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Neben Der Spur

Neben Der Spur

Titel: Neben Der Spur
Autoren: Ella Theiss
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erstarrt. Und eine Stimme, die sie noch nie gehört hat, zischt in ihr Ohr. »Sorry, Häschen! Ich hätte dir das gern erspart, aber neugierige Journalistinnen gehen mir nun mal auf die Nerven.«
    Karo stockt der Atem. Der Schrei, der eben herauswollte, steckt in ihrer Kehle fest.
    »Tja, schade um dich, Häschen. Bist so ein nettes und kluges Mädchen. Hättest halt hübsch bei dem Thema bleiben sollen, das ich für dich aufbereitet hab: Der gute alte Hermann Hepp und seine gescheiterte Rettung einer Judenfamilie und der böse Bruder, der ihn verraten hat und nach dem Krieg so mir nichts, dir nichts in seine Haut geschlüpft ist. – Was für ein schönes Thema! Und was hab ich nicht alles rangeschafft und dir auf den Präsentierteller gelegt: die Fotos, die Haushaltsbücher von Großmama Hepp … Sogar einen versoffenen alten Penner hab ich bestochen, damit er ein paar Andeutungen macht. Ein Beitrag in der Wochenendbeilage vom Tagblatt wäre dir sicher gewesen. Aber nein, Miss Undercover musste sich in Dinge reinhängen, die sie nichts angehen.«
    Karo schüttelt es, als habe sie eine ungeerdete Leitung angefasst, als Rick beginnt, sie nachzuäffen: »Das Diätprojekt, ach, das finde ich totaaal interessant«, zwitschert er. » Dabei bist du schon so mager, dass man kaum hinlangen mag. Brrrr.«
    Karos Atem kommt wieder in Gang. Ihre Synapsen schließen sich kurz, um zu verstehen, was bis jetzt undenkbar schien: Rick ist ein Schwein. Und ein Verbrecher. Sie beißt ihm in den Handrücken, boxt ihm in die Rippen, reißt sich los und rammt ihm das Knie zwischen die Beine. Dann rennt sie den plötzlich hell erleuchteten Flur entlang.
    Daneben getroffen. Rick lacht laut auf. »Keine Chance, Häschen! Es gibt nur zwei Ausgänge und überall sind unsere Leute. Selbst das verwaiste Restaurant gehört uns. Tja, wo möchtest du gerne sterben? Kannst wählen.«
    »Warum so zynisch, Rick?« Rolf Westenbergers Stimme hallt aus dem Treppenhaus. »Ich dachte, du hättest inzwischen gelernt, mit Frauen umzugehen.«
    Karo hat keine Chance. Schon steht Westenberger vor ihr, greift nach ihren Handgelenken, presst sie zusammen … Es ziept … Sie ist mit einem Kabelbinder gefesselt. Der Rest scheint für die Männer Routine. Sie zwingen Karo in die Hocke, binden ihr die Fußgelenke mit einem zweiten Kabelbinder zusammen.
    Karo holt tief Luft, schreit, so laut sie kann, um Hilfe.
    »Halt’s Maul«, sagt Rick, holt aus wie zu einer Ohrfeige.
    »Lass dass«, schimpft Westenberger, »es hört sie sowieso niemand!«
    »Aber da ist was total schiefgelaufen. De Beer ist weg. Und mit ihm Vali Hepp!«
    Karo horcht auf. De Beer! Dass er unterdessen irgendwo draußen ist … Eine leise Hoffnung regt sich, die mit Westenbergers Blick zu ihr herab sofort wieder zerrinnt.
    Er grinst und streicht sich mit der Hand über die Gelfrisur. »Tja, Pech für dich, Mädchen! Wir konnten deinen Vorgesetzten einfangen.«
    »Mit Vali hat’s allerdings eine Panne gegeben«, redet er, Rick zugewandt, weiter. »Die Sanitäter haben drauf bestanden, ihn ins Krankenhaus zu bringen. Ich habe unseren Institutsarzt Dr. Sladek für die Nachsorge empfohlen. Der wird schon weiter dichthalten, wenn wir zusätzlich was springen lassen.«
    »Aber in Mainz wird man das Kind spätestens morgen Abend vermissen, die Rosenkranz irgendwann auch. Wir sollten unsere Zelte erst mal abbrechen und die Spuren beseitigen. Solange behalten wir beide als Geiseln.«
    »Denke ich auch. Muss aber bald los, zu dem dämlichen Konzert. Kommst du zwei Tage alleine klar?«
    »Kannst fahren, Papa. Ich schaff die Rosenkranz in den Kühlraum und schlaf ’ne Runde. Dann gehe ich nach unserem Plan B vor.«
    Papa? Ja, er hat Papa gesagt. Karo wundert nichts mehr.
     
    Auch Hans-Bernward de Beer hat das Rätselraten aufgegeben. Er bereitet sich lieber innerlich auf sein nahes Ende vor und überlegt, wie er Gudrun eine letzte Liebeserklärung zukommen lassen könnte. Es scheint aussichtslos. Die beiden Pfleger haben ihn in ein modernes Büro mit blitzblanken Resopalmöbeln, Computer und Telefon gebracht, mit einer Art Koffergürtel quer über Brust und Arme an einem Plastikstuhl festgeschnallt und lassen sich nun von der resoluten Blondine hin und her scheuchen wie dressierte Bulldoggen. »Jo, tak jo«, brummt der eine fortwährend, der andere zieht es vor, stumm zu nicken. Hans-Bernward schätzt ihren jeweiligen IQ auf maximal sechzig.
    Plötzlich schleifen sie – offenbar auf Befehl ihrer
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