hätte sie durchaus damals schon geben können. Denn dass man aus purem Gemüse und ohne jede Form von Geschmacksverstärkern, sogenannten Extrakten und Aromastoffen, ein fantastisches Würzmittel für Suppen, Soßen, Aufläufe, Pfannengerichte etc. herstellen kann, lässt sich inzwischen sogar in der häuslichen Küche erproben. Sie finden einige Rezepte für selbst gemachte Würzen im Internet. Hier ist meines:
     
    200 g Lauch, 200 g Sellerieknolle, 100 g Möhren, 100 g Pastinaken, 100 g Weißkohl, 100 g Paprika, 100 g Frühlingszwiebeln oder Schalotten, 100 g Zwiebeln und 50 g Petersilienwurzel
     
    putzen und grob zerkleinern, sodass circa daumendicke Scheiben beziehungsweise Würfel entstehen. Das Gemüse portionsweise in einer
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